Kommentar

Mit einem Buchhaltungskniff will der Zürcher Stadtrat die Last des Triemli-Bettenhauses abschütteln. Das ist fragwürdig

Der Versuch der Exekutive, sich der finanziellen Last des Bettenhauses Triemli mit einem Kniff zu entledigen, steht auf wackligen Füssen. Die Fehlplanung der Vergangenheit wiegt schwer.

Michael von Ledebur
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Zu teuer, zu gross, aus einer anderen Zeit: Das Bettenhaus Triemli beschert der Zürcher Politik nach wie vor Probleme.

Zu teuer, zu gross, aus einer anderen Zeit: Das Bettenhaus Triemli beschert der Zürcher Politik nach wie vor Probleme.

Karin Hofer / NZZ

Seit Jahren lastet das Bettenhaus des Triemlispitals wie ein Albdruck auf der Zürcher Politik. Es brachte das Stadtspital in finanzielle Schieflage. Der daraus folgende politische Druck sorgte nebst anderem dafür, dass sich die zuständige Stadträtin Claudia Nielsen (sp.) kurz vor den Erneuerungswahlen aus der Politik zurückzog. Nach wie vor sind die Probleme ungelöst. Dabei würde man beim Blick auf den schicken Bau nicht vermuten, wie viel Mühsal mit ihm verbunden ist. Das Problem ist auch nicht der Bau an sich, der als gelungen gilt und nicht mehr gekostet hat als veranschlagt. Das Problem ist, dass er aus einer anderen Zeit stammt.

Geplant wurde das Bettenhaus in den Nuller Jahren, als im Gesundheitswesen noch andere Spielregeln galten. Heute wird nach Fallpauschale abgerechnet, und die Infrastrukturkosten lasten auf jeder einzelnen Fallabrechnung. Das Bettenhaus ist überdimensioniert und im Unterhalt zu teuer. Zudem haben sich die Gewichte weg von der stationären und hin zur ambulanten Behandlung verschoben. Die Stadt Zürich kann den Bau bis heute nicht rentabel betreiben.

Mutmasslich ohne gesetzliche Grundlage

Die neue Führung mit Stadtrat Andreas Hauri (glp.) und Spitaldirektor André Zemp wollte sich mit einem gewaltigen Abschreiber von 176 Millionen Franken aus dieser misslichen Lage befreien. Die Folgen wären tiefere jährliche Abschreibungen und ein besseres finanzielles Resultat. Diese Absicht ist nachvollziehbar. Problematisch daran ist, dass der Stadtrat dabei mutmasslich ohne gesetzliche Grundlage handelt. Dieser Vorwurf steht im Raum.

Die Idee der Stadtspital-Verantwortlichen ist es, einen fiktiven Marktpreis für das Bettenhaus festzulegen. Aber diese Art der Buchhaltung steht auf tönernen Füssen. Das Zürcher Gemeindegesetz regelt gemäss dem kantonalen Gemeindeamt klar, in welchen Fällen eine Wertberichtigung vorzunehmen ist. Es geht um Handfestes – beispielsweise wenn ein Brand die Nutzung eines Gebäudes verunmöglicht. Hingegen ist keine Rede davon, dass eine Gemeinde den Wert anpassen kann, weil der Business-Case schlechter funktioniert als gedacht. Anders als private Spitäler sind die Stadtspitäler an die Fesseln des Gemeindegesetzes gebunden.

Ob die Zürcher FDP mit ihrer Aufsichtsbeschwerde beim Bezirksrat Erfolg haben wird, ist müssige Spekulation. Chancenlos ist die Beschwerde bestimmt nicht. Es würde nicht überraschen, müsste am Ende der Regierungsrat als letzte Instanz entscheiden, was gilt.

Eine Marktverzerrung zulasten anderer Spitäler

Problematisch an der Wertberichtigung ist weiter, dass es sich um eine Subvention der Zürcher Stadtspitäler durch die Stadt als Eigentümerin handelt. Das ist unüblich und eine Marktverzerrung – gerade auch, weil die Spitäler im Kanton Zürich in Konkurrenz stehen, wenn es um den Verbleib auf der Spitalliste geht. Es verwundert deshalb nicht, dass der Verband Zürcher Krankenhäuser den Schritt kritisiert.

So berechtigt die Fragen nach der Gesetzmässigkeit der Bewertungsmethode des Zürcher Stadtrats sind – dies ändert nichts daran, dass für das Bettenhaus eine Lösung gefunden werden muss. Anderen finanztechnischen Ansätzen, wie das Defizit zum Verschwinden gebracht werden könnte, hat das kantonale Gemeindeamt ebenfalls eine Absage erteilt. Und es ist nun einmal nicht möglich, ein Bettenhaus an eine Anwaltskanzlei unterzuvermieten. All dies verdeutlicht, wie schwer die Versäumnisse der Vergangenheit wiegen. Die Sünde, zu grosszügig geplant zu haben, lässt sich nicht so einfach aus der Welt schaffen.

Mehr von Michael von Ledebur (mvl)

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