L 9 KR 539/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 166 KR 2661/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 539/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine individuelle endoprothetische Versorgung ist nicht bereits deshalb wirtschaftlich i.S. des § 12 SGB V, weil sie gemäß § 137c SGB V in der stationären Behandlung erbracht werden darf.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausleistungen.

Die Klägerin ist Trägerin der "Hklinik Berlin" einer chirurgischen Spezialklinik, die u.a. mit den Fachgebieten Orthopädie, Venen- und Dermatochirurgie, HNO-Heilkunde, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und Allgemeine Chirurgie in den Krankenhausplan (2016) des Landes Berlin aufgenommen ist.

Die Hklinik behandelte in der Zeit vom 12. Juni 2014 bis zum 24. Juni 2014 den bei der Beklagten Versicherten So(geboren 1938) mit der (Einweisungs-) Diagnose Gonarthrose rechtes Knie. Die Klägerin implantierte dem Versicherten eine individuelle CAD-CAM-Design Totalendoprothese, zementiert (Typ iTotal, Firma ComforMIS) oh-ne Patellaersatz.

Die Klinik berechnete für den stationären Aufenthalt unter Zugrundelegung des OPS 5-822.91 (Sonderprothese zementiert) und der DRG I43B (Implantation oder Wechsel bestimmter Endoprothesen am Knie- oder am Ellenbogengelenk oder Prothesenwechsel am Schulter- oder am Sprunggelenk ohne äußerst schwere CC) mit Rechnung vom 27. Juni 2014 einen Gesamtbetrag in Höhe von 10.168,20 Euro.

Die Beklagte zahlte zunächst den Gesamtbetrag, beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Überprüfung der Kodierung der Sonderprothese. Dieser kam zu der Auffassung, eine Zusatzkodierung für die individuelle Herstellung sei im Prozedurenkatalog nicht angegeben. Aus den Unterlagen seien keine wesentlichen anatomischen Abweichungen erkennbar, die die Verwendung einer Sonderprothese oder individualisierten Prothese begründen könnten. Die Beklagte teilte der Klägerin am 10. November 2014 mit, dass der MDK aufgrund einer Einzelfallprüfung die Abrechnung der DRG I44B empfehle und die Beklagte eine Rechnungskorrektur in Höhe von 2.806,09 Euro vornehmen werde. Am 27. November 2014 verrechnete sie den o.g. Differenzbetrag mit unstreitigen Forderungen der Klägerin. Der Widerspruch der Klägerin gegen die Verrechnung blieb erfolglos.

Die Klägerin hat am 14. August 2015 wegen des o.g. Differenzbetrags Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Sie habe zurecht eine individuelle Prothese am Knie-gelenk des Versicherten implantiert. Die Implantation einer Standardprothese sei nicht ausreichend gewesen. Die Individualprothese und die verwendeten Operationsinstrumente seien nach den individuellen Skelettverhältnissen des Patienten in einem CAD/CAM-Verfahren hergestellt worden. Die Untersuchung des Patienten S habe ein schmerzhaftes Gehen bei jedem Schritt und Tritt ergeben. Treppensteigen sei ihm nur noch mit Geländer möglich gewesen. Das Gelenk habe noch eine gute Beweglichkeit von 12/0/0 Grad gezeigt, ohne wesentliche äußere Verformung. Radiologisch sei ein völlig aufgehobener lateraler Gelenkspalt mit Knochenverlust, medial nur noch eine geringe Gelenkspalthöhe in den stehenden Aufnahmen nach Tim Rosberg nachgewiesen. Die iTotal-G2-Knieendoprothese könne aufgrund ihrer individuellen Konstruktion der Prothesenkomponenten und des Instrumentariums postoperative Knieschmerzen und schmerzhafte Bewegungslimitierungen verringern. Dadurch würden insbesondere Rotationsfehler und Fehler bei der Positionierung der Prothesenkomponenten vermieden. Es könnten ein etwaiger Überhang über die knöchernen Gelenkgrenzen oder eine unzureichende Abdeckung der Sägeschnitte durch die Prothesenkomponenten verhindert werden. Aus den Röntgenbildern und Planungsunterlagen der Firma ComforMIS sei erkennbar, dass mit der verwendeten Prothese die alte persönliche Gelenkform bei dem Patienten erzielt werde. Wegen der individuellen präoperativen Bildakquise, der 3D-Rekonstruktion der Patientenanatomie und einer patientenindividuellen Fertigung der Prothesenkomponenten sei es nicht zutreffend, die verwendete Prothese mit einer vorkonfektionierten bikondylären Oberflächenersatzprothese gleichzusetzen. Angesichts des hohen Bewegungsanspruchs des Patienten bei bekannt schlechteren Ergebnissen der notwendigerweise achsgeführten Knieprothese mit höheren Revisions-raten sei zum Erreichen der physiologischen Kniekinematik mit knochensparender Implantation die o.g. individuelle Prothese gewählt worden. Dies sei auch wirtschaftlich, denn im Fall einer Revision sei eine sichere Reimplantation einer regulären wie kondylären Oberfläche ohne sehr teures Revisionsmodell möglich. Durch das Sonderimplantat sei bei dem Patienten die natürliche Gelenkgeometrie trotz der schwierigen Ausgangsbedingungen weitgehend erhalten geblieben. Die Überlegenheit von Individualprothesen im Vergleich zu Standardprothesen sei durch Studien belegt. Durch die Wahl des Implantats sei eine schnellere Rehabilitation des Patienten gewährleistet gewesen.

