Wundbehandlung

Der Verbandwechsel – Tipps zur
sachgerechten Durchführung

Jeder Verbandwechsel hat steril und nach der Non-Touch-Technik zu erfolgen. Über die hygienischen Aspekte hinaus sind aber insbesondere bei sekundär heilenden akuten und chronischen Wunden eine Reihe weiterer wichtiger Dinge zu beachten, um den Verbandwechsel sicher und schonend durchführen zu können.

von der HARTMANN Online-Redaktion
Damit der Verbandwechsel für den Patienten zu keinem schmerzhaften, traumatischen Erlebnis wird, ist er in allen pflegerischen Bereichen – auch im ambulanten – gut vorzubereiten.


  • Steht ein Verbandwechsel bevor, ist der Patient rechtzeitig zu informieren, welche Maßnahmen ergriffen werden [1].
  • Sind Schmerzen zu erwarten und schmerzstillende Medikamente / Lokalanästhetika erforderlich, ist der Wirkungseintritt abzuwarten. Dies ist vor allem bei häuslicher Versorgung gut zu organisieren.
  • (Kranken-)Bett oder Untersuchungsliege sind durch Einmal-Unterlagen bzw. im häuslichen Bereich durch ein gebügeltes, relativ keimfreies Handtuch vor Kontamination zu schützen [2].
  • Zum Verbandwechsel ist der Patient so zu lagern, dass er bequem liegt oder sitzt und das Wundgebiet gut zugänglich ist [3].
  • Des Weiteren ist für eine gute Lichtquelle zu sorgen. Ggf. ist die Intimsphäre des Patienten zu schützen, z. B. durch einen Wandschirm.
  • Während des Verbandwechsels sollte das Zimmer von anderen Personen nicht betreten werden, um Keimverwirbelungen zu unterbinden. Aus diesem Grund ist auch Zugluft zu vermeiden.
  • Im häuslichen Bereich sind Haustiere (Hunde, Katzen, Vögel) unbedingt aus dem Zimmer zu entfernen, da MRSA-Erreger in beide Richtungen übertragen werden können (1).

Wichtige Hygieneregeln für Durchführende

Eine offene Wunde ist eine ideale Eintrittspforte für Bakterien, die sich dann in der Wunde vermehren und eine Infektion auslösen können. Ist die Wunde bereits klinisch infiziert, erhöht sich durch die Sekundärinfektion zusätzlich das Risiko, dass sich eine bislang lokal begrenzte Infektion über die Blut- und Lymphbahnen bis zu einer lebensbedrohlichen Sepsis (Blutvergiftung) ausweitet. Ein Verbandwechsel hat deshalb ausschließlich unter aseptischen Bedingungen zu erfolgen und zwar in allen medizinischen und pflegerischen Bereichen, auch in der häuslichen Kranken- und Altenpflege. In der geriatrischen Pflege ist zudem zu beachten, dass ältere Menschen mit Wunden durch die bekannten Faktoren wie Multimorbidität, schlechte Immunlage usw. besonders infektionsgefährdet sind.

  • Die meisten Wundinfektionen werden durch Handkontakt übertragen, weshalb immer die sog. Non-Touch-Technik anzuwenden ist. Das heißt, dass die Wunde niemals mit bloßen Händen berührt werden darf. Alle Manipulationen an der Wunde werden mit sterilem Instrumentarium (Pinzette, scharfer Löffel, Kürette) ausgeführt.
  • Trotz der Verwendung steriler Instrumente sind unsterile Einmalhandschuhe zum Selbstschutz (Arbeitsschutz) und zur Vermeidung der Verbreitung von Infektionserregern anzulegen (2).
  • Sterile Einmalhandschuhe müssen angezogen werden, wenn (schwierige) Wundverhältnisse es erfordern, dass die Wunde direkt mit den Händen berührt werden muss.
  • Entsprechend den Hygienerichtlinien hat eine hygienische Händedesinfektion bereits vor der Materialvorbereitung zu erfolgen. Für eine sichere Desinfektion wird Schmuck (2) (Ringe, Uhren, Armbänder) vorher abgenommen [4].
  • Generell ist zu beachten: Werden im Anschluss an eine Händedesinfektion Einmalhandschuhe angezogen, ist das vollständige Trocknen der Hände abzuwarten.
  • Zum Verbandwechsel wird über der Bereichskleidung mit kurzen Ärmeln(2) eine frische, ggf. flüssigkeitsdichte (Einmal-) Schürze angelegt [5], die nach dem Verbandwechsel sofort zu entsorgen ist.
  • Ein Mund- und Nasenschutz ist erforderlich, wenn großflächige Wunden zu versorgen sind oder der Durchführende an einer Erkältung leidet [6].
  • Eine Abdeckung der Haare ist bei der Versorgung großflächiger, stark infektionsgefährdeter oder bereits infizierter Wunden angebracht [6].
  • Das Sprechen über offenen Wunden ist zu vermeiden, da die Mundhöhle stark mit Keimen besiedelt ist, die beim Sprechen direkt in die Wunde gelangen.
  • Für einen Verbandwechsel bei AIDS- und Hepatitis-Patienten oder bei Patienten mit MRSA / MRE gelten die Hygienemaßnahmen der RKI-Empfehlungen.
  • Um erhöhten Infektionsrisiken beim septischen Verbandwechsel begegnen zu können, sollte dieser von zwei Personen durchgeführt werden.

Verbandwechsel

Die praktische Durchführung

  • Patienten informieren und vorbereiten [1-3].
  • Hände desinfizieren [4] und Schutzbekleidung (Einmalschürze) anlegen [5, ggf. 6].
  • Entsprechend den Wundverhältnissen benötigtes Material bereitstellen und richtig platzieren [7], unsterile Materialien patientennah und sterile Materialien patientenfern. So lässt sich das „Übergreifen“ über sterile Materialien vermeiden, z. B. beim Abwerfen gebrauchter Verbandstoffe.
  • Unsterile Einmalhandschuhe anziehen [8].
  • Verbandfixierung mit Verbandschere aufschneiden und abnehmen [9] – nicht abwickeln! Sofort in keimdichtes Abwurfbehältnis abwerfen.
  • Mit steriler Pinzette wundabdeckende Kompresse entfernen, auf Anzeichen von (eitrigem) Exsudat und sonstigen Belägen kontrollieren [10], ebenfalls in keimdichtes Abwurfbehältnis abwerfen.
  • Ist die Wundauflage verklebt, nie abreißen, sondern mit Ringerlösung so lange befeuchten, bis sie abgelöst werden kann.
  • Benutzte Pinzette (auch weitere) in eine ggf. mit Desinfektionslösung gefüllte Entsorgungsbox ablegen [11], Einmalhandschuhe wechseln.
  • Erfordert die Wundreinigung bzw. -anfrischung eine lokalanästhesierende Creme, sind die Einwirkzeiten nach Herstellerangaben zu beachten. Damit die Wunde nicht auskühlt, ist sie am besten mit einem Folienverband abzudecken [12 / 13].
  • Nach der Einwirkzeit Wunde ggf. debridieren [14]. Zum leichteren Abtragen von Belägen kann es hilfreich sein, diese mit getränkten Kompressen (Wundspüllösung) weiter aufzuweichen [15].
  • Anschließend Wundgebiet mit sterilen, ggf. mit Wundspüllösung oder einem gut verträglichen Antiseptikum getränkten Kompressen oder Tupfern schonend reinigen [16 / 17].
  • Sind mazerierte bzw. ekzematöse Wundränder zu behandeln, dürfen entsprechende antiseptische Lösungen bzw. Salben nicht in die Wunde gelangen.
  • Wundzustand fotografisch dokumentieren [18], Abstand zur Wunde 30 cm, kein Zoom.
  • Bei eventueller Kontamination während der Reinigung (Nekrosenabtragung, Spülung, Desinfektion usw.) nochmals Einmalhandschuhe wechseln.
  • Mit weiterer steriler Pinzette geeignete sterile Wundauflage applizieren [19], ggf. mit Saugkompresse abpolstern [20] und adäquaten Fixierverband anlegen [21 / 22].
  • Einmalhandschuhe „richtig“ ausziehen [23], sofort entsorgen und erneut Hände desinfizieren, entsprechend den „5 Momenten der Händedesinfektion“.
  • Nach dem Verbandwechsel Patienten wieder in die von ihm gewünschte oder für die Behandlung erforderliche Liegeposition bringen (z. B. druckentlastend postionieren bei Dekubitus).
  • Möglichst zeitnah zum Verbandwechsel Wundzustand und Verbandwechsel schriftlich oder digital mit Bildunterstützung dokumentieren [24].
Verbandwechsel

Dokumentation nicht vergessen

Wichtig bei jedem Verbandwechsel: die richtige Dokumentation. Eine Wunddokumentation mit Bildern ist dabei heute Standard. Damit die Fotos aber einen nachvollziehbarer Nachweis der erbrachten therapeutischen und pflegerischen Leistung darstellen, müssen sie aussagekräftig und vergleichbar sein.

Hand hält Fotokamera
Literatur

1 Köck R, Cuny Ch, Walther B, für den Forschungsverbund MedVet-Staph: MRSA bei Haustieren: Bedeutung für den Menschen, HygMed 2013; 38-7 / 8

2 Diese Tipps entsprechen den „AWMF-Leitlinien zur Hygiene in Klinik und Praxis, Anforderungen der Hygiene bei chronischen und sekundär heilenden Wunden“ (AWMF-Leit­linien-Register Nr. 029 / 042).

Weiterführende Literatur: Die verschiedenen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zu den Themen Hygiene und Infektionsprävention, die für die Praxis verbindlichen Charakter haben, sind unter www.rki.de abrufbar.