Laut neuer Modellrechnungen sterben im Durchschnitt 1,4 Prozent der symptomatischen Patienten mit COVID-19. Das Sterberisiko wäre demnach geringer als vermutet - aber nicht für alle Altersgruppen.
Laut Rohdaten aus Wuhan, dem Zentrum der COVID-19-Erkrankungen in China, liegt die Sterberate von Patienten mit symptomatisch verlaufender Infektion bei 4,5 Prozent (2169 Todesfälle bei 48.557 symptomatischen Infekten; Daten vom 29. Februar). Jedoch ist mit Blick auf die Infektionszahlen von einer womöglich beträchtlichen Dunkelziffer auszugehen. Diese einberechnet, kommt ein chinesisch-US-amerikanisches Forscherteam um Professor Joseph Wu vom WHO-Kollaborationszentrum der Universität Hongkong nun zu niedrigeren Mortalitätsraten (Nature Med 2020; online 19. März).
Folgt man der Modellrechnung der Wissenschaftler, liegt die Mortalität für symptomatische COVID-19-Infekte bei 1,4 Prozent. Patienten unter 30 Jahren haben demnach ein um 40 Prozent niedrigeres Sterberisiko als Patienten zwischen 30 und 59. Dieses Ergebnis ist statistisch allerdings nicht signifikant.
Höhere Sterberate bei Über-60-Jährigen mit COVID-19
Signifikant höher liegen die Sterbeziffern von Patienten über 60: Sie sterben rund fünfmal so häufig an symptomatischen COVID-19-Erkrankungen wie Patienten im Alter zwischen 30 und 59. Generell nimmt die Sterblichkeit im Alter zwischen 30 und 60 pro Jahr um rund vier Prozent zu.
Wu und Kollegen haben für ihre Berechnungen auch Daten von Flugpassagieren herangezogen, die das SARS-CoV-2-Virus aus Wuhan in die Welt getragen haben. Die Forscher hofften, dadurch ein realistischeres Bild der tatsächlichen Prävalenz symptomatischer Fälle zu erhalten.
Zu den weiteren Annahmen gehörten eine Basisreproduktionszahl von 1,94, ein serielles Intervall (Spanne vom Beginn der Erkrankung eines ansteckenden Falles bis zum Erkrankungsbeginn eines angesteckten Falles) von sieben Tagen und ein Zeitraum von 20 Tagen ab dem Beginn der Erkrankung bis zum Tod.
Gefährlichkeit liegt nicht so sehr in der Letalität von COVID-19
Zudem beruhten die Sterbeziffern für symptomatische Fälle auf Annahmen über die Wahrscheinlichkeit, mit der Infizierte Beschwerden entwickeln. Die oben angeführte durchschnittliche Sterblichkeit von 1,4 Prozent basiert auf der Annahme, dass 50 Prozent der Infizierten Symptome entwickeln. Die Sterblichkeit symptomatisch gewordener Fälle beträgt dann 0,3 Prozent für Patienten unter 30 Jahren, 0,5 Prozent für Patienten im Alter zwischen 30 und 59 Jahren und 2,6 Prozent für Patienten ab 60 Jahren.
Die Mortalitätsraten von COVID-19-Patienten mit Beschwerden sinken aber, je mehr Infizierte (unter einkalkulierter Dunkelziffer) Symptome entwickeln. Für Anteile von 75 Prozent und 95 Prozent liegt die Mortalität symptomatisch verlaufender Infektionen bei 1,3 bzw. 1,2 Prozent. Die höhere Gefährdung älterer Patienten bleibt dabei erhalten.
Düstere Prognosen zur SARS-CoV-2
Mit Blick auf die Belastbarkeit dieser Ergebnisse sind die zugrunde gelegten Modellannahmen zu berücksichtigen. Deutlich wird aber zumindest eines: Die Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 liegt nicht so sehr in der Letalität der Infektion.
Beispielsweise lag die weltweite Sterberate Infizierter der SARS-Pandemie von 2002/2003 weltweit bei 9,6 Prozent, bei Patienten ab 60 in Taiwan sogar bei 48,6 Prozent. Und die Sterblichkeit hospitalisierter MERS-Patienten betrug in Saudi-Arabien bis zu 40,7 Prozent.
Mit SARS-CoV-2 werden sich aber viel mehr Menschen infizieren. Daher wird auch die Zahl der Menschen, die an COVID-19 sterben, jene von SARS und MERS deutlich überschreiten.
Quelle: Ärzte Zeitung