Die Rehaklinik Tannheim im Schwarzwald ist seit Dienstag wie ausgestorben. Foto: Klinik Tannheim

Eine kleine Lüge hat schwer wiegende Folgen. Nach dem Coronabefund bei einem begleitenden Familienmitglied ist die komplette Nachsorgeklinik für schwer kranke Kinder in Tannheim für zwei Wochen geschlossen worden.

Villingen-Schwenningen - Wegen eines Corona-Befunds beim Vater eines Patienten ist die Kinderkrebsnachsorgeklinik in Tannheim bei Villingen-Schwenningen geräumt worden. Man werde die Einrichtung bis zum 6. April schließen, teilte die Geschäftsführung mit. „Patienten, Begleitpersonen und Mitarbeiter werden für 14 Tage häuslich isoliert“, heißt es dort. Betroffen seien 60 Patienten, 100 Familienangehörige und 160 Mitarbeiter.

Der Tannheim-Geschäftsführer Roland Wehrle bestätigte einen Bericht des „Schwarzwälder Boten“, wonach der Vater eines jungen Reha-Teilnehmers auf dem obligatorischen Anmeldebogen verneint hatte, zuvor in einem Risikogebiet gewesen zu sein. Dies räumte er erst ein, als sein Sohn Krankheitssymptome entwickelte. Das Kind wurde allerdings negativ getestet. Anders der Vater: Am Montag lag das Ergebnis seines Abstrichs vor, am Dienstag wurde die Klinik geräumt.

Wie inzwischen bekannt ist, hatte sich der Mann vier Stunden im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen aufgehalten, dort die Niederlassung seines Arbeitgebers besucht und in einem Discounter eingekauft. Dies genügte offenbar für die Infektion. Heinsberg gilt bundesweit als der am stärksten betroffene Landkreis.

Der Mann habe „gelogen, um für seine Familie die Reha nicht zu gefährden“, sagte der Klinikleiter Wehrle. Oft müssen die Teilnehmer lange auf einen Rehaplatz in Tannheim warten und sehr mit ihren Krankenkassen ringen. Nun habe er aber durch sein unverantwortliches Handeln nicht nur seine eigene Familie, sondern auch alle anderen gefährdet, so Wehrle.

In Tannheim werden im vierwöchigen Rhythmus die Familien krebs-, herz- und mukoviszidosekranker Kinder und Jugendlicher zur Rehabilitation empfangen. Bei Mukoviszidose handelt es sich um eine seltene erbliche Lungenkrankheit. Für diese Patienten dürfte ein besonderes Risiko bestehen, wenn sie in Folge einer Corona-Infektion an Covid-19 erkranken. Auch Krebspatienten mit verringerter Immunabwehr sind gefährdet. Bisher gebe es aber noch keine weiteren bestätigten Fälle, erklärte die Klinik.

Reha muss vorzeitig enden

Wer zahlt für den Ausfall?

Man werde die Familien, die nun vorzeitig die Heimreise antreten mussten, bei einer erneuten Antragstellung behilflich sein, sagte Wehrle. Alle hatten sich gerade unter dem Eindruck der Corona-Krise in Tannheim sehr wohl gefühlt. Jetzt steht die Klinik unter finanziellen Druck. Die Sparkassenversicherung, bei der eine Betriebsunterbrechung abgesichert ist, hat bereits abgewinkt, den finanziellen Ausfall zu übernehmen. Corona sei nicht unter den versicherten Risiken. Die Klinik hofft nun auf Hilfe der Politik und hat mit dem Vizechef der CDU-Bundestagsfraktion Thorsten Frei Kontakt aufgenommen.

Ob der Vater in Haftung genommen wird, ist noch offen. „Das wäre für uns die letzte Option“, sagte der Co-Geschäftsführer Thomas Müller. „Der Mann hat schließlich ein chronisch krankes Kind.“