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Verhandlungserfolg

Doch keine Einzelverpackung von chirurgischen Kleinmaterialien erforderlich

© Robert / Adobe Stock

Nicht-sterile OP-Sets dürfen auch weiterhin in der Klinik verwendet werden. Das geht aus einem aktuellen Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hervor, das nach erfolgreichen Gesprächen mit Vertretern der DGOU verfasst wurde. Hintergrund ist die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Sie sieht vor, dass für eine bessere Rückverfolgung alle Medizinprodukte, auch Kleinteile wie Platten, Schrauben und Marknägel, in Einwegmaterialien verschweißt angeboten werden, um sie mit einem entsprechenden Label kennzeichnen zu können. Orthopäden und Unfallchirurgen kritisieren diese Neuregelung, da mit der Einzelverpackung OP-Zeiten verlängert und Ressourcen verschwendet würden. DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig hat neben DGOU-Präsident Prof. Dr. Dieter C. Wirtz die Verhandlungen mit dem BMG geführt und fasst in einem Interview die wichtigsten Fakten zur MDR und zu den Kritikpunkten zusammen.

So manch gesetzlicher Vorstoß erfolgt mit sehr ambitionierter Absicht, stößt im Praxistest jedoch schnell an seine Grenzen. So auch die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung 2017, die ab Mai 2020 verpflichtend gelten sollte, nun jedoch voraussichtlich um ein Jahr verschoben wird. Die neue Medical Device Regulation (MDR) sieht für die Zukunft vor, alle Medizinprodukte zur eindeutigen Identifikation zu kennzeichnen, damit die Patientensicherheit gestärkt wird und fehlerhafte Produkte einfacher zurückgerufen werden können. Das bedeutet, dass alle Implantate nur noch in Einwegmaterialien verschweißt angeboten werden, damit ein „Unique Device Identification (UDI)“ in Form eines scannbaren Labels darauf angebracht werden kann.

Dieser neue Standard betrifft jedoch nicht nur Endoprothesen, sondern auch stabilisierende Metallteile wie Platten, Schrauben und Marknägel. Zwar hat das sehr wohl Vorteile, da die Siebstruktur dadurch vereinfacht wird und aufwändige Sterilisation sowie Vorratsbildung wegfallen. Andererseits ist das auch eine sehr teure Lösung für Kliniken, und sie hat Auswirkungen auf standardisierte OP-Abläufe. Denn wenn jede Schraube oder Platte einzeln verpackt ist, muss sie während der OP erst einmal aus dem unsterilen Vorratswagen entnommen und ausgepackt werden. Das verlängert die OP-Zeiten deutlich, verändert eingespielte Abläufe und erzeugt Unmengen an Müll.

Politisch aktiv geworden
Da operierende Orthopäden und Unfallchirurgen unmittelbar davon betroffen sind, wollte die Fachgesellschaft diese Neuregelung nicht kommentarlos hinnehmen: DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig und DGOU-Präsident Prof. Dr. Dieter C. Wirtz suchten deshalb das Gespräch mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und überzeugten die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss von der Notwendigkeit, die Regelung kritisch zu überdenken. Gespräche mit der Firma Medartis AG und anderen Firmen ergaben, dass in Zukunft auch weiterhin nicht-sterile OP-Sets angeboten werden. Diese OP-Sets werden vor der Nutzung sterilisiert, meist in der Klinik.

Für die Zukunft gilt nun folgende Regelung: Die bewährten OP-Siebe und Schraubencontainer werden weiterhin zur Verfügung stehen. Demnach sind die UDI-Kennzeichnungspflichten mit dieser Praxis vereinbar. Die MDR erfordert keine Einzelverpackung von chirurgischen Kleinmaterialien. Im MDCG-Leitfaden der European Medical Coordination Group (MDCG) zur UDI-Kennzeichnung von Systemen und Behandlungseinheiten soll nun ein klarstellender Passus bezüglich des rechtlichen Status dieser nicht-sterilen OP-Sets und den entsprechenden UDI-Anforderungen aufgenommen werden.

Drei Fragen an den DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig, der die Verhandlungen für die DGOU führte:

Was hat Sie bewogen, dieses Thema beim BMG vorzutragen?

Pennig: Die Bevorratung mit einzelverpackten Kleinmaterialien in Orthopädie und Unfallchirurgie wurde von Kollegen nachdrücklich kritisiert. Wir haben dies aufgenommen und die Abläufe bewertet und letztendlich unsere Kritikpunkte und Bedenken dem Bundesministerium vorgetragen. Grundsätzlich ging es uns hier auch um den Patientenschutz, da das Auspacken von Kleinmaterialien einen wiederholten Kontakt zwischen unsteril und steril bei der Übergabe beinhaltet, neben einer wiederholt berichteten und nachvollziehbaren Verlängerung der OP-Zeiten.

Wie bewerten Sie das Ergebnis der Gespräche mit dem BMG?

Pennig: Die Gespräche waren äußerst konstruktiv. Die gemeinsam mit der Staatssekretärin Sabine Weiss anwesenden Dezernentinnen und Dezernenten waren ausgesprochen sachkundig und haben die Argumente nach unserer Auffassung sehr gut einordnen können.

Was leitet sich aus Ihrer Sicht für die Kliniken daraus ab?

Pennig: Die Kliniken erhalten durch diese Klarstellung die Entscheidungshoheit über das Vorgehen zurück. Die nach Verabschiedung der MDR in Brüssel entstandene Unsicherheit ist damit beseitigt und bezieht sich auch auf die Nachverfolgbarkeit der Kleinmaterialien.

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