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Umstrittene Pauschalen Klinik-Zuschüsse auf dem Prüfstand

Sollen die Bremer Kliniken öffentliche Investitionszuschüsse nach Gutdünken verwenden können oder soll die Gesundheitsbehörde Ansagen machen? Auch hierum geht es bei einer anstehenden Gesetzesänderung.
04.03.2020, 12:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Klinik-Zuschüsse auf dem Prüfstand
Von Jürgen Theiner

Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird das kleinste Bundesland sein Krankenhausgesetz überarbeiten. 2011 hatte die Bürgerschaft dieses Thema zuletzt angefasst und dabei unter anderem Grundsätze für die Planung der stationären medizinischen Versorgung in Bremen und Bremerhaven festgelegt. Die jetzt anstehende Novelle ist für die öffentlichen, gemeinnützigen und privaten Klinikträger von Bedeutung.

Eine der Fragen, die gesetzlich zu regeln sind, ist die Investitionsförderung. Wofür und unter welchen Bedingungen erhalten die Krankenhäuser Geld vom Land? Bis 2011 setzte Bremen auf einzelne Zuschüsse für angemeldete Projekte. Die Kliniken reichten Anträge ein, die Fachleute in der Gesundheitsbehörde prüften – und hoben oder senkten dann den Daumen. Dann kam die Systemumstellung. Seither erhalten die Krankenhäuser jährlich festgelegte Investitionspauschalen, die sie im Rahmen ihres staatlichen Versorgungsauftrags nach eigenem Gutdünken verwenden können – eine für medizinisches Gerät und sonstige Anschaffungen mit überschaubarer Nutzungsdauer, eine weitere für langlebige Investitionen, insbesondere im Baubereich. Werden Mittel nicht ausgegeben, können sie angespart und in den Folgejahren verwendet werden.

Kritik

Im Gespräch ist nun, die Pauschalierung weiter voranzutreiben und die Beträge für kurz- und langlebige Güter zusammenzulegen. „Wir diskutieren das auf Arbeitsebene“, bestätigt Michael Fischer, Referatsleiter im Gesundheitsressort. Doch es gibt auch Kritik an dem Vorhaben, den Klinikbetreibern künftig noch mehr investive Beinfreiheit zuzugestehen. Karl-Heinz Brendel war viele Jahre im Gesundheitsressort mit der Investitionsförderung befasst, Ende vergangenen Jahres trat er in den Ruhestand. „Ich war immer gegen die Pauschalierung“, bekennt Brendel seine Skepsis. „Man tritt damit die Entscheidungshoheit an die Krankenhäuser ab.“ Das Land verliere an Einfluss auf die Entwicklung der Kliniklandschaft und der Behandlungsangebote. Zudem könne es nicht sinnvoll sein, wenn etwa das Klinikum X einen zweistelligen Millionenkredit für einen Umbau aufnimmt und das Klinikum Y gleichzeitig nicht verbrauchte Investitionsförderung auf die hohe Kante legt. Das sei eine Fehlsteuerung öffentlicher Mittel. Aus Brendels Sicht hatte die Umstellung des Jahres 2011 aber auch mit Konfliktscheu gegenüber den Krankenhausträgern zu tun. „Wenn man nicht mehr über einzelne Anträge entscheidet, sondern das Geld einfach pauschal rüberschiebt, kann man nicht mehr angegriffen werden“, sagt der Insider.

Michael Fischer beansprucht eine etwas differenziertere Sicht auf die Dinge. Ja, zugegeben, mit der Reform des Jahres 2011 habe Bremen den Klinikträgern mehr Autonomie gewährt. Allerdings sei die Steuerung nicht völlig aus der Hand gegeben worden. Die Krankenhäuser könnten nicht einfach machen, was sie wollen. Fischer: „Wir prüfen immer noch die grundsätzliche Förderfähigkeit von Investitionen. Es kann zum Beispiel keine Klinik sagen: Wir möchten gern einen Hubschrauberlandeplatz gefördert bekommen, haben aber leider keine Intensivstation. Die geförderten Vorhaben müssen schon zum Versorgungsauftrag des jeweiligen Klinikums passen.“ Ganz so lang sei die Leine, die das Gesundheitsressort den Häusern lässt, dann noch nicht.

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Ein weiteres Steuerungsinstrument ist laut Fischer der Krankenhaus-Strukturfonds des Bundes, aus dem bis 2022 rund 20 Millionen Euro nach Bremen fließen können. Welche Projekte Bremen hierfür anmeldet, sei die Entscheidung des Gesundheitsressorts, abgestimmt mit den Kassen. In der Behörde werde zudem diskutiert, künftig neben den Pauschalen auch zusätzliche Einzelförderungen gewähren zu können.

In den anderen Bundesländern wird die Bezuschussung der Krankenhausinvestitionen unterschiedlich gehandhabt. Das Saarland ist im vergangenen Jahr wieder zur Einzelförderung zurückgekehrt, nachdem man wie Bremen vor rund zehn Jahren auf Pauschalen umgestellt hatte. Damals war das Ziel neben einer Verfahrensvereinfachung insbesondere, „den eigenverantwortlichen Spielraum der Krankenhäuser zu stärken“, sagt die Sprecherin des saarländischen Sozialministeriums, Susanne Jung. Bewährt habe sich dieser Kurswechsel allerdings nicht. Vielmehr seien „teilweise Doppelstrukturen aufgebaut worden und oft keine eindeutige Spezialisierung der Standorte erkennbar“ gewesen. Von der jetzt vollzogenen Rückkehr zur Einzelbezuschussung verspricht sich das Saarland eine „passgenaue“ Förderung der einzelnen Häuser.

„Wir haben in den Kliniken einen gewaltigen Investitionsstau“

Einzelförderung oder Pauschale – für den Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft, Uwe Zimmer, ist das ein Streit um des Kaisers Bart. Nicht der Modus, sondern die Höhe der Zuschüsse sei in der Vergangenheit das Problem gewesen. „Wir haben in den Kliniken einen gewaltigen Investitionsstau“, ruft Zimmer in Erinnerung, und der sei direkte Folge einer unzureichenden Finanzierung durch die öffentliche Hand. In ihrem Koalitionsvertrag hätten SPD, Grüne und Linke eine „schrittweise Verdoppelung“ der Krankenhausinvestitionen zugesagt. Die Träger der Häuser würden aufmerksam beobachten, ob dieses Versprechen im Laufe der Legislaturperiode eingehalten wird.

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