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Sind deutsche Krankenhäuser gut vorbereitet auf den Corona-Virus? Es fehlt Personal, meint der DGB-Chef.

© dpa

DGB fordert mehr Stellen in Krankenhäusern: „Das Coronavirus zeigt den Personalmangel im Gesundheitssystem“

Das Coronavirus wird wichtige Branchen der deutschen Wirtschaft treffen, warnt DGB-Chef Reiner Hoffmann. Er spricht sich für Staatshilfen aus. Ein Interview.

Von Hans Monath

Reiner Hoffmann (64) ist seit 2014 Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Herr Hoffmann, wie stark wird das Coronavirus die deutsche Wirtschaft treffen?

Wegen der internationalen Wertschöpfungsketten wird auch die europäische und deutsche Wirtschaft von den Auswirkungen des Coronavirus beeinträchtigt werden. Deutschland hat ohnehin vergleichsweise ein geringes Wirtschaftswachstum. Wenn das Wachstum der Weltwirtschaft zurückgeht, wird uns das besonders treffen.

Wo sehen Sie besonders starke Einschläge?

Besonders betroffene Branchen sind der Tourismus, das Messewesen, der Logistikbereich und solche Branchen, in denen deutsche Unternehmen auf Vorlieferprodukte insbesondere aus China angewiesen ist. Im Automobilbau, im Maschinenbau und in der chemischen Industrie leeren sich die Läger, dort kann es zu Kurzarbeit oder Produktionsstillständen kommen.

Was erwarten Sie in dieser Situation von der großen Koalition?

Es ist notwendig, dass die Bundesregierung nun Hilfen für die Wirtschaft vorbereitet oder zur Verfügung stellt. Sie muss die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt so begrenzen, dass es nicht zu Arbeitslosigkeit kommt. Das Instrument der Kurzarbeit ist dafür besonders geeignet, das hat die Finanzkrise gezeigt. Die Bundesregierung sollte die Bezugsdauer für Kurzarbeit verlängern und – unabhängig vom Corona-Virus – die Kurzarbeit zukunftsfest aufzustellen. Die Kurzarbeit muss mit der Möglichkeit zu Weiterbildung verknüpft werden, um Arbeitnehmer zu helfen, deren Firmen von Strukturwandel betroffen sind.

Und darüber hinaus?

Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB, fordert die große Koalition auf, die Wirtschaft gegen die Folgen des Corona-Virus zu stärken.+
Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB, fordert die große Koalition auf, die Wirtschaft gegen die Folgen des Corona-Virus zu stärken.+

© Wolfgang Kumm/dpa

Auch Liquiditätshilfen der Bundesregierung wie eine Aufstockung von Kreditprogrammen, Bürgschaften oder Steuerstundungen können Unternehmen helfen. Darüber hinaus sollte sich die Bundesregierung um eine europäisch koordinierte Unterstützung der Wirtschaft oder auch um Investitionsprogramme im Rahmen der G20-Staaten bemühen.

Wichtige Firmen wie etwa die Lufthansa sind besonders betroffen. Was schlagen Sie vor?

Wir erleben, dass die Lufthansa täglich eine Million Euro Defizit verkraften muss. Die Bundesregierung sollte genau beobachten, ob diese Belastungen das Unternehmen in seinem Bestand bedrohen.

Die Union meint, auch Steuererleichterungen könnten Firmen helfen, die unter dem Coronavirus leiden….

Steuererleichterungen für Unternehmen sind kein Mittel gegen die Krise. Sie ändern überhaupt nichts an den Ursachen und tragen nicht zur Lösung bei. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass die Epidemie nicht zur Pandemie wird – das geht nur durch noch größere Anstrengungen im Gesundheitswesen.

Das müssen Sie erläutern.

Das Gesundheitssystem wird durch das Coronavirus vor riesige Herausforderungen gestellt. Die Beschäftigten dort leisten ihr Bestes, stoßen aber an Grenzen, weil es im Klinikbereich seit Jahren an ausreichendem Personal fehlt. Gerade wenn man große Herausforderungen bewältigen muss, wird die Personalknappheit zum Problem. Das Coronavirus zeigt, wie dringend nötig es ist, dass wir unser Gesundheitssystem wieder mit ausreichend Personal ausstatten. Allein in der Krankenpflege fehlen 30.000 Beschäftigte. Wenn wir dafür wieder das nötige Personal einstellen wollen, kostet das im Jahr fast 1,5 Milliarden Euro. Das sollte uns die Eindämmung des Corona-Virus und die Gesundheit aller wert sein.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder meint nun, aktuelle Hilfe für die Wirtschaft sei wichtiger als die Entschuldung der Kommunen, welche die SPD fordert. Auf welcher Seite stehen Sie in dem Konflikt?

Ich kann nicht nachvollziehen, wenn Markus Söder sagt, wegen der Notwendigkeit aktueller Hilfe für die Wirtschaft könnten die Kommunen nicht von ihren Altschulden befreit werden. Das ist eine Ausrede.  Unabhängig vom Einbruch der Weltwirtschaft wegen des Corona-Virus braucht Deutschland ein Zukunftsinvestitionsprogramm.

Was sollte am Sonntagabend dazu beschlossen werden?

Der Koalitionsausschuss muss zeigen, dass die große Koalition handlungsfähig ist und sich auf Eckpunkte für ein solches Programm verständigen. Dazu gehört auch, dass man die Kommunen durch einen Altschuldentilgungsfond oder auf andere Weise entlastet.  In diesem Bereich brauchen wir dringend Investitionen – und zwar in Höhe von 450 Milliarden Euro über eine Dauer von zehn Jahren. Hier ist ambitioniertes Handeln gefragt.

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