Auch die gewählte Kodierung sei zutreffend. Patientenindividuell gefertigte Prothesen könnten nicht über dieselben OPS-Ziffern (5-822.g oder 5.822.j) abgebildet werden wie vorkonfektionierte Standardimplantate. Seit 2007 werde der OPS-Code 5-822.9 für die patientenindividuell gefertigte Prothese verwendet. Die damit abgebildeten Mehrkosten (rund 3.000 Euro) würden sich in der Differenz der Relativgewichte der beiden hier streitigen DRG (I43B gegenüber I44B) wiederfinden. Bei der verwendeten patientenindividuellen Knieendoprothese handele es sich schließlich um eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die i.S. des § 137c SGB V das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative biete.

Die Beklagte hat sich auf das MDK-Gutachten vom 22. Juli 2016 sowie auf ein in einem Parallelstreitverfahren vom Sozialgericht Berlin eingeholtes fachchirurgisches Sachverständigengutachten von Dr. Sch vom 11. Dezember 2016 (S 86 KR 2660/15) berufen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Mit Urteil vom 17. November 2017 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin den Differenzbetrag in Höhe von 2.806,09 Euro nebst Zinsen seit dem 28. November 2014 zu zahlen. Die Klägerin habe zurecht den OPS-Kode 5-822.91 kodiert. Bei der dem Versicherten S implantierten Knieendoprothese handele es sich um eine Sonderprothese i.S. des OPS-Kodes (in der maßgeblichen Fassung 2014). Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass dort als Inklusivum die vorliegend einschlägige CAD/CAM-Prothese ausdrücklich genannt sei. Es komme im Jahr 2014 nicht darauf an, dass die im CAD/CAM-Verfahren hergestellte Prothese im Endeffekt eine bikondyläre Oberflächenersatzprothese gewesen sei und eine solche, wenn sie nicht in dem CAD/CAM-Verfahren hergestellt worden wäre, mit dem von der Beklagten angesetzten OPS-Kode 5-822.11 (Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk: Bikondyläre Oberflächenersatzprothese, ungekoppelt, ohne Patellaersatz: zementiert) zu kodieren gewesen wäre. Aus Sicht der Kammer sei es vorliegend nicht zu klären, ob eine in diesem Sinne strenge medizinische Indikation für die Implantation ausgerechnet einer patientenindividuell angefertigten Knieendoprothese bestanden habe. Dass der Versicherte einer Prothese bedurft habe, stehe außer Frage. Streitig sei allein, ob ihm eine Standardprothese hätte implantiert werden können. Es sei darauf zu verweisen, dass die OPS-Kodes 5-822 nach dem Jahr 2014 einer grundlegenden Revision unterzogen worden seien. In Änderungsvorschlägen sei insoweit u.a. bereits 2015 auf mögliche kodiertechnische Fehlanreize hingewiesen worden, wenn mit den mit den Standardprothesen bauart- sowie aufbaugleichen CAD/CAM-Prothesen aufgrund des Inklusivums (im OPS-Kode 5-822.9) deutlich höher bewertete DRGs erreichbar seien. Letztlich seien die o.g. Ko-des im OPS 2017 dann revidiert worden und für die Implantation einer CAD/CAM-Prothese eigene Zusatz-Kodes aufgenommen worden (5-829.m und 5-829.p). Diese späteren Änderungen zeigten, dass die aus Sicht der Beklagten problematische Kodierung der Klägerin nach der strengen Wortlautauslegung 2014 (noch) gerecht-fertigt gewesen sei. Ob die Implantation einer Standardprothese wirtschaftlich i.S. des § 12 SGB V gewesen wäre, sei nicht zu klären, denn dies sei eine im Rahmen des § 137c SGB V zu klärende Position. Ob die Methode als solche nicht zulässig sei, weil keine Erkenntnisse für ihren Vorteil gegenüber einer Standardprothese vorlägen, sei durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zu klären. Entscheidend sei aus Sicht der Kammer, ob eine Indikation für eine Knieendoprothese als solche vorgelegen habe, dies sei zu bejahen.

