StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernKrankenhaus-Sterben in MV geht weiter

Geburtsstation Crivitz

Krankenhaus-Sterben in MV geht weiter

Crivitz / Lesedauer: 4 min

Das ist ein Schlag für Patienten und Mitarbeiter: Im Windschatten der Corona-Krise schafft der Mediclin-Krankenhaus-Konzern bittere Fakten für MV.
Veröffentlicht:09.04.2020, 16:25

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Die Geburtsstation im Mediclin-Krankenhaus Crivitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) schließt ungeachtet der Bemühungen der Politik nun doch. Eine Betriebsvereinbarung zum Sozialplan und Interessensausgleich regele die Schließung zum 30. Juni, teilte Mediclin-Sprecherin Gabriele Eberle am Donnerstag in Offenburg (Baden-Württemberg) mit. Dort hat der Krankenhaus-Konzern, der auch die Klinik in Waren/Müritz betreibt, seinen Hauptsitz.

Chefärztin wechselt zur Asklepios Klinik nach Parchim

Die amtierende Chefärztin wechselt nach Auskunft von Eberle bereits zum Mai an die Asklepios Klinik nach Parchim – als Chefärztin der dortigen Geburtsstation. „Inwieweit wir ab Mai aufgrund der Personalsituation in der Klinik noch die Versorgung der Geburtenstation aufrecht erhalten können, wird derzeit geprüft. Mindestens zeitweise Abmeldungen von der Versorgung scheinen nicht zu vermeiden zu sein”, erklärte Eberle zur Situation in Crivitz.

Der Asklepios-Konzern und sein Tochterunternehmen Mediclin verfolgen seit Längerem das Ziel, die Geburtshilfe und Frauenheilkunde in Parchim zu konzentrieren. Die Station in Crivitz sollte den Plänen zufolge bereits im Dezember 2019 geschlossen werden. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) hatte der Schließung bereits zugestimmt, wurde aber von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zurückgepfiffen und zu Nachverhandlungen verpflichtet. Der Landtag forderte einstimmig den Erhalt der Station. Es gab Proteste der Bevölkerung. Schließlich erwirkte die Regierung einen Aufschub. Bis Jahresmitte 2020 sollten Möglichkeiten für den Erhalt ausgelotet werden.

MV-Politiker mächtig angefressen

Doch die scheinen nicht gefruchtet zu haben. Entsprechend war das Echo in der Landespolitik. Mit völligem Unverständnis reagierte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Julian Barlen, auf das Aus der Geburtshilfe in Crivitz: „Der Alleingang des Klinikbetreibers ist angesichts der geltenden Verabredungen und der aktuellen Corona-Lage unverschämt.” Zur Geburtshilfe in Crivitz und Parchim hätten viele Beratungen mit der Regierung, dem Parlament, dem Landkreis und vor allem dem Klinikbetreiber stattgefunden, so Barlen. Dabei sei ein klares Verfahren verabredet worden: „Bis Ende Juni wird nichts geschlossen.”

Der Landrat und der Gesundheitsminister hätten sich laut SPD-Generalsekretär im Gegensatz zum Klinikbetreiber an diese Verabredungen gehalten. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Corona-Pandemie sei das Verhalten des Klinikbetreibers, durch die kalte Küche die Verabredung zu brechen und im Alleingang die Geburtshilfe zu schließen, nicht hinnehmbar.

„Im Windschatten der Corona-Krise Fakten schaffen”

Ähnlich empört zeigte sich der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sebastian Ehlers: „Mediclin hat noch im Dezember schriftlich zugesichert, dass die Geburtshilfe in Crivitz bis zur Erarbeitung eines Gesamtkonzepts und spätestens bis zum 30. Juni erhalten bleibt. Durch die jetzige Entscheidung wird die Vereinbarung mit dem Land und dem Landkreis Ludwigslust-Parchim einseitig aufgekündigt. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis.” Es entstehe der Eindruck, dass im Windschatten der Corona-Krise Fakten geschaffen werden sollten.

„Die Entscheidung des Klinikträgers Mediclin, die Geburtenstation in Crivitz nun endgültig zu schließen, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die in den letzten Monaten für den Erhalt der Geburtenstation und des Krankenhausstandortes gekämpft haben”, sagte Torsten Koplin, Gesundheitsexperte der Linksfraktion im Landtag. Es sei eine Unverfrorenheit, die Vereinbarung zwischen dem Land, dem Kreis und der Asklepios Klinik in Parchim vom 19. Dezember 2019, in der sich beide Kliniken auf den Erhalt jeweils einer Gynäkologie-Geburtshilfe-Vollversorgung an beiden Klinikstandorten verpflichtet hätten, einseitig zu berechnen.

„Jetzt ist Ministerpräsidentin Schwesig gefordert”

Nach Einschätzung Koplins zeichne sich nun ein zweiter Fall Wolgast/Anklam ab, bei dem eine gut funktionierende Geburtenstation zugunsten eines stark hilfebedürftigen Trägers teuer geschlossen werde. Der Linkspolitiker weiter: „Bereits jetzt ist mehr als fragwürdig, ob die Entscheidung in Crivitz der Geburtenstation in Parchim wirklich hilft. Diese ist trotz personeller Verstärkung über Ostern wieder einmal geschlossen.”

Abgesehen davon stehe nun offensichtlich der gesamte Krankenhausstandort Crivitz zur Disposition. Um den Standort zu halten, müsse eine Überführung in die öffentliche Hand nunmehr ernsthaft ins Auge gefasst werden, sagte Koplin. Und ergänzte: „Jetzt ist die Ministerpräsidentin gefordert, die Erarbeitung einer zukunftsfähigen Konzeption für beide Krankenhausstandorte zügig auf den Weg zu bringen, bevor weitere Tatsachen durch die Klinikbetreiber geschaffen werden.”