Coronavirus
Basler Studie abgeschlossen – aber die Wirkung des Blutplasma von Genesenen ist noch nicht gesichert

Antikörper von Personen, die Covid-19 hatten, sollen bei Kranken die Heilung beschleunigen. Doch die Studien gestalten sich schwierig.

Annika Bangerter, Sabine Kuster
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Genesenen Corona-Patienten wird Blut genommen um daraus Plasma mit Antikörpern zu gewinnen, hier im Rajarbagh Spital in Bangladesh.

Genesenen Corona-Patienten wird Blut genommen um daraus Plasma mit Antikörpern zu gewinnen, hier im Rajarbagh Spital in Bangladesh.

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Die Idee leuchtet sofort ein: Die Antikörper im Blut von Genesenen könnten schwer erkrankten Corona-Patienten helfen. Und sie ist nicht neu: Der Medizinforscher Emil von Behring hat schon vor über 100 Jahren Kindern, die an Diphtherie erkrankten, das Blutserum von Tieren gespritzt, die vorher gegen die Krankheit immun gemacht worden waren. Auch bei anderen viralen Krankheiten wird versucht, die Heilung mit Blutserum von Genesenen zu beschleunigen.

Seit das Coronavirus aufgetaucht ist, versuchten es Mediziner auf der ganzen Welt mit dieser Methode. Dies auch, weil zuerst keine anderen Therapien da waren, die halfen.

54 Genesene spendeten ihr Blut dafür

Ob das Blutplasma von Genesenen aber auch bei Covid-19 tatsächlich hilft, muss geprüft werden, damit die Therapie in der Schweiz offiziell zugelassen werden kann. Das Team der Infektiologie und Spitalhygiene vom Universitätsspital Basel hat gemeinsam mit dem Blutspendezentrum beider Basel seit dem Frühling eine Studie dazu durchgeführt.

15 Patienten, die in der ersten Welle an Covid-19 erkrankten, wurde Blutplasma von Genesenen injiziert. Geplant wäre eine grössere Studie gewesen, doch es waren nicht genügend Kliniken bereit mitzumachen, wie Andreas Buser, Chefarzt und Geschäftsführer des Blutspendezentrums Basel erklärt.

Andreas Buser, Geschäftsführer Blutspendezentrum.

Andreas Buser, Geschäftsführer Blutspendezentrum.

Blutspende-Basel

Das Blutplasma, welches die Patienten erhielten, stammte von 54 Genesenen. «Bei drei von ihnen stellten wir keine Antikörper im Blut fest», sagt Buser, «weshalb wissen wir nicht.» Die Spender wurden davor drei Mal auf Corona getestet, um sicher zu gehen, dass sie genesen waren. Das Blut wurde zudem auf Hepatitis, Syphilis und weitere übertragbare Krankheiten untersucht und mögliche andere Krankheitserreger im Blut wurden unschädlich gemacht.

Keine Nebenwirkungen für die Patienten

«Die 15 Patienten, denen wir die Antikörper verabreichten, wiesen alle einen schweren Verlauf auf und benötigten Sauerstoff», sagt Buser. «Sie befanden sich aber intw einem frühen Stadium der Krankheit». 14 der Patienten genasen, einer starb. Dieser war aus einem anderen Spital überwiesen worden und hatte starke Organschäden.

Nebenwirkungen der Therapie habe man keine gesehen und das entspreche auch den Erfahrungen von Medizinern aus anderen Ländern, sagt Studienleiterin Nina Khanna, leitende Ärztin Infektiologie und Spitalhygiene in Basel.

Nina Khanna, Infektiologin.

Nina Khanna, Infektiologin.

Unibas

Doch wie viel hat die Transfusion bewirkt? Die 15 Patienten wurden mit 30 anderen verglichen, die kein Blutplasma erhalten hatten, aber bezüglich Alter, Schweregrad der Krankheit und Eintrittszeitpunkt ins Spital mit jeweils einem der Studienteilnehmer vergleichbar waren. «Wir stellten bezüglich Heilung leicht bessere, aber keine riesigen statistisch signifikanten Unterschiede fest», sagt Nina Khanna. Jedoch habe man beobachtet, dass sich ein Protein, das zur Entzündungsmessung verwendet wird, schneller normalisierte.

Der grosse Nutzen ist noch nicht belegt

«Ob die Plasmatherapie tatsächlich nützt, wissen wir noch nicht definitiv», bilanziert Andreas Buser vom Blutspendezentrum Basel. «Es bräuchte eine Studie mit mindestens 400 Teilnehmenden mit ähnlichem Krankheitsstadium, wobei der einen Hälfte Blutplasma mit Antikörpern und der anderen Hälfte Blutplasma ohne Antikörper verabreicht werden müsste.»

Eine zweite Studie wurde in Zürich durchgeführt. Laut Markus Manz, Direktor der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie wird diese im Dezember ausgewertet. In China musste eine Studie wegen zu wenige Fällen abgebrochen werden. Eine in den Niederlanden wurde vorzeitig beendet, da die Patienten selbst rasch Antikörper entwickelt hatten. Eine grosse Studie der amerikanischen Mayo Clinic zeigte immerhin Hinweise auf einen Nutzen.