Gegen das ihr am 29. November 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Es sei im vorliegenden Fall eine unwirtschaftliche Leistung erbracht worden, da die konfektionierte bikondyläre Oberflächenersatzprothese medizinisch möglich und ausreichend i.S. des § 12 SGB V gewesen wäre. Die Indikation einer Sonderprothese sei zu prüfen, anatomische oder individuelle Besonderheiten, die die Implantation einer CAD/CAM-Prothese bei dem Versicherten erfordert hätten, seien nicht nachgewiesen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot werde keinesfalls durch § 137c SGB V außer Kraft gesetzt.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die CAD/CAM-Prothesen seien im OPS abgebildet, daher bedürfe es keiner besonderen Indikation für die Implantation einer solchen patientenindividuellen Prothese. Auch im Zuge der Neufassung des OPS-Kodes im Jahr 2017 mit der Implementierung eigenständiger Zusatzkodes für die Verwendung patientenindividuell hergestellter Prothesen sei keinerlei einschränkende Voraussetzung für die Verwendung dieser Endoprothesen aufgenommen worden. Eine "Standardprothese", wie sie Be-klagte offenkundig vertrete, sei rein klassifikatorisch hergeleitet und medizinisch nicht begründbar. Eine Referenzprothese sei im obigen Sinne wissenschaftlich nicht konsentiert, damit auch nicht definiert und für eine vergleichende Betrachtung unbestimmt. Der Maßstab eines "fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens" ebne willkürlichen Interpretationen der Wirtschaftlichkeit den Weg. Außerdem werde dadurch das Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt, wie es für den stationären Bereich gelte, faktisch unterlaufen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden könnten so von der Vergütung ausgeschlossen werden und zudem würden Patientenbeteiligungsrechte unterlaufen (§ 140f SGB V). Demgegenüber habe der Gesetzgeber mit dem Versorgungsstärkungsgesetz und der Ergänzung in § 137c Abs. 3 SGB V und zuletzt mit dem Gesetz zur Errichtung des Implantatregisters Deutschland und zu weiteren Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (ImplantateregisterErrichtungsgesetz-EIRD) vom 12. Dezember 2019 klargestellt, dass die Krankenhäuser Neulandmethoden in eigener Verantwortung zur Anwendung bringen dürften und spiegelbildlich dazu Versicherte einen Leistungsanspruch hätten. Es reiche aus, dass die jeweilige Methode das Potential einer Be-handlungsalternative biete. Für die streitigen patientenindividuellen Endoprothesen habe der GBA selbst die Geltung des Verbotsvorbehaltes in der stationären Versorgung auf Anfrage bestätigt. Die Versorgung mit einer patientenindividuellen Knieendoprothetik führe insoweit zu einer knochensparenden Operation, einer geringeren Inzidenz von schmerzhaften postoperativen Bewegungseinschränkungen und zu einer rascheren Rekonvaleszenz. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren aus anderen Verfahren herangezogenen medizinischen Gutachten seien durch Fehlannahmen kompromittiert und könnten zur Beurteilung des streitbefangenen Sachverhaltes nichts beitragen. Das im Berufungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten sei fehlerhaft und unbrauchbar.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage bei dem Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, Orthopädische Chirurgie und Handchirurgie Prof. Dr. Martin S zu der endoprothetischen Versorgung eingeholt, welches dieser am 30. Dezember 2019 (Eingang bei Gericht), erstattet hat. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie die Patientenakte Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hätte der Zahlungsklage der Klägerin nicht stattgeben dürfen, denn die Klägerin hat keinen offenen Vergütungsanspruch aus unstreitigen Forderungen gegen die Beklagte. Vielmehr hat die Beklagte mit einer Gegenforderung, die aus der Zahlung für die Behandlung des Versicherten S entstanden ist, wirksam aufgerechnet.

