Corona: Scherer lässt wegen Personalnot Kräfte bündeln / Kreistagsfraktionen unterstützen diese Linie klar
Ortenau/Oberkirch . Landrat Frank Scherer hat entschieden, das Krankenhaus Oberkirch ab Montag bis mindestens Ende Mai zu schließen. Die Entscheidung findet im Kreistag weitgehend Zustimmung. Die Schließung weiterer Standorte sei durchaus möglich, so Scherer.
Über die Maßnahme informierte der Landrat die Kreisräte in einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Darin bezeichnet er die Schließung wegen der Corona-Krise als "zwingend notwendig", damit das medizinische Personal im Krankenhaus Achern eingesetzt werden könne. Dort entstünde ein Personalengpass, weil eine zweite Intensivstation eröffnet wurde. Die Oberkircher Patienten würden auf andere Standorte aufgeteilt.
"Wichtig ist, dass es sich bei der Schließung um eine temporäre Maßnahme handelt", erklärt Scherer. Es handele sich nicht um eine strategische Entscheidung wegen der Klinikreform. "Leider kann ich im weiteren Verlauf nicht ausschließen, dass weitere Standorte wie Ettenheim, Kehl und Wolfach vorübergehend geschlossen werden müssen, um das dortige Personal an den anderen Standorten einsetzen zu können", so Scherer.
"In der Intensivmedizin und den Bereichen zur Behandlung Akuter Respiratorischer Erkrankungen wird viel Personal benötigt", erklärt Klinikum-Chef Christian Keller. Da sei es notwendig, diese Kräfte in entsprechenden Bereichen zusammenzuziehen. Das Ortenau-Klinikum gehe davon aus, dass die Corona-Epidemie eine maximale Anzahl an Beatmungsplätzen notwendig mache. "Zugleich muss sichergestellt werden, dass ausreichend Personal für die Versorgung von infizierten Patienten vorhanden ist, da die notwendigen Schutzmaßnahmen nochmals einen höheren Personaleinsatz verlangen", heißt es weiter. Kleinere Intensiv-Teams drohten bei nicht auszuschließenden Personalausfällen zusammenzubrechen. Das Ortenau-Klinikum habe darum seine Klinikstrukturen aufgehoben und bündele hausübergreifend seine Kräfte.
Scherer beruft sich auf die Landkreisordnung
Landrat Scherer beruft sich auf die Landkreisordnung. Darin ist festgehalten, dass in dringenden Angelegenheiten der Landrat alleine eine Entscheidung fällt, falls diese nicht bis zu einer "ohne Frist und formlos" einberufenen Sitzung des zuständigen Gremiums aufgeschoben werden könne.
Die Entscheidung an Kreistag und zuständigem Klinik-Ausschuss vorbei stößt auf Kritik von FDP-Kreisrat Karlheinz Bayer: Er stellt die Begründung für den Beschluss infrage, da von Donnerstag bis zur Schließung durchaus Gelegenheit gegeben wäre, eine Sitzung des Ausschusses einzuberufen. Erst in einer solchen wäre zu belegen gewesen, ob die Entscheidung "unvermeidbar" und "zwingend notwendig" sei, so der Kreisrat und Mediziner. Darüber hinaus unterlaufe eine Zentralisierung von Patienten und Personal die Quarantäne-Maßnahmen und steigere das Risiko der Verbreitung des Virus.
Besonnenere Töne schlägt hingegen eine gemeinsame Presseerklärung aller Fraktionsvorsitzenden der CDU (Wolfgang Brucker), Freien Wähler (Valentin Doll), Grünen (Alfred Baum), SPD (Kai-Achim Klare) und FDP (Carsten Erhardt) am Freitag an: "Wir alle sollten jetzt nicht polemisieren, sondern zusammenstehen und überlegen, wo wir noch ein wenig Hilfe leisten können", so die Fraktionsvorsitzenden. Wer sich jetzt als Rechthaber oder Besserwisser aufführe, schade der sachlichen Auseinandersetzung zu dem Thema.
Die Herausforderungen der aktuellen Krise würden durchaus auch neue Erkenntnisse bringen und Fragen aufwerfen, so die Erklärung. Schließlich habe man in den vergangenen Monaten hart um die Zukunft der Kliniken gerungen. Zu gegebener Zeit würden sich auch die Kreisgremien damit auseinandersetzen.
Breite Rückendeckung für den Landrat
"Aktuell ist wichtiger, alles zu tun, damit möglichst wenig Menschen durch die Pandemie zu Schaden kommen", schreiben Brucker, Doll, Baum, Klare und Erhardt in dem offenen Brief. Im Zentrum dieser großen Aufgabe stünden die Mitarbeiter des Gesundheitswesens und insbesondere des Ortenau-Klinikums. "Es ist uns wichtig, ihnen allen ganz besondere Anerkennung und großen Dank auszusprechen", so die Kommunalpolitiker.