Hintergrund

Wirbelfrakturen sind eine der häufigsten Frakturen im hohen Alter. In Deutschland ereignen sich ca. 200.000 geriatrische Wirbelfrakturen pro Jahr. Dabei führt häufig die dezimierte Stabilität des Wirbelkörpers zu A‑Frakturen mit Verletzung der ventralen Säule [1]. Wenn auch nur 50 % der Frakturen initial symptomatisch sind, so sinkt mit steigender Zahl der Wirbelfrakturen auch die Lebensqualität signifikant [2]. Die Inzidenz von Wirbelkörperfrakturen im höheren Lebensalter wird mit 100 bis 120 pro 100.000 Personenjahre angegeben. [3, 4]. Dabei steigt das Risiko deutlich bei Patienten höheren Alters und weiblichen Geschlechts. Einen wesentlichen Einfluss bei den geriatrischen Wirbelfrakturen hat die begleitende Osteoporose [5]. Sie erhöht nicht nur die Inzidenz auf über 300/100.000 Personenjahre, sondern auch das Risiko weiterer Frakturen sowie die Sterblichkeit und sie verringert die Lebensqualität [6,7,8]. Damit einhergehend erhöhen sich auch die individuellen Krankheitskosten [5, 8]. Mehrere Arbeiten zeigten, dass eine mobilitätserhaltende und schonende Therapie nicht nur der konservativen Therapie überlegen ist, sondern auch das Outcome der Patienten nach stattgehabter Wirbelfrakturen nicht wesentlich verschlechtert [9, 10]. Etablierte Maßnahmen der operativen Wirbelkörperversorgung sind die Kypho- und Vertebroplastie als minimal-invasive Verfahren mit guten und sehr guten Langzeitergebnissen [11]. Aktuelle Studien zeigen aber auch, dass die Zementaugmentation einzelner Wirbelkörper eine erhöhte Inzidenz von Anschlussfrakturen bedingen, insbesondere bei der osteoporotischen Wirbelkörperfraktur [12, 13]. Um diesen Aspekt zu reduzieren, hat sich die Hybridstabilisierung als Kombination der minimal-invasiven dorsalen Stabilisierung und einer Wirbelkörperaugmentation etabliert [14, 15]. Spiegl et al. haben zudem gezeigt, dass dieses Verfahren bei instabilen Wirbelkörperfrakturen angewandt werden kann und keine Nachteile gegenüber der dorsoventralen Versorgung hat [16].

Bei der Therapieplanung spielen der Zustand und Mobilitätsgrad des Patienten und die Frakturklassifikation eine wesentliche Rolle. In Anlehnung an Josten et al. und Spiegl et al. sowie aktuelle Leitlinien kommt der konservativen Behandlung, bestehend aus suffizienter Analgesie, schmerzadaptierter Mobilisierung und temporärer Orthesenstabilisierung, eine wesentliche Rolle zu [1, 16]. In dieser Arbeit wurden nur operativ behandelte Patienten betrachtet. Die Operationsindikation besteht bei ausgeschöpfter oder insuffizienter konservativer Therapie, ausgeprägter Hinterkantenbeteiligung und deutlicher kyphotischer Fehlstellung \((\updelta \mathrm{GDW}>20^{\circ})\). Dabei wurde bei diesen Frakturen oder Mehretagenverletzungen die dorsale Stabilisierung bzw. Hybridstabilisierung bevorzugt. Höhergradige Frakturen waren in dieser Arbeit ein Ausschlusskriterium.

Verglichen mit den operativen Versorgungsmöglichkeiten geriatrischer Frakturen wird die initiale postoperative Rehabilitation der hochbetagten Patienten nur spärlich diskutiert. Dabei zeigen Behandlungsstrategien mit einer frühzeitigen Mobilisation in Kombination mit einer belastungsstabilen Frakturversorgung deutliche Vorteile [17,18,19]. Höchste Priorität dieser Strategien ist die unmittelbare postoperative Mobilisierung geriatrischer Patienten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben sich in den geriatrischen Kliniken alterstraumatologische Zentren gebildet, die ihren Fokus auf die Frakturversorgung und Rehabilitation hochbetagter Patienten legen. Dabei spielt auch das jeweilige Entlassmanagement der Klinik und die DRG („diagnosis related groups“)-Vergütung eine wesentliche Rolle [20].