1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlung anderer Versicherter der Beklagten Anspruch auf die abgerechnete Vergütung von 2.869,38 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 Rn. 10; und zuletzt Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R –, Rn. 8).

2. Der Vergütungsanspruch der Klägerin (nebst Zinsen) ist erloschen, weil die Be-klagte mit einem aus der stationären Behandlung des Versicherten S resultierenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.869,38 Euro nach ent-sprechender vorheriger Ankündigung am 27. November 2014 wirksam aufgerechnet hat.

Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs aus der Begleichung der Rechnung (vom 27. Juni 2014) für die stationäre Behandlung des o.g. Versicherten in der Zeit vom 12. Juni 2014 bis zum 24. Juni sind erfüllt. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die stationäre Behandlung des Versicherten ist zwar dem Grunde nach entstanden (a.). In Höhe des für die Behandlung abgerechneten Betrags von 2.869,38 Euro bestand jedoch kein Anspruch auf Vergütung. Dabei kann offen bleiben, ob die Kodierung zu Recht erfolgte (b.), denn jedenfalls war die (kodierte) Versorgung des Versicherten mit einer CAD/CAM Knieendoprothese nicht wirtschaftlich (c.).

a. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S. von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist. Diese Voraussetzungen für die stationäre Behandlung waren erfüllt, der Versicherte war zur Implantation einer Kniegelenks-Endoprothese in einem zugelassenen Krankenhaus der Klägerin stationär aufgenommen.

Die durch die vollstationäre Behandlung ausgelöste Vergütung bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin grundsätzlich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Nach § 1 Abs. 1 KHEntgG (hier anzuwenden in der Fassung durch Art. 2 Nr. 2 Buchst a Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 - Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG - vom 17. März 2009, BGBl I 534) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der DRG-Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vergütet. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V:m. § 7 KHEntgG (i.d.F. des Art 5a Nr. 3 Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschul-den in der Krankenversicherung - BeitrSchuldG vom 15. Juli 2013, BGBl I 2309, m.W.v. 1. August 2013) und § 17b KHG (i.d.F. des BeitrSchuldG vom 15. Juli 2013). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen (FPV)) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (i.d.F. des BeitrSchuldG vom 15. Juli 2013) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (in der ab dem 25. März 2009 geltenden Fassung) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen). Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (vgl. zum Ganzen BSG Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R – juris Rn. 12). Maßgebend sind vorliegend die FPV 2014 sowie der vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebene OPS (hier in der Version 2014), die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2014 (Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2014 für das G-DRG-System&8206; gemäß § 17b KHG) sowie der Krankenhausbehandlungsvertrag für Berlin ("Vertrag über All-gemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" - § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V - zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. vom 1. November 1994 in Verbindung mit der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997).

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert. Die Anwendung der o.g. normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems aber eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahl-reichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen so-wie Abwägungen belässt (BSG, Urteil vom 09. April 2019 – B 1 KR 27/18 R –, Rn. 14).

b. Ausgehend davon sind sich die Beteiligten darüber einig, dass die von der Klägerin abgerechnete DRG I43B nur angesteuert wird, wenn die OPS Ziffer 5-822.91 (Sonderprothese) im vorliegenden Fall zu kodieren war. Kommt dagegen eine andere der für die Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk vorgesehenen OPS Ziffern (5-822), hier konkret, 5-822.11 (Bikondyläre Oberflächenersatzprothese, ungekoppelt, ohne Patellaersatz, zementiert (Subklassifikation)) zum Einsatz, so ergibt sich DRG I44B und im Ergebnis ein um 2.869,38 Euro niedrigerer Rechnungsbetrag.

Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob gemäß den Kodierbestimmungen 2014 eine CAD/CAM-Prothese stets als "Sonderprothese" gemäß OPS Ziffer 5-822.91 kodiert werden durfte, wofür einiges spricht. Das Sozialgericht hat das zutreffend mit Blick auf den Wortlaut des OPS-Kodes (2014) bejaht. In Ziff. 5-822.9 war bei der Sonderprothese als Inklusivum ausdrücklich und einschränkungslos eher pauschal die CAD/CAM-Prothese aufgeführt. Die ab 2015 insoweit von den Fachgesellschaften diskutierten Änderungen dieser Ziffer, die darauf hingewiesen haben, dass gerade wegen des genannten Inklusivums bereits mit der Herstellung der zu den konfektionierten Prothesen bauart- und aufbaugleicher Prothesen mittels CAD/CAM eine höher bewertete DRG erreicht werden konnte, sprechen für die Einbeziehung der streitigen Prothesenversorgung in die Ziffer des OPS-Kode (2014). Die Kodierempfehlung der Sozialmedizinischen Expertengruppe der MDK-Gemeinschaft "Vergütung und Abrechnung" (SEG 4) vom 20. Juni 2016, begründete für die CAD/CAM-Prothese die Anwendung von Ziff. 5-822.91 mit dem seinerzeit (2016) nach wie vor bestehenden Inklusivum in Ziff. 5-822.9. Erst im OPS Kode 2017 wurde das Inklusivum in Ziff. 5-822.9 auf "Tumorendoprothese" beschränkt und für CAD/CAM-Prothesen Zusatzkodes eingeführt, deren Kodierung von weiteren Voraussetzungen abhängig ist (Ziff. 5-829.m und 8.829.p OPS Kode 2017).

c. Die Kodierung der dem Versicherten implantierten Prothese konnte im streitigen Fall deshalb nicht erlösrelevant sein, weil die Versorgung mit der CAD/CAM-Prothese unwirtschaftlich war. aa. Für Krankenhausbehandlungen gilt wie für jegliche Leistungen des SGB V i.S. die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach stellen die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Das in § 2 Abs. 1 SGB V als ein Grundprinzip des Leistungsrechts verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot wird in § 12 SGB V näher umschrieben. Die Leistungen müssen danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Die Trias von Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne bestimmt den Leistungsanspruch Versicherter wie auch spiegelbildlich dazu die Leistungsberechtigung der Leistungserbringer (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Leistung ist zweckmäßig, wenn sie auf eine objektive und hinreichend wirksame Behandlung einer Krankheit gerichtet ist. Sie ist ausreichend (notwendig), wenn gerade das im Einzelfall erbrachte Maß an Leistungen unvermeidlich ist, um die Krankheit zu heilen oder ihre Verschlimmerung zu verhindern. Die Leistung ist wirtschaftlich im engeren Sinne, wenn eine angemessene Relation zwischen dem Leistungsaufwand und dem Nutzen besteht. Damit ist keine ökonomische Kosten-Nutzen-Analyse maßgebend (Ulmer in: Eichenhofer/von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 3. Aufl. § 12 RdNr. 12 ff. m.w.N.). Letzteres wird u.a. an § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V deutlich, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben.

Das Gebot der Wirtschaftlichkeit erfasst auch die stationäre Krankenhausbehandlung und die dort erbrachten Behandlungsmaßnahmen, u.a. die ärztlichen Leistungen. § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt dazu, dass die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen umfasst, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, und benennt u.a. die ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1). Die Maßgabe findet sich in den Vergütungsbestimmungen wieder. So bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, dass Krankenhausleistungen insbesondere ärztliche Leistungen sind, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG sind allgemeine Krankenhausleistungen die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Leistungen werden dem Krankenhausträger nur dann vergütet, wenn diese im Lichte des Wirtschaftlichkeitsgebotes notwendig waren und damit auch die dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen-de Qualität erbracht wurde. Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat es allen-falls Anspruch auf die Vergütung, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele (Plagemann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 2 SGB V [Stand: 15.06.2020], Rn. 27 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 3/15 R Rn. 27).

bb. Gemessen daran war zwar die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten S erforderlich, um eine Knieendoprothese zu implantierten (dazu bereits oben). Auch die medizinische Indikation für die endoprothetische Versorgung selbst ist nicht zweifelhaft. Dies bestätigt das von Prof. Dr. S vom 19. Dezember 2019 er-stellte Sachverständigengutachten nach Aktenlage. Ausweislich seiner Einschätzung bestand 2014 aufgrund des aktenkundigen bildgebenden Röntgenbefundes vom 18. März 2014 (präoperatives Röntgenbild rechtes Bein, stehend, vgl. Patientenakte) sowie der seinerzeit seit längerem bei dem Patienten bestehenden Kniegelenksbeschwerden eine medizinische Indikation für eine endoprothetische Versorgung des rechten Kniegelenks (vgl. Antwort auf Beweisfrage 1., S. 8 des Gutachtens). Die dem Versicherten implantierte CAD/CAM- Individualprothese war zwar zweckmäßig, weil sie für die endoprothetische Versorgung des Kniegelenks geeignet war. Sie überschritt aber das in diesem Einzelfall angezeigte Maß an Leistungen und war somit nicht notwendig (ausreichend) i.S. von §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V, sondern eine Überversorgung. Die Wahl der CAD/CAM-Prothese, d.h. einer solchen, die individuell (personalisiert) mit Hilfe von CAD/CAM hergestellt wird und gemäß der Kodierung zu einem höheren Aufwand und damit höheren Kosten führt als eine konfektionierte Prothese (i.S. der unter 5-822.0 – 5-822.8 OPS-Kode 2014 aufgeführten), war nicht wirtschaftlich. Ausreichend war vielmehr eine konfektionierte bikondyläre (Standard-)Prothese.

Der den Versicherten S im Krankenhaus operierende Arzt Dr. Dr. M begründete die Wahl der Individual-Prothese für den Versicherten mit einem hohen Bewegungsanspruch sowie der bekannt schlechteren Ergebnisse einer wegen der Valgusgonarthrose achsgeführten Knieprothese mit höheren Revisionsraten; Schließlich teilte er mit, wegen der ungewöhnlichen Konfiguration des Gelenks des Versicherten mit grob unterschiedlichen Radien des lateralen zum medialen Femurkondylus (= Gelenkfortsätze (Kondylen) des Oberschenkelknochens) und auch des "breiten zu tiefen Index‘" (wörtlich übernommen) habe eine Baukastenprothese der speziellen Anatomie des Patienten nicht gerecht werden können. Es komme regelmäßig zu einer Über- und/oder Unterdeckung der Flächen (3. Blatt der nicht paginierten Patientenakte).

Diese Begründungen überzeugen nicht. Für einen nachvollziehbar hohen Bewegungsanspruch des zum Zeitpunkt der Operation 76-jährigen Patienten (Rentner) fehlen jegliche Anhaltspunkte. Weder aus den Unterlagen der Verwaltungsakte (Krankenhauseinweisung fehlt) noch in der Dokumentation des stationären Aufenthalts gibt es dazu Hinweise oder eine nähere Beschreibung eines spezifischen Bewegungsanspruchs (Sport, berufliche Anforderungen an die Kniebelastung, etc.). Es ist vielmehr von einem patientenindividuellen Wunsch des Versicherten nach genau dieser Prothesenversorgung auszugehen, den Dr. Dr. M bedient hat. Dies ergibt sich aus der Patientendatei der den Patienten nach Aktenlage auch ambulant betreuenden Gemeinschaftspraxis Dres. M/G/P. Der Patient S hatte bei der Vorstellung in der Gemeinschaftspraxis am 18. März 2014 bereits von der Individualprothese gehört, weil Patienten mit ihr (nach seiner Kenntnis) "wesentlich schneller und besser mit ihrem Knie zurechtkommen". Der Arzt hat dazu vermerkt: "Möchte diese unbedingt." (vgl. Auszug aus den medizinischen Daten vom 18.3.2014 bis 4.7.2018, Patientenakte).

Die CAD/CAM-Endoprothese war auch nicht aus anderen Gründen, konkret wegen der anatomischen Gegebenheiten, in diesem Einzelfall notwendig. Besondere Verhältnisse, die die individuell hergestellte Prothese erforderten, insbesondere eine ungewöhnliche koronare (= frontale) anatomische Ebene, sind jedenfalls nicht nachgewiesen. Der erfahrene Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, Unfall- und Handchirurgie und bis 2009 Chefarzt der orthopädischen Abteilung des I-Krankenhauses B und langjährige Gerichtsgutachter Prof. Dr. S hat dem Röntgenbild des rechten Beines des Versicherten S vom 18. März 2014 eine auf der Außenseite des rechten Kniegelenks betonte (erhebliche) Arthrose entnommen. Der Gelenkspalt hat sich weitgehend aufgehoben gezeigt, aus einem asymmetrischen Ab-rieb resultierte eine geringgradige X-Beinstellung (konkret 6 Grad). Beruhend darauf hat Prof. Dr. S nachvollziehbar ausgeführt, dass bereits eine erhebliche anatomische Diskrepanz zu einem "normalen" Kniegelenk nicht bestand. Auch bei einer normalen Anatomie bestehen demgemäß immer eine Asymmetrie zwischen dem inneren und äußeren Oberschenkelrollhügel und eine Diskrepanz zwischen der mechanischen und der anatomischen Achse. Speziell die dem Gutachter vorliegende Röntgenaufnahme erlaubt zu dem Sachverhalt deshalb keine nähere Aus-sage, weil es keine sog. "lange Einbeinstand-Aufnahme" ist. Allein mit dieser ist es – so führt der praktisch erfahrene Gutachter aus – möglich, den Drehpunkt des Hüftgelenks und den Mittelpunkt des Sprunggelenks und verbindliche Achsverhältnisse zu ermitteln. Das stattdessen nur vorliegende Röntgenbild zeigt demgegenüber nur das Kniegelenk des Versicherten und jeweils einen Teil des Ober- und Unterschenkels. Der Gutachter schließt daraus, dass im streitigen Fall eine den Leitlinien zur endoprothetischen Versorgung des Kniegelenks gemäße (präoperative) Untersuchung nicht stattgefunden hat (vgl. Gutachten S. 4). Die Röntgenaufnahmen unter Belastung des Patienten S zeigen im Übrigen keine anatomischen Auffälligkeiten. Der erkennbare Valguswinkel (6 Grad) entspricht allenfalls einer geringgradigen Achsenfehlstellung (Gutachten S). Die anatomischen Konfigurationen des Kniegelenks weisen keine besondere Auffälligkeit auf.

Anhand der Patientenakte und der klägerischen Ausführungen ist nicht nachweis-bar, dass die Verwendung der CAD/DAM-Endoprothese in dem Behandlungsfall zu einer schnelleren Rehabilitation führte. Der Patient befand sich 12 Tage in stationärer Behandlung, über den exakten Zeitlauf und den Rehabilitationsverlauf und die Ergebnisse der Rehabilitation existieren keine patientenindividuellen Erkenntnisse. Randomisierte prospektive und evaluierte Studien zu einer schnelleren Rehabilitation liegen für den verwendeten Gelenkersatz der ConforMIS Prothese, so Prof. Dr. S in seinem Gutachten, nach wie vor nicht vor, sondern lediglich Einzelbeobachtungen (Gutachten S. 5/6 sowie S. 10).

Auch eine knochensparende Implantation der CAD/CAM-Prothese, die im Hinblick auf eine spätere Revisions-OP als ein struktureller Vorteil in den Blick zu nehmen ist, ist für den vorliegenden Fall gerade nicht belegt. Prof. Dr. S beschreibt anhand der OP-Planungsunterlagen vielmehr eine erhebliche Resektionshöhe am Schienbein von 10 mm (Antwort auf Beweisfrage 3., S. 9 des Gutachtens).

Die Einschätzung des Sachverständigen wird schließlich bestätigt durch die Ausführungen der von der Beklagten mit ihrer Berufungsbegründung eingereichten Sachverständigengutachten aus anderen Klageverfahren, in denen es um den Einsatz von CAD/CAM-Prothesen ging. So beschreibt z.B. auch das Gutachten T/Sch der RWTH Klinik für Orthopädie vom 27. November 2017, eingeholt vom Sozialgericht Koblenz im Verfahren S 3 KR 361/17, dass der Einsatz einer CAD/CAM-Prothese bei nachgewiesenen schweren asymmetrischen Deformationen, konkret schweren knöchernen Destruktionen mit einer relevanten Abweichung der Gelenkwinkel, wie sie z.B. bei Rheumatikern auftreten können, sinnvoll sein kann. Das Implantat gleiche in diesem Fall knöcherne Defekte aus und ermögliche eine knochensparende operative Versorgung (S. 20/21 des o.g. Gutachtens, Bl. 231 R/232 GA II). Die entsprechende Auffassung findet sich im Gutachten Dr. G vom 10. April 2018 (Verfahren S 64 KR 238/17, S. 8 f., 11).

Die von der Klägerin gegen die gutachterlichen Feststellungen vorgebrachten Einwände können die ÜberGutachungskraft nicht erschüttern. Die Anwürfe gegen den Gutachter Prof. Dr. S sind teils polemisch und liegen neben der Sache. Die Berichte des Gutachters aus dem Arbeitskreis für Endoprothetik und den Jahrestagungen der Arbeitsgemeinschaft für Endoprothetik, an denen er als erfahrener Operateur und ehemaliger langjähriger Chefarