Lehren aus der Krise – Teil I: Schutzausrüstung und Medikamente

Heftig diskutiert und Anlass für viel Unverständnis: In Deutschland sind weder Schutzmasken noch andere Schutzausrüstungen wie Einwegkittel verfügbar. Textilunternehmen rüsten ihre Produktion um und nähen statt T-Shirts jetzt Masken. Theaterschneiderein produzieren statt Kostümen…Masken. Viele Leute zu Hause setzen sich an die heimische Nähmaschine und nähen…Masken.

Desinfektionsmittel? Fehlanzeige! Chemiekonzerne stellen ihre Produktion um und produzieren jetzt die dringend benötigten Mittel. Spirituosenfirmen stellen ihr Ethanol zur Verfügung und verzichten auf die Produktion ihrer hochprozentigen Genussmittel.

Aber wir werden auch erleben (bzw. merken es ja bei einzelnen Medikamenten schon), dass bestimmte Arzneimittel nicht lieferbar oder nur schwer erhältlich sind.

Schmerzmittel, Antibiotika oder Antidepressiva – bei einigen Medikamenten wird es eng. Bei manchen gibt es bereits Engpässe, doch bisher konnten die Apotheker Fehlendes noch durch ähnliche Präparate ersetzen. Allerdings gibt es Lieferengpässe nicht erst seit dem Auftreten des Corona-Virus. Blutdrucksenker, Migränemittel und Schilddrüsenhormone fehlen immer wieder.

Ein Grund für die Schwierigkeiten: Die Produktion ist vor vielen Jahren nach China und Indien verlagert worden. Indien verhängt derzeit Exportverbote, um die eigene Bevölkerung in der Corona-Krise zu schützen, weil China kaum noch liefert. Die Wirkstoffe für viele gängige Arzneimittel werden fast komplett im außereuropäischen Ausland produziert.

Egal, ob Schutzmaske oder Medikament, ob Kittel oder Desinfektionsmittel – den Grund für den Mangel kann man mit einigen Schlagwörtern kurz benennen: Globalisierung, Ausschreibungen, Effizienz und Wirtschaftlichkeit.

Hier muss es ein schnelles Umdenken geben. Diese und weitere Materialien sind für das Funktionieren des Staates, nicht nur des Gesundheitswesens, überlebenswichtig, sprich: systemrelevant. Nimmt man dieses Wort „systemrelevant“ ernst, dann bedeutet dies, dass wir neben einer weit ausgebauten Reservebevorratung auch wieder in die eigene Produktion dieser Materialien einsteigen müssen. Wir müssen als Bundesrepublik und als EU Arzneimittelgrundstoffe, Schutzausrüstungen, Hilfsstoffe usw. selbst herstellen und uns somit unabhängiger machen von außereuropäischen Herstellern und weltumspannenden Lieferketten. Das kostet Zeit und Geld, richtig: Geld. Fakt ist, dass in diesem Falle die Produkte und Medikamente teurer werden würden. Die Folgen für Verbraucher, Patienten, aber auch für die Krankenkassen sind logisch. Steigende Kosten und steigende Beiträge.

Aber, eine Erfahrung aus dieser Krise: Das sollte es uns wert sein.