Forch­hei­mer Kli­nik­lei­tung: „Poli­ti­sche Initia­ti­ven zur Steue­rung der Kran­ken­häu­ser lau­fen ins Leere“

Foto mit drei Per­so­nen: v.l. Land­rat Dr. Her­mann Ulm, Sven Oel­kers, Md B Andre­as Schwarz / Foto: Fran­ka Struve

„Gut gedacht, aber schlecht gemacht“

Andre­as Schwarz, Mit­glied im Haus­halts­aus­schuss und Rech­nungs­prü­fungs­aus­schuss des Bun­des­tags, infor­mier­te sich auf sei­ner Som­mer­tour im Kli­ni­kum Forch­heim-Frän­ki­sche Schweiz über die finan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Kri­se auf das kom­mu­na­le Krankenhaus.

Der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de des Kli­ni­kums, Land­rat Dr. Her­mann Ulm, begrüß­te den Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten im Haus in Forch­heim. 2018 erwirt­schaf­te­te das Kli­ni­kum einen Ertrag von rund 40 Mio. Euro. Für das Coro­na-Jahr 2020 kann Sven Oel­kers, Geschäfts­füh­rer der Kli­ni­kum Forch­heim-Frän­ki­sche Schweiz gGmbH, kei­ne Pro­gno­se auf­stel­len. Er rech­net mit einem star­ken Rück­gang an Behand­lungs­fäl­len an bei­den Stand­or­ten für 2020 bei gleich­blei­ben­den Kosten.

Das bis­he­ri­ge Finan­zie­rungs­sy­stem mit Fall­pau­scha­len – die Ver­gü­tung von sta­tio­nä­ren Lei­stun­gen pro Behand­lungs­fall – müs­se über­prüft wer­den, so Oel­kers. Die durch das Finan­zie­rungs­sy­stem gefor­der­te jähr­li­che Stei­ge­rung der Fall­zah­len sei nicht mit der hohen Zahl der Iso­lier­fäl­le durch COVID-19 oder ande­ren an stecken­den Krank­hei­ten ver­ein­bar, wenn in einem Mehr­bett­zim­mer nur ein zu iso­lie­ren­der Pati­ent lie­ge. Durch die Auf­for­de­rung auf elek­ti­ve, also plan­ba­re Ein­grif­fe zu ver­zich­ten, schie­be das Kli­ni­kum eine Wel­le von Ope­ra­tio­nen vor sich her, wel­che nicht ein­fach nach­ge­holt wer­den kön­nen, weil die Kapa­zi­tä­ten, wie Per­so­nal, ver­füg­ba­re Bet­ten oder Zeit­fen­ster im Ope­ra­ti­ons­saal, begrenzt sei­en bei gleich­zei­tig lau­fen­dem „Nor­mal­be­trieb“ unter Coro­na Bedingungen.

Der Geschäfts­füh­rer regt an, die Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung grund­le­gend zu refor­mie­ren: „Die Coro­na­pan­de­mie mit OP-Absa­gen und ent­spre­chen­der Iso­lie­rung von Ver­dachts­fäl­len sind mit den Anfor­de­run­gen des aktu­el­len Finan­zie­rungs­sy­stems, der stän­di­gen Lei­stungs­stei­ge­rung, unver­ein­bar“, sagt er. Für das Aus­nah­me­jahr 2020 for­dert Sven Oel­kers das coro­na-beding­te Defi­zit für die Kli­ni­ken aus­zu­glei­chen. „Das ist nicht bezahl­bar“, erwi­dert Andre­as Schwarz.

„Denk­wei­se anschubsen“

Der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te möch­te Leh­ren aus der Coro­na-Pan­de­mie zie­hen: „Wenn wohn­ort­na­he Kran­ken­häu­ser als Daseins­vor­sor­ge wahr­ge­nom­men wür­den, wären wir alle froh und hät­ten kei­ne Sor­gen für die Zukunft. Aber viel­leicht tra­gen die letz­ten Mona­te dazu bei, die Denk­wei­se in eine ande­re Rich­tung zu schub­sen. Die Auf­ga­be der Poli­tik muss es sein jetzt etwas zu ändern.“

Testung von Kran­ken­haus­mit­ar­bei­tern auf das Coronavirus

Sven Oel­kers erbost sich: „Am Anfang hieß die Devi­se‚ Koste es was es wol­le‘, jetzt ver­lie­ren wir uns im Klein­klein.“ Als Bei­spiel nennt er die poli­ti­sche Zusa­ge, dass sich in Bay­ern jeder auf das Coro­na­vi­rus testen las­sen dür­fe. Die not­wen­di­gen For­mu­la­re für die Kosten­über­nah­me der prä­ven­ti­ven Testung für Kran­ken­haus­mit­ar­bei­ter sei­en aber nach wie vor nicht ver­füg­bar. Die Inten­ti­on zur Ent­la­stung der Kran­ken­häu­ser sei gut gedacht in vie­len Geset­zes­ent­wür­fen und Initia­ti­ven, aber die Resul­ta­te, wel­che nach dem Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren bei den Kli­ni­ken ankom­men, sei­en eher kran­ken­haus­feind­lich, kri­ti­siert der 43-Jährige.

Andre­as Schwarz bit­tet den Geschäfts­füh­rer des Kli­ni­kums, auf­zu­zei­gen wo kon­kre­ter Hand­lungs­be­darf bestehe. Er wer­de die­se Punk­te bei den Gesund­heits­mi­ni­stern Mela­nie Huml und Jens Spahn vor­brin­gen. Der Ärzt­li­che Direk­tor des Kli­ni­kums am Stand­ort Forch­heim, Prof. Dr. Jür­gen Gschoss­mann, dankt Andre­as Schwarz für den Besuch: „Es ist sehr schön, dass Sie sich die Zeit genom­men haben.“