Ziele dieser Arbeit sind es, anhand einer retrospektiven Querschnittsstudie zu zeigen, dass eine geriatrische Komplexbehandlung einen Mehrwert für den hochbetagten Patienten und die behandelnde Einrichtung hat und die Hybridstabilisierung als Kombination der minimal-invasiven dorsalen Stabilisierung und einer Wirbelkörperaugmentation sich zur Versorgung osteoporotischer Wirbelfrakturen eignet.

Material und Methoden

Im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 wurden in einer Schwerpunktklinik in ländlicher Regionsstruktur 205 Wirbelsäulenoperationen durchgeführt und erfasst. Die Auswertung erfolgte sowohl unter Betrachtung der Versorgungsvariante ventral, dorsal oder dorsoventral, dem Patientenalter und der zugehörigen DRG mit Ermittlung des patientenbezogenen Erlöses. Ferner wurde die Behandlung der spezifischen Versorgungsformen Hybridstabilisierung, Kyphoplastie, perkutane bisegmentale und polysegmentale Versorgung bei über 70-Jährigen verglichen und die Kosteneffektivität einer Behandlung im alterstraumatologischen Zentrum (ATZ) betrachtet.

Die Hybridstabilisierung erfolgte als bisegmentales perkutanes Verfahren (Firma Medtronic®) mit zusätzlicher Kyphoplastie (Firma Medtronic®) des überbrückten Wirbels. Eine zusätzliche Zementaugmentation der Pedikelschrauben wurde angestrebt. Die weiteren Versorgungsvarianten der geriatrischen Wirbelfrakturen als perkutane Spondylodese oder Kyphoplastie erfolgten mit dem identischen Hersteller [21, 22].

Die Erfassung und statistische Auswertung der Daten wurde mit SPSS Statistics 20 für Windows durchgeführt. Bei normalverteilten, intervallskalierten Daten folgte der t‑Test für verbundene bzw. unabhängige Stichproben oder bei nichtnormalverteilten der Test nach Wilcoxon. Anhand des Mann-Whitney-Tests für unabhängige Stichproben wurde auf Gruppenunterschiede und ihre zentrale Tendenzen geprüft. Das Konfidenzintervall wurde bei 95 % festgelegt. Das Signifikanzniveau lag stets bei p < 0,05.

Ergebnisse

Von den ausgewerteten 205 Wirbelsäulenoperationen waren 197 ein- oder zweizeitige Versorgungen sowie 8 Revisionseingriffe. Die durchschnittliche Revisionsrate betrug 4,4 %. Das durchschnittliche Alter über das gesamte Versorgungsspektrum war 65,9 Jahre (±10,7). Dabei waren die 18 Patienten mit Cage-Versorgungen der Halswirbelsäule (HWS) mit 48,8 Jahren (±9,5) am jüngsten und die 24 mittels Hybridstabilisierung versorgten Patienten am ältesten (77,1 Jahre, ±6,8). Es folgen die 5 Patienten, die perkutan bisegmental versorgt wurden (75,9 Jahre), die 22 Patienten (75,7 Jahre) per Kyphoplastiestabilisierung und die 13 perkutan und polysegmental versorgten (72,4 Jahre). Diese vier Gruppen wurden ferner auch bezüglich der Behandlung im ATZ betrachtet, denn aus dieser Untersuchungsgruppe wurden 12,5 % im ATZ behandelt, insgesamt lediglich 3,4 %.

Die initialen Einweisungsdiagnosen aller 205 Fälle bilden das Spektrum einer Wirbelsäulenabteilung in einem Schwerpunkthaus ab. Es zeigt sich eine nahezu hälftige Verteilung traumatischer Wirbelsäulenverletzungen, wobei die A‑Frakturen der Brust- und Lendenwirbelsäule (B/LWS) deutlich überwiegen. Führend bei den degenerativen Erkrankungen sind die Bandscheiben(BS)-Degenerationen und operationspflichtige Bandscheibenvorfälle (NPP) und ebenso häufig die Spinalkanal- (SKS) oder Neuroformanenstenose (NFS). Deutlich seltener sind Erkrankungen der Halswirbelsäule (HWS) oder Tumoren und Entzündungen (Diszitis) sowie Materialentfernungen (ME) und Wundrevisionen (WR) an der Wirbelsäule (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Einweisungsdiagnosen im Betrachtungszeitraum mit absoluter Fallzahl. BS Bandscheibe, NPP Nucleuspulposus Prolaps (Bandscheibenvorfall), HWS Halswirbelsäule, BWS Brustwirbelsäule, LWS Lendenwirbelsäule, SKS Spinalkanalstenose, NFS Neuroforamenstenose, ME Materialentfernung, WR Wundrevision

Deutlich differenzierter stellen sich aber die Einweisungsdiagnosen der Patienten dar, die im alterstraumatologischen Zentrum (ATZ) behandelt wurden. Über 80 % wurden aufgrund einer geriatrischen Wirbelkörperfraktur Typ A behandelt (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Einweisungsdiagnosen im alterstraumatologischen Zentrum im Betrachtungszeitraum in absoluten Fallzahlen. BS Bandscheibe, NPP Nucleuspulposus Prolaps (Bandscheibenvorfall), HWS Halswirbelsäule, BWS Brustwirbelsäule, LWS Lendenwirbelsäule, SKS Spinalkanalstenose, NFS Neuroforamenstenose, ME Materialentfernung, WR Wundrevision

Die durchgeführten Versorgungsvarianten mit der Angabe des Gruppenalters sind in Abb. 3 dargestellt. Dabei zeigt sich sehr deutlich, dass die Versorgungen Hybridstabilisierung, Kyphoplastie, bi- und polysegmentale perkutane Stabilisierung bevorzugt bei geriatrischen Patienten zur Anwendung kommen. Der Altersdurchschnitt in diesen vier Gruppen ist signifikant höher (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Versorgungsvarianten und Alter im Betrachtungszeitraum. BS Bandscheibe, HWS Halswirbelsäule, BWS Brustwirbelsäule, LWS Lendenwirbelsäule, WR Wundrevision, NC neurochirurgisches Setting, Stern p < 0,05

Betrachtet man nunmehr den Standardeingriff zur Versorgung geriatrischer A‑Frakturen, die Kyphoplastie, so zeigt sich, dass die Patienten häufiger auf der Normalstation als im ATZ behandelt werden (16 vs. 6). Aber die im ATZ behandelten Patienten waren nochmals durchschnittlich 9 Jahre älter. Gleiches stellt sich für die hier nicht gezeigte Hybridstabilisierung dar (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Versorgung mit Kyphoplastie im alterstraumatologischen Zentrum (ATZ) und auf Normalstation. ATZ Alterstraumatologisches Zentrum, Stern p < 0,05

Um dem perioperativen Stresslevel der geriatrischen Patienten gerecht zu werden, wurde in dieser Arbeit ein besonderes Augenmerk auf die Gesamtzeit im perioperativen Setting gelegt, exklusive Aufwachraum. Dabei verbringen Kyphoplastie-Patienten durchschnittlich 2 h im Operationstrakt und Patienten mit Hybridstabilisierung lediglich 36 min länger (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Durchschnittliche perioperative Versorgungszeit der Patienten im alterstraumatologischen Zentrum (ATZ) im Betrachtungszeitraum. BWS Brustwirbelsäule, LWS Lendenwirbelsäule

Ein wesentlicher Aspekt der stationären Behandlungssteuerung ist die DRG-Vergütung. Im eigenen Patientengut betrug die durchschnittliche Vergütung der jüngsten Studiengruppe (Cage-Versorgung an der HWS) 4913,31 €. Auf einem ähnlichen Vergütungsniveau lagen die Eingriffe bei Bandscheibenvorfällen oder degenerativen Neuroformanenstenosen (4296,88 €). Die aufwendigeren Eingriffe bei degenerativen Erkrankungen wurden für polysegmentale dorsoventrale Versorgungen mit bis zu 12.000 € vergütet. Die durchschnittliche Vergütung aller Patienten exklusive der separat betrachteten Versorgungen Hybridstabilisierung, Kyphoplastie, bi- und polysegmentale perkutane Stabilisierung betrug 7385,80 €. Die vier letztgenannten Versorgungsformen erzielten eine durchschnittliche Vergütung von 11.238,77 € (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Durchschnittliche DRG„diagnosis related groups“-Vergütung der geriatrischen Versorgungsformen. BWS Brustwirbelsäule, LWS Lendenwirbelsäule, ATZ Alterstraumatologisches Zentrum, Stern p < 0,05

In Tab. 1 sind die häufigsten DRG dargestellt, die sich hinter den vier zuvor genannten Gruppen verbergen. Dabei ist die ICD: „I34Z“ die Versorgung über die geriatrische Komplexbehandlung, die nur bedingt von der operativen Versorgungsform abhängig ist.

Tab. 1 ICD-Codierung und DRG-Vergütung der geriatrischen Versorgungsformen

Für die Versorgungsform Kyphoplastie zeigt sich bei ähnlichem Patientengut eine Steigerung in der Vergütung von 4276,54 €, wenn die Patienten der geriatrischen Komplexbehandlung zugeführt werden und dabei die DRG I34Z abgerechnet werden kann (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

DRG(„diagnosis related groups“)-Vergütung der Kyphoplastie im alterstraumatologischen Zentrum (ATZ) und auf Normalstation. Stern p < 0,05

Diskussion

In unserer immer älter werdenden Gesellschaft müssen wir uns auch zunehmend mit den Themen der Altersmedizin auseinandersetzen. Nicht nur unsere Arbeit zeigt, dass die Versorgung geriatrischer Wirbelfrakturen die Hälfte aller Versorgungen in einer deutschen Wirbelsäulenklinik darstellt [3, 4]. Die entscheidenden Aspekte sind zum einen die zunehmende Freizeitmobilität der hochbetagten Bevölkerung, wie Reisen, Wandern, Radfahren [23], zum anderen spielt die mit höherem Lebensalter deutlich zunehmende Osteoporose eine wesentliche Rolle [24] und ferner wird auch nach stattgehabter Wirbelfraktur oder manifester Osteoporose eine hohe Freizeitmobilität aufrecht erhalten, sodass sich das Risiko einer Zweitfraktur erhöht. Diese Aspekte erklären auch den kontinuierlichen Anstieg geriatrischer Wirbelkörperfrakturen [25]. Unsere eigenen Ergebnisse spiegeln das in der dezidierten Betrachtung hochbetagter Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen wider. Über 80 % der Behandelten wurde aufgrund einer Fraktur der Brust- oder Lendenwirbelsäule behandelt. Natürlich trägt die moderne Wirbelsäulenmedizin diesen Aspekten bereits auf dem präventiven, konservativen und operativen Sektor Rechnung [26]. Nicht nur die frühzeitige Diagnostik und Therapie der Osteoporose ist in den Fokus gerückt, auch die operativen Verfahren wurden den Besonderheiten in der Versorgung geriatrischer Wirbelfrakturen angepasst [1, 25]. Darüber hinaus wurde auf medizinische und traumatologische Zusammenhänge hingewiesen, die eine fokussierte Diagnostik ermöglichen [2, 27].

Im Bereich der operativen Versorgung geriatrischer Wirbelkörperfrakturen haben sich die augmentiven Verfahren der Kypho- oder Vertebroplastie etabliert. Sie zählen damit zu den häufigsten Therapieoptionen bei diesem Patientenklientel. Allerdings zeigt sich im Rahmen der erweiterten Diagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRT) jedoch häufig eine verletzungsbedingte Mitbeteiligung benachbarter Wirbelsäulensegmente, sodass unter diesem Aspekt eine bisegmentale Hybridstabilisierung vorteilig ist [12, 19]. So haben sich weitere Operationsverfahren etabliert, die allesamt als minimal-invasive Eingriffe zu bezeichnen sind. Mit diesem Ziel einer zügigen und schonenden Frakturversorgung wird der Multimorbidität dieser Patientengruppe Rechnung getragen. Denn diese Wirbelsäulenpatienten sind durchschnittlich 15 Jahre älter, als andere wirbelsäulenchirurgisch versorgte Patienten. Ähnlich der Versorgung hüftnaher Frakturen hochbetagter Patienten wird auch in der geriatrischen Wirbelsäulenchirurgie zunehmend der goldene Weg zwischen schonender Operationsmethode und frühzeitigster Mobilisierung verfolgt. Das zeigt sich insbesondere am Verfahren der Hybridstabilisierung in Kombination mit einer geriatrischen Komplexbehandlung. Zum einen ist mit diesem Operationsverfahren auch die Möglichkeit gegeben, komplexe Wirbelkörperfrakturen zu versorgen [19, 28]. Erste Studien zur Hybridstabilisierung lassen die Tendenz erkennen, dass sich das Risiko von Anschlussfrakturen gegenüber der alleinigen Kypho- oder Vertebroplastie reduziert [12, 13, 16]. Die geriatrische Komplexbehandlung verfolgt zudem die Ziele, den Patienten frühzeitig zu mobilisieren und mit identischem Mobilitätsgrad wieder in die Häuslichkeit zu entlassen. Ein entscheidender Faktor für das stationäre Outcome der Patienten ist die Operationszeit, insbesondre im Hinblick auf die postoperative Mobilisierung und Wundheilungsstörungen [29, 30]. Allerdings spiegelt die häufig zitierte „Schnitt-Naht-Zeit“ nicht die gesamte Dauer des operativen Stresses für den geriatrischen und damit häufig auch multimorbiden Patienten wider [7, 11]. Gerade bei Eingriffen an der Wirbelsäule und den damit verbundenen Lagerungen übersteigt die Narkosedauer die reine Schnitt-Naht-Zeit um ein Vielfaches. Auch wenn die Kyphoplastie in der Literatur häufig als „schneller“ Eingriff deklariert wird, zeigen unsere Untersuchung recht eindrücklich, dass die reine Schnitt-Naht-Zeit unter dem Aspekt des perioperativen Stresses für die Patienten in den Hintergrund rückt und für den Patienten dennoch einen perioperativen Stress von über 2 h bedeutet. Zu diskutieren wäre die Kyphoplastie in Lokalanästhesie, die in der ambulanten und angelsächsischen Versorgung einen höheren Stellenwert hat und sicherlich den perioperativen Stress unter 60 min hält. Allerdings sinkt die Indikationsstellung zur ambulanten Versorgung oder Kyphoplastie in Lokalanästhesie bei dem in dieser Studie hochbetagten und in vielen Fällen multimorbiden Patientengut. Ferner relativiert sich die vermeintlich längere Operationszeit der technisch aufwendigeren Eingriffe der perkutanen dorsalen Stabilisierung deutlich [31, 32]. Auch wenn die Vorteile der Hybridstabilisierung gegenüber der reinen Augmentation augenscheinlich sind [28], so sollten die eingangs erwähnten Indikationsstellungen Beachtung finden. Dabei sollte die Komplexität der Operationsindikation mit Berücksichtigung von Morbidität, Osteoporosegrad, Alter und Mobilität der Patienten die Vor- und Nachteile der hier betrachteten Verfahren Hybridstabilisierung, Kyphoplastie und perkutane dorsale Stabilisierung berücksichtigen. Auch im postoperativen Verlauf wird den medizinischen und biologischen Faktoren der hochbetagten Patienten Rechnung getragen. Insbesondere die geriatrische Komplexbehandlung hat in den vergangenen Jahren einen wahren Boom erlebt. Auch für die alterstraumatologische Behandlung lässt sich eine Zunahme dieser Behandlungsform abbilden [18, 20]. Wenn auch diskutiert wird, dass die geriatrische Komplexbehandlung auch zur Gewinnoptimierung implementiert wird, ist von einem klaren Mehrwert für den Patienten auszugehen. Allein schon aufgrund der Multimorbidität der hochbetagten Patienten ist die Vergütung gegenüber jüngeren Wirbelsäulenerkrankungen deutlich besser. Das konnten wir für die Versorgungsformen Hybridstabilisierung, Kyphoplastie sowie bi- und polysegmentale perkutane Stabilisierung eindrücklich zeigen, die insbesondere bei Patienten über 70 Jahren zur Anwendung kamen [33, 34]. Ein deutlicher Mehrwert für die geriatrischen Kliniken lässt sich aber dennoch mit der Komplexbehandlung erzielen. So zeigen unsere Untersuchungen eine nahezu Vergütungsverdopplung. Zwar verlängert sich der stationäre Aufenthalt um 7 bis 10 Tage, aber bei der aktuellen pflegerischen Kostenschätzung von 150 € pro Tag ist auch der monetäre Mehrwert nicht zu vernachlässigen. Es kristallisiert sich somit ein positiver Effekt für den einzelnen Patienten und die behandelnden Kliniken gleichermaßen heraus, sodass die Behandlungsform Hybridstabilisierung und geriatrische Komplexbehandlung bei Wirbelfrakturen hochbetagter Patienten als zukünftiger Goldstandard bezeichnet werden darf [18, 35].

Fazit

Bei der reinen operativen Betrachtung weist die Hybridstabilisierung gegenüber der Kyphoplastie als bisheriger Goldstandard in der Versorgung geriatrischer Wirbelkörperfrakturen zunächst keine wesentlichen Vorteile oder Nachteile auf. Wird das Augenmerk auf das mittelfristige Outcome gelegt, so zeigt sich, dass mit Hybridstabilisierung ebenfalls eine frühzeitige Mobilisierung erreicht wird und eine Vermeidung von Anschlussfrakturen. Werden die Patienten ferner einer geriatrischen Komplexbehandlung zugeführt, spiegeln sich die Vorteile der Hybridstabilisierung ebenfalls im Mobilisierungsstatus der Patienten sowie auch in der gesteigerten Erlössituation der Klinik wider. Aus diesen Gründen können die Hybridstabilisierung und die geriatrische Komplexbehandlung zur Versorgung der A‑Frakturen hochbetagter Patienten an Bedeutung gewinnen.