Aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 16.07.2020

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Aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 16.07.2020

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 16.07.2020 drei weitere krankenhausrelevante Entscheidungen getroffen. Gegenständlich waren die folgenden Verfahren:

1. B 1 KR 16/19 R – Unzulässigkeit der Kodierung ND T81.4 neben HD M00.84

2. B 1 KR 22/19 R – Fallzusammenführung auch bei dazwischentretenden Behandlungsfall

3. B 1 KR 15/19 R – Unzulässigkeit der Rückforderung von Aufwandspauschalen, die vor dem 01.01.2015 gezahlten worden sind

Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Grundlage der folgenden Ausführungen sind die Terminsberichte und die Entscheidungsgründe der Vorinstanzen, soweit diese zugänglich sind.

1. B 1 KR 16/19 R – Unzulässigkeit der Kodierung ND T81.4 neben HD M00.84

Zusammenfassung

Die ICD-10-GM 2011 T81.4 (Infektion nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert) darf nicht neben der Hauptdiagnose ICD-10-GM 2011 M00.86 (Arthritis und Polyarthritis durch sonstige näher bezeichnete bakterielle Erreger: Unterschenkel [Fibula, Tibia, Kniegelenk]) kodiert werden, da beide Diagnosen dasselbe Krankheitsgeschehen abbilden.

Sachverhalt und Entscheidung

Der bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte Patienten litt an einer chronischen Synovitis mit Gelenkerguss, weswegen mehrfach ambulant punktiert und schließlich eine Arthroskopie durchgeführt werden musste. Nach Wiederauftreten der Beschwerden und Vorlage der Abstrichbefunde (Escherichia coli und Enterokokken) wurde der Versicherte in der Zeit vom 29.03. bis 06.04.2011 noch einmal stationär in dem Krankenhaus der Beklagten behandelt. Einweisungsdiagnose: Zustand nach Arthroskopie linkes Kniegelenk, Spülsaugdrainage linkes Kniegelenk. Entlassungsdiagnose: Binnenschädigung des Kniegelenks links; Gelenkerguss Kniegelenk links. Therapie: Gelenkspülung am 30.03.2011 mit Drainage, aseptisch: Kniegelenk OPS 5-810.0h – Hinweise auf eine Entzündung fanden sich dabei nicht; arthroskopische Gelenkrevision am 04.03.2011 mit Resektion einer Plica-Synovialis; Umstellung der Antibiotikagabe auf Ampicillin intravenös.

Das beklagte Krankenhaus (KH) führte die Fälle zusammen. Nach insgesamt vier vorgerichtlichen MDK Gutachten rechnete das KH 6.254,32 Euro nach DRG I12A auf Grundlage der Kodierung der (nunmehr unstreitigen) Hauptdiagnose M00.86 und der Nebendiagnose T81.4 ab. Die KK zahlte diesen Betrag zunächst, forderte später jedoch 3.383,05 Euro mit der Begründung zurück, dass die ND T81.4 nicht zu kodieren sei.

Das Sozialgericht (SG) gab der Klage der KK statt und verurteilte das KH auf Rückzahlung. Begründend führte das SG aus, neben der unstreitigen HD ICD-10-GM 2011 M00.86 sei die ND ICD-10-GM 2011 T81.4 nicht kodierfähig, weil die bestehende Infektion – über die ambulant eingeleitete und stationär weitergeführte Gabe von Antibiotika hinaus – keinen weiteren therapeutischen oder sonstigen relevanten Versorgungsaufwand erfordert habe.

In der dagegen erhobenen Berufung wendete das KH gegen das Urteil des SG ein, dass die Kodierung der ICD-10-GM 2011 T81.4 die Verursachung der Infektion durch einen Eingriff unabhängig von der Hauptdiagnose verdeutliche. Andernfalls komme nicht zum Ausdruck, dass der Versicherte unter einer postoperativen Gelenkinfektion gelitten habe.

Das Landessozialgericht (LSG) bestätigte das Urteil des SG und wies die Berufung des KH zurück. Die Kodierung einer Nebendiagnose könne nur dann erfolgen, wenn es sich dabei um eine „andere Krankheit“ handele als die, die schon mit der Hauptdiagnose erfasst wurde. Dies sei hier mit Blick auf die T81.4 einerseits und der M00.84 andererseits nicht der Fall, da beide Schlüssel denselben Sachverhalt – nämlich eine Infektion an einem Körperteil/Organ – erfassten.

Das Bundessozialgericht BSG hat die dagegen gerichtete Revision des KH zurückgewiesen. T81.4 sei nicht als Nebendiagnose zu kodieren. Weder lägen die Voraussetzungen zur Kodierung als Nebendiagnose nach DKR D003i, noch zur Mehrfachkodierung nach DKR D012i vor.

Vorinstanzen:

Sozialgericht Gelsenkirchen – S 17 KR 436/14 vom 20.02.2018

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – L 5 KR 213/18 vom 24.01.2019

Einordnung

Leider gibt der bislang nur veröffentlichte Terminsbericht allein das Ergebnis des Revisionsverfahrens wieder. Die Gründe, weswegen das BSG hier die Argumentation des KH ablehnt, sind noch nicht ersichtlich, hierfür bleiben die in wenigen Wochen erscheinenden detaillierten Entscheidungsgründe abzuwarten.

Auffällig ist aber in der Zusammenschau der vorinstanzlichen Urteile S 17 KR 436/14 und L 5 KR 213/18, dass sich die Argumentation nach mehrfachen MDK-Stellungnahmen und dem gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von der ursprünglichen Frage spezifischen Ressourcenaufwandes für T81.4 wegbewegt hatte. Denn Kernargument des LSG für die Ablehnung der T81.4 ist, dass „die Kodierung einer Nebendiagnose nur dann erfolgen kann, wenn es sich dabei um eine „andere Krankheit“ handelt, als die, die schon mit der Hauptdiagnose erfasst wurde“ (Rdnr. 63).

Eine „anderen Krankheit“ ist an keiner Stelle als Voraussetzung für die Kodierung einer Nebendiagnose vorgeschrieben. Dabei stellt sich schon die Frage, was das LSG unter einer „anderen Krankheit“ überhaupt versteht. Die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte der klinisch, philosophisch, ökonomisch, soziologisch oder rechtlich geprägten Versuche zu bestimmen, was eine Krankheit ist, füllt – im Sinne des Wortes – ganze Abteilungen von Bibliotheken. Bereits in der juristischen Profession selbst fungieren differierende Begriffsbestimmungen. Nach welchen Parametern eine „andere Krankheit“ für die Zulässigkeit einer Nebendiagnose abgegrenzt werden soll, bleibt das LSG gänzlich schuldig. Ohnehin definiert die ICD Diagnosen und keine „Krankheiten“.

Überspitzt betrachtet, könnte man die Frage stellen, ob nach der Vorstellung des LSG überhaupt noch Nebendiagnosen kodierbar sind, wenn der Patient in seinem Zustand insgesamt als „krank“ bezeichnet wird.

Mag man die zuvor angekratzten Aspekte auch wegdiskutieren; es wird aber dennoch deutlich, dass für die Kassen ein weiter, bislang so nicht dagewesener Spielraum für die Argumentation offensteht, bei der Nebendiagnose handele es sich nicht um eine „andere Krankheit“ als die Hauptdiagnose. Dieser Spielraum wird dann wie üblich maximal ausgenutzt werden.

Schlicht systembedingt perfide ist dabei, dass solche Rechtsprechungsinnovationen regelmäßig dazu führen, dass für eine Zeit lang Kosten und Vergütung auseinanderfallen. Die Vergütung ist dann noch nach der „alten“, herkömmlichen Auslegung berechnet (hier: ohne Ausschluss von weiteren Nebendiagnosen per Krankheitsbegriff), kodiert werden muss aber bereits nach der neuen Auslegung (hier: unter Ausschluss von Nebendiagnosen). Für diese Phase bleibt dann eine erbrachte Leistung und eine mit ihr verbundener Aufwand unvergütet. Das ist ein im höchsten Maße unbefriedigender Effekt, dem die Rechtsprechung leider gewohnt gleichgültig gegenübersteht. Die „Gewöhnung“ lässt grüßen.

Es bleibt die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe abzuwarten, ob der skizzierte Ansatz des LSG tatsächlich so vom BSG bestätigt worden ist. Wir werden berichten.

2. B 1 KR 22/19 R – Fallzusammenführung auch bei dazwischentretenden Behandlungsfall

Zusammenfassung

Bei drei Krankenhausaufenthalten eines Versicherten im selben Krankenhaus innerhalb von 30 Kalendertagen ist eine Zusammenführung der Falldaten des ersten und des dritten Krankenhausaufenthaltes nach § 2 Abs 2 Nr. 2 Fallpauschalenvereinbarung 2015 möglich, wenn die Fallpauschalen für diese Behandlungen derselben Hauptdiagnosegruppe angehören.

Sachverhalt und Entscheidung

Das klagende KH hatte die Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen dreimal wiederaufgenommen. Der erste und der dritte Fall waren der gleichen MDC zugeordnet, wobei der erste in die medizinische, der dritte Fall in die operative Partition einzugruppieren war. Der dazwischenliegende zweite Behandlungsfall war hingegen einer anderen MDC zuzuordnen. Die beklagte KK forderte die Fallzusammenführung des 1. und 3. Behandlungsfalles, für die, wie dargestellt, die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 FPV 2015 vorlagen. Dem widersprach das KK und argumentierte, der zweite Krankenhausaufenthalt entfalte eine Zäsur, so dass eine Fallzusammenführung des ersten und dritten Aufenthalts nicht mehr möglich sei. Nach erfolgter Verrechnung des Differenzbetrages erhob das KH Klage zum SG.

Das SG hat die Klage des KH abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung hat das LSG ebenfalls zurückgewiesen. Das LSG ist dabei der Auffassung, dass sich der Passus „die zuvor abrechenbare Fallpauschaleallein auf die innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe befindlichen Krankenhausaufenthalte bezieht. Für die Fallzusammenführung nach § 2 Abs. 2 FPV sind nur die innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe liegenden Krankenhausaufenthalte in den Blick zu nehmen. Ggf. dazwischenliegende weitere Aufenthalte mit einer anderen Hauptdiagnosegruppe sind unerheblich und nicht in die Betrachtung einzubeziehen. Sie haben keine Zäsurwirkung, denn eine solche Bedeutung kann dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 FPV nicht entnommen werden.

Das BSG hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und die Auffassung des LSG bestätigt. Damit setzt eine Fallzusammenrechnung lediglich voraus, dass die „zuvor“, d.h. die im zeitlich früheren Aufenthalt abrechenbare Fallpauschale in die „medizinische Partition“ oder in die „andere Partition“ und die „anschließende“ – also die im zeitlich späteren Aufenthalt – abrechenbare Fallpauschale in die „operative Partition“ einzugruppieren ist. Ein dazwischen liegender Behandlungsfall spielt keine Rolle, sofern die Wiederaufnahme zu Fall drei innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Falles erfolgt.

Vorinstanzen:

Sozialgericht Karlsruhe – S 9 KR 871/18, 14.11.2018

Landessozialgericht Baden-Württemberg – L 11 KR 4533/18, 23.07.2019

Einordnung

Das zugrunde liegende Problem wurde bislang unterschiedlich beurteilt. Das Bayrische Landessozialgericht, hatte jüngst noch mit seinem Urteil vom 19.03.2019 (L 20 KR 148/18) exakt das Gegenteil entschieden, und zwar ebenfalls mit dem Verweis auf den vermeintlich klaren Wortlaut des § 2 Abs. 2 FPV:

„Nach dem primär maßgeblichen Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FPV 2015 ist für eine Fallzusammenführung auf die unmittelbar vorausgehende abrechenbare Fallpauschale abzustellen. Dies ist vorliegend bezogen auf den dritten Behandlungsfall (DRG E02C) der zweite Behandlungsfall (DRG X62Z). Der Wortlaut von Nr. 2 stellt allein auf den zeitlichen Zusammenhang mit der zuvor abrechenbaren Fallpauschale ab, unabhängig davon, zu welcher Hauptdiagnosegruppe sie gehört. Es geht allein um „die“ zuvor abrechenbare Fallpauschale, nicht um (irgend)eine zuvor abrechenbare Fallpauschale (innerhalb von 30 Kalendertagen). Maßgeblich kann deshalb nur eine einzige Fallpauschale sein, nämlich die für den unmittelbar vorausgehenden Behandlungsfall, egal welcher Hauptdiagnosegruppe sie angehört.“

Das LSG Baden-Württemberg hatte mit seinem nunmehr durch das BSG bestätigten Urteil mit Verweis auf „strenge Wortlauslegung“ exakt das Gegenteil entschieden.

Nüchtern betrachtet hat das BSG hier wenig überraschend einmal mehr die möglichst krankenhausfeindliche Auslegung des „eindeutigen“ Wortlauts vorgenommen. Dies zeigt, dass auch der vermeintlich eindeutige Wortlaut mitunter nur kraft gewillkürter richterlicher Erkenntnis eindeutig wird. Auch hier tritt dann der Effekt einer vorübergehend unzureichenden Vergütung ein, wie er für den vorherigen Fall beschrieben wurde. Darin liegt das eigentliche Defizit solcher „Wortlautauslegungen“, nämlich dass sie blind bleibt für den Kontext und die Wirkungen. Hier wäre es möglich und geboten, die Funktionalität der DRG-Systematik als lernendes System zu unterstützen, statt immer und immer wieder Unausgewogenheit zu befördern.

3. B 1 KR 15/19 R – Unzulässigkeit der Rückforderung von Aufwandspauschalen die vor dem 01.01.2015 gezahlten worden sind

Zusammenfassung

Die Rückforderung von vor dem 01.01.2015 gezahlten Aufwandspauschalen AWP verstößt gegen Treu und Glauben und ist damit rechtswidrig.

Sachverhalt und Entscheidung

Die AOK Rheinland/Hamburg forderte im August 2015 AWP für 71 Fälle zurück, in denen die durchgeführte MDK-Prüfung zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hatte. Dabei berief sich die KK auf die zwischenzeitlich ergangenen AWP-Urteile des BSG vom 1.7.2014 und vom 14.10.2014 und behauptete, es habe sich um Prüfungen der sachlich- rechnerischen Richtigkeit gehandelt.

Das SG hat die Klage der KK auf Erstattung der geleisteten AWP abgewiesen, weil dem Krankenhausträger auch für diese MDK-Prüfungen die Aufwandspauschale zustehe. Die Differenzierung seitens des Bundessozialgerichts zwischen sachlich-rechnerischer Richtigkeitsprüfung und Auffälligkeitsprüfung sei unzutreffend und rechtlich unhaltbar. Auf die Berufung der KK hat das LSG das SG-Urteil geändert und die Beklagte zur Zahlung von 21. 300 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit verurteilt. Die Beklagte habe in den streitig gebliebenen 71 Abrechnungsfällen keinen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale gehabt. Der Erstattungsanspruch sei weder durch das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot noch nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

Das BSG hat der Berufung teilweise stattgegeben und solche Rückforderungen für AWP für unzulässig erklärt, die vor dem 01.01.2015 gezahlt worden sind. Das BSG führt aus, dass die frühere Verwaltungspraxis und das gemeinsame Verständnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern seit Einführung des Fallpauschalensystems nicht zwischen der Wirtschaftlichkeitsprüfung und der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit unterschieden habe. Auf diese gemeinsame Verwaltungspraxis durften die Krankenhäuser vertrauen. Ihr Vertrauen wurde erst durch Bekanntwerden und Auswertung des Urteils vom 1.7.2014 Ende des Jahres 2014 erschüttert, so dass sie sich bis Ende 2014 insoweit gegenüber Krankenkassen auf Treu und Glauben berufen konnten. Ab 01.01.2015 war dieses Vertrauen angesichts der Diskussion des Urteils vom 01.07.2014 in der Fachöffentlichkeit bei generalisierenden Betrachtungsweise jedoch erschüttert, so dass Krankenhäuser nicht darauf vertrauen durften, für sachlich-rechnerische Prüfungen ab 01.01.2015 vorbehaltlos gezahlte Aufwandspauschalen endgültig behalten zu dürfen.

Vorinstanzen:

Sozialgericht Aachen – S 13 KR 410/15, 13.09.2016

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – L 5 KR 738/16, 13.12.2018

Einordnung

Das hochemotionale Thema AWP ist mit der mit dem Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V mit dem Krankenhausstrukturgesetz zum 01.01.2016 die Grundlage entzogen worden, so dass uns trotz der Bestätigung durch das Bundesverfassungsgericht heute nur noch eine abnehmende Anzahl „Altfälle“ beschäftigt. Jedenfalls für die Konstellationen, in denen die AWP vor dem 01.01.2015 gezahlt haben, hat das BSG jetzt zu Gunsten der KH entschieden.

Dabei hat der 1. Senat aber bereits im Terminbericht ausdrücklich betont, dass die Krankenhäuser nach der durch das Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung zur sachlich-rechnerischen Richtigkeit grundsätzlich verpflichtet bleiben, unrechtmäßig kassierte AWP zurückzuzahlen. Allein der Umstand, dass die frühere Rechtsprechung des BSG und die Verwaltungspraxis der Parteien seit der Einführung des DRG-Systems keiner Differenzierung zwischen sachlich-rechnerischer und einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen hatten, rechtfertigt hier ausnahmsweise Vertrauensschutz der Krankenhäuser bis zum 31.12.2014.

Damit ist schon dem Terminsbericht zu entnehmen, dass das Urteil nicht auf Konstellationen übertragen werden kann, in denen die KK die Aufwandspauschale gar nicht erst gezahlt hat.

Einschränkend ist weiterhin festzuhalten, dass der Vertrauensschutz hier auf einer gefestigten Rechtsprechung beruht. Danach kann aus einer ungefestigten Rechtsprechung zu einem Problemfeld – jedenfalls auf der Grundlage der hier gegenständlichen Entscheidung – voraussichtlich kein Vertrauensschutz folgen.

Nichts desto weniger setzt diese Entscheidung ein Signal, dass die ungezügelten Rückforderungen der Kassen, wie sie reflexartig nach den unvorhersehbaren Entscheidungen des BSG der vergangenen Jahre vorgenommen worden ist, doch nicht in jedem Fall von der Seite des 1. Senats durchgewunken wird. Denn ausdrücklich weist der 1. Senat darauf hin: „Andererseits sind Krankenkassen und Krankenhäuser aber auch zu einer engen Kooperation im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und gegenseitigen Rücksichtnahme im Interesse der zu versorgenden GKV-Versicherten verpflichtet.“ Die Frage, ob das BSG den Kassen die Grenzen im Rahmen dieser Verpflichtung künftig auch in anderen Fällen enger setzt, ist damit aber noch nicht beantwortet.

 

André Bohmeier                      Julia Zink, LL.M.
Rechtsanwalt                            Rechtsanwältin