Die Erfahrungen von Regina Schröder stehen stellvertretend für viele pflegende Angehörige: „In unserer Verwandtschaft gibt es eine ältere Frau, die schwer an Parkinson erkrankt ist. Sie wird hauptsächlich von ihrer Schwiegertochter gepflegt. Weil diese dringend kurzfristig eine Auszeit benötigte, haben wir nach einem Platz in einer Kurzzeitpflege-Einrichtung gesucht. Das Ergebnis: Alles belegt, nichts zu machen, hieß es überall“, berichtet sie. Weder in Bremen noch im niedersächsischen Umland habe es einen freien Platz gegeben. „Die Auszeit war schließlich nur möglich, weil eine andere Verwandte von weiter entfernt angereist ist, um die Pflege für einige Tage zu übernehmen“, sagt die Bremerin.
Bundesweit und auch in Bremen herrscht akuter Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen. Wie der WESER-KURIER berichtete, haben die Träger entsprechender Einrichtungen laut Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) seit 2015 knapp 25 Prozent der Plätze abgebaut. Aktuell gebe es im Land in 13 Einrichtungen noch 202 Kurzzeitpflegeplätze. Zu wenig bei steigendem Bedarf. Besonders für Menschen mit einem hohen Pflegegrad sei es oftmals schwierig, einen Platz zu finden, sagte Stahmann.
Entlastung für Angehörige
Knapp 30.000 Menschen im kleinsten Bundesland sind nach Zahlen der Behörde pflegebedürftig, gut die Hälfte von ihnen wird zu Hause von Angehörigen gepflegt. Die Kurzzeitpflege soll sie entlasten, wenn sie eine Auszeit benötigen, wenn sie selbst krank werden oder wenn es zu einer akuten Krisensituation in der häuslichen Pflege kommt. Und als Überbrückung, um nach einem Krankenhausaufenthalt den erforderlichen Pflegebedarf sicher zu stellen oder die häusliche Pflegesituation zu organisieren. Die Kurzzeitpflege ist daher auch Instrument, damit Pflegebedürftige solange wie möglich zu Hause bleiben können.
In anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen wird es in Modellvorhaben Krankenhäusern ermöglicht, Plätze zur Kurzzeitpflege zu schaffen. Diesem Vorbild will nun auch Bremen folgen: „An den Standorten Klinikum Bremen-Mitte und Klinikum Bremen-Nord prüft der Klinikverbund Gesundheit Nord die Einrichtung von Kurzzeitpflegeplätzen. Dabei geht es um insgesamt mindestens 40 Pflegeplätze“, bestätigt Lukas Fuhrmann, Sprecher von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) dem WESER-KURIER. Aktuell gebe es Gespräche mit Kostenträgern und Anbietern von Kurzzeitpflegeeinrichtungen. Zusätzlich werde am Klinikum Bremen-Ost in Zusammenarbeit mit einem privaten Anbieter eine spezielle Pflegeeinrichtung vorwiegend für beatmete Patienten eingerichtet.
Angesichts des bundesweiten Mangels an Plätzen plane das Bundesgesundheitsministerium eine Gesetzesänderung, damit künftig alle Krankenhäuser Kurzzeitpflege unter bestimmten Voraussetzungen anbieten könnten. Fuhrmann: „Dieses Verfahren wird von uns aktiv begleitet.“ Eine bundesgesetzliche Regelung ist vor allem deshalb notwendig, um die Finanzierung von Kurzzeitpflegeplätzen an Kliniken grundsätzlich sicherzustellen.
Der akute Notstand in der Kurzzeitpflege beschäftigte Ende Januar bereits die Bürgerschaft: In der Fragestunde wollte die CDU-Fraktion wissen, was der Senat konkret für mehr Plätze in der Kurzzeitpflege unternimmt. Jan Fries, Staatsrat in der Sozialbehörde, verwies unter anderem darauf, dass die Träger selbst entschieden – auch unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität –, ob sie Kurzzeitpflege anbieten wollten. „Durch Beschluss des Landespflegeausschusses ist ein Beirat eingesetzt, der auf Grundlage der Studie konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgung mit Kurzzeitpflegeplätzen formulieren wird“, betonte der Staatsrat.
CDU verweist auf Modelle aus anderen Bundesländern
Der sozialpolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion, Sigrid Grönert, reichte der Verweis auf künftige Empfehlungen des Beirats nicht aus. „Wäre es möglich, die Gesundheit Nord – auch ohne Änderungen auf Bundesebene – strukturell so aufzustellen, dass dort Kurzzeitpflegeplätze angeboten werden?“, fragte die Abgeordnete und verwies auf die Beispiele und Modellvorhaben aus anderen Bundesländern.
Was die Geno und deren Möglichkeiten betreffe, sei die Gesundheitssenatorin zuständig, betonte Fries. Bernhard kündigte daraufhin in der Fragestunde an: „Selbstverständlich geht das auch unter den aktuellen bundesgesetzlichen Maßgaben, das ist nicht ausgeschlossen. Aber: Es kostet natürlich. Wir werden darüber nachdenken, wie das geht. Langfristig halte ich das für eine Investition, die sich massiv rentiert und die wir dringend anbieten müssen.“