S 21 KR 333/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 21 KR 333/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 21.994,63 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Operations- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-541.1 ("Laparatomie mit Drainage"), 5-541.2 ("Relaparotomie") und 5-541.3 ("Laparotomie und Eröffnung des Retroperitoneums: Second-Look-Laparotomie, programmierte Laparotomie") zu kodieren sind.

Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommenes Plankrankenhaus. Eine bei der beklagten Krankenkasse versicherte Person wurde vom 01.03.2010 bis 31.03.2010 vollstationär wegen dreier Darmkarzinome in dem Krankenhaus der Klägerin behandelt. Am 03.03.2010 erfolgte eine subtotale kolorektale Resektion. Es folgten am 05., 07., 09., 11., 14. und 17.03.2010 weitere Eingriffe, deren Kodierung streitig ist.

Das Krankenhaus der Klägerin rechnete den Aufenthalt mit der DRG G35Z ab. Die Beklagte

veranlasste eine Fallprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK). Der Gutachter änderte unter Hinweis auf Abschnitt P013d der Deutschen Kodierrichtlinien den für den 05.03.2010 kodierten OPS 5-541.1 ("Laparatomie mit Drainage") in 5-983 ("Reoperation") ab, strich den für den 07.03.2010 kodierten 5-541.2 ("Relaparotomie") als im Sinne der Kodierrichtlinien nicht relevante Prozedur und strich darüber hinaus die für den 9., 11. und 14.03.2010 kodierten OPS 5-541.3 ("Laparotomie und Eröffnung des Retroperitoneums: Second-Look-Laparotomie, programmierte Laparotomie") mit der Begründung, der OPS sei bei Wechsel der Vakuumversiegelung bzw. neben dem OPS 5-916a0 nicht kodierbar.

Die Beklagte, welche zunächst den vollen Rechnungsbetrag gezahlt hatte, nahm im April 2011 eine Verrechnung in Höhe von 21.994,63 EUR mit einer unstreitigen Forderung des Krankenhauses vor. Das Krankenhaus widersprach mit Schreiben vom 06.06.2011 der Einschätzung des MDK. Der Chefarzt der Chirurgischen Klinik führte insbesondere aus, im speziellen Fall sei für die erste Revision korrekt die 5-541.2 einschließlich der 5-916a3 kodiert worden, für die folgenden (geplanten Relaparatomien) korrekt die 5-541.3 in Kombination wiederum mit der 5-916a3. Die Wiedereröffnung der freien Bauchhöhle gelte dabei als Relaparatomie unabhängig von der Art und Weise des vorherigen (temporären) Verschlusses derselben (Naht. V.A.C., TAC etc.). Eine zweite Begutachtung durch den MDK führte zu keiner Änderung.

Mit der am 24.12.2014 erhobenen Klage macht die Klägerin den verrechneten Betrag geltend.

In dem Erörterungstermin vom 18.10.2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zugesagt, bis Monatsende eine Klagebegründung und die Operationsberichte einzureichen.

Einen Tag vor der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2018 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Gericht und der Beklagten Operationsberichte vom 03.03.2010, 05.03.2010, 07.03.2010, 09.03.2010, 11-03-2010, 14.03.2010 und 17.03.2010 übermittelt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.10.2018 Stellung genommen.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den aus ihrer Rechnung Nr.: 516032230 vom 14.04.2010 in Höhe von 21.994,63 EUR einbehaltenen Absetzungsbetrag nebst Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 29.04.2011 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie schließt sich den Einschätzungen des MDK an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in Abwesenheit der Beklagten verhandeln und entscheiden können, da mit der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht kein weiterer Vergütungsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Beklagte hat zu Recht eine Verrechnung vorgenommen, weil ihr nach zunächst vollständiger Zahlung des Rechnungsbetrags ein Erstattungsanspruch in Höhe des verrechneten Betrages zustand.

Die Kammer legt ihrer Entscheidung das insoweit übereinstimmende Vorbringen der Beteiligten zugrunde: Das Krankenhaus hat in dem Schreiben vom 06.06.2011 die Kriterien für die Abrechnung der DRG G35Z dargelegt. Entscheidend sind hier die erforderlichen vier Prozeduren aus der Gruppe 5-541.1, 5-541.2 oder 5-541.3. Bei übereinstimmendem Vorbringen aufgrund der besonderen fachlichen Kompetenz der Beteiligten bedarf es insoweit keiner Ermittlungen des Gerichts (Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.04.2015, B 1 KR 10/15 R).

Die OPS 5-541.1, 5-541.2 und 5-541.3 waren vorliegend nicht zu kodieren.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die Abrechnungsbestimmungen und Vergütungsregelungen einschließlich der Deutschen Kodierrichtlinien und der Operations- und Prozedurenschlüssel stets eng nach ihrem Wortlaut anzuwenden und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen (zuletzt Urteil vom 19.04.2016, B 1 KR 34/15 R, zitiert nach Juris, hier Randnr. 15).

Die Anwendung und Auslegung von Rechtsnormen – um solche handelt es sich bei den Abrechnungsregelungen – ist Aufgabe des Gerichts. Das Gericht kann diese Aufgabe nicht an einen Gutachter delegieren.

Der MDK-Gutachter hat zu Recht den für den 05.03.2010 kodierten OPS 5-541.1 ("Laparatomie mit Drainage") in 5-983 ("Reoperation") abgeändert. Nach Abschnitt P013d der Deutschen Kodierrichtlinien ist bei der Wiedereröffnung eines Operationsgebietes insbesondere zur Behandlung einer Komplikation zunächst zu prüfen, ob die durchgeführte Operation mit Wiedereröffnung des Operationsgebietes im OPS durch einen spezifischen Kode im betreffenden Organkapitel kodiert werden kann. Gibt es keinen spezifischen Kode, dann ist die durchgeführte Operation zusammen mit einem Zusatzkode wie z.B. 5-983 "Reoperation" für die Reoperation anzugeben. Demnach war die am 05.03.2010 wegen Komplikationen (laut OP-Bericht "Verschlechterung mit Austritt von Darminhalt über die liegende Jackson-Pratt-Drainage") durchgeführte Reoperation auch als solche zu kodieren, nicht aber als Laparatomie mit Drainage.

Der für den 07.03.2010 als 5-541.2 ("Relaparotomie") kodierte Eingriff war ein Wechsel des VAC-Verbandsystems. Eine Laparotomie (laut klinischem Wörterbuch von Pschyrembel: "Bauchschnitt") wird im OP-Bericht nicht beschrieben. Der Argumentation des Krankenhauses (" gilt als ") kann nicht gefolgt werden. Die Bezeichnung des Wechsels des VAC-Verbandsystems als "Bauchschnitt" ist mit dem Wortlaut nicht vereinbar.

Dies gilt ebenso für die mit dem OPS 5-541.3 ("Laparotomie und Eröffnung des Retroperitoneums: Second-Look-Laparotomie, programmierte Laparotomie") kodierten Eingriffe vom 09., 11. und 14.03.2010. Es handelte sich um Wechsel des VAC-Verbandsystems. Der OPS 5-541.3 findet zu Recht in den OP-Berichten für diese Tage auch keine Erwähnung.

Aus den dargelegten Gründen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Sozialgerichtsgesetz, 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 197a Sozialgerichtsgesetz, 63 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved