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Behandlungsfehler im SpitalDem Patientenschutz droht das Geld auszugehen

Bei chirurgischen Eingriffen am Herzen können Fehler fatal sein. Um solche zu vermeiden, betreibt die Stiftung für Patientensicherheit ein Fehlermeldesystem.

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Der 70-jährige A.M. muss sich wegen einer Verengung der Herzkranzgefässe im Spital einer Bypassoperation unterziehen. Der eigentliche operative Eingriff verläuft gut, doch auf der Bettenstation wird er Opfer zahlreicher Behandlungsfehler. So ist das Medikament zur Verhinderung eines Lungenödems zu niedrig dosiert, die Dauerinfusion hingegen doppelt so hoch eingestellt wie nötig. Zudem hat der Mann einen blutdurchtränkten Verband um seinen Brustkorb, was ein Infektionsrisiko darstellt. Die zur Blutentnahme bereitgestellten Röhrchen sind mit einem falschen Patientennamen beschriftet. Und obwohl A.M. eine Glutenunverträglichkeit hat, steht auf dem Beistelltisch Weizen-Zwieback. Schliesslich ist die Rufglocke für den frisch operierten Patienten ausser Reichweite und der Behälter für Desinfektionsmittel leer.

Zum Glück werden in Schweizer Spitälern selten so viele Fehler auf einmal gemacht. Der fiktive Patient Anxius Magnus befindet sich in einem sogenannten Room of Horrors. Dies ist ein Trainingsraum, in dem Mitarbeitende anhand einer simulierten Situation reale Fehlerquellen im Spitalalltag erkennen müssen. Sechs solche Horrorräume hat die Stiftung Patientensicherheit Schweiz konzipiert, um das Personal in Spitälern zu schulen. Die Resultate der Schulung in diesen Simulationsräumen wertet die Stiftung aus, damit die Spitäler allfällige Schlüsse zur Verhinderung von Behandlungsfehlern ziehen können.

Direktor warnt vor Grounding

Die 2003 gegründete Stiftung ist die einzige Organisation, die sich in der Schweiz umfassend um Patientensicherheit in Spitälern, bei der Spitex und in anderen Gesundheitsinstitutionen wie Pflegeheimen kümmert. Doch nun sieht sich die Stiftung in ihrer Existenz gefährdet, weil der Bund die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen von Grund auf neu regelt. Die Neuorganisation hat zur Folge, dass aus dem Finanzierungstopf nur noch konkrete Projekte zur Verbesserung der Patientensicherheit finanziert werden, beispielsweise Untersuchungen zu schwerwiegenden Patientenschädigungen, zu Infektionen bei chirurgischen Eingriffen oder Schulungsprojekte wie die Rooms of Horrors.

Aber für den eigentlichen Betrieb einer Organisation wie der Stiftung für Patientensicherheit sind keine Finanzierungsbeiträge mehr vorgesehen. Bisher wurde der Betrieb mit Beiträgen von Bund und Kantonen finanziert. Doch diese Sockelfinanzierung fällt ab 2021 weg. Laut David Schwappach, Direktor der Stiftung, droht deshalb ein Grounding seiner Organisation. Bis zur Mitte des nächsten Jahres brauche es dringend eine Lösung, damit er die Löhne seiner zehn Mitarbeiter weiter bezahlen könne. Das jährliche Budget beträgt rund 3 Millionen Franken.

Das Problem liegt gemäss Schwappach in einem Denkfehler, der bei der Ausarbeitung der neuen Verordnung gemacht wurde. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gehe davon aus, dass sich Organisationen im Bereich der Patientensicherheit ausschliesslich über Projektbeiträge finanzieren könnten. Dies sei aber nicht möglich. Denn für Projekte seien oft monatelange Recherchen und Vorbereitungsarbeiten nötig. «Damit wir überhaupt wissen, wo und wie Probleme mit der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit auftreten und welche Lösungen sich anbieten, müssen wir zuerst Grundlagen erarbeiten», sagt Schwappach. Dafür brauche er festangestellte Experten, die sich kontinuierlich mit Patientensicherheit beschäftigten, sich proaktiv einschalteten und ihr Wissen einbrächten.

Jahrelange Aufbauarbeit gefährdet

Auch der Betrieb des Fehlermeldesystems Cirrnet, in das Spitäler und andere Institutionen kritische medizinische Vorkommnisse einspeisen, sei mit dem Wegfall der Betriebsfinanzierung gefährdet, warnt Schwappach. In der Covid-19-Krise erweist sich diese Meldeplattform als besonders hilfreich. Denn bei der Behandlung der Covid-Patienten befindet sich die Medizin in einem laufenden Lernprozess. Das Fehlermeldesystem dient dazu, auf nationaler Ebene möglichst viele Informationen zu sammeln und an die Fachkreise weiterzuleiten.

Bis Mitte nächsten Jahres sei die Finanzierung der Stiftung noch gesichert, sagt Schwappach. Da die Verordnung zur Qualitätsvorlage wegen der Corona-Krise frühestens im Frühling 2021 in Kraft tritt, haben Bund und Kantone der Stiftung zur Überbrückung einen Beitrag von insgesamt 1,1 Millionen Franken bewilligt. Wer ab Mitte Jahr die bisherigen Aufgaben zur Patientensicherheit übernimmt, entscheidet eine neu eingesetzte eidgenössische Qualitätskommission, die ihre Arbeit aber auch frühestens im Frühling aufnimmt.

Aufgrund des Verordnungsentwurfs kann die neue Qualitätskommission zwar mit Dritten wie der Stiftung für Patientensicherheit Leistungsvereinbarungen abschliessen. Jedoch ist unklar, ob der entsprechende Auftrag zuerst öffentlich ausgeschrieben werden muss. Selbst wenn die Stiftung für Patientensicherheit den Zuschlag erhalten sollte, müsse er den Betrieb vorübergehend herunterfahren, sagt Schwappach. Denn ein Vergabeverfahren dauert in der Regel rund ein Jahr. «Eine über Jahre aufgebaute Organisation mit Experten kann jedoch nicht Mitte Jahr runtergefahren und 12 Monate später wieder in Betrieb genommen werden.»

Schwappach hofft, dass der Bundesrat nachbessert und die Rolle der Stiftung für Patientensicherheit explizit in der Verordnung festschreibt. Als Vorbild könnte der Leistungsvertrag des Bundes mit Pro Senectute dienen, der neben den Aufgaben auch die Abgeltung durch den Bund regelt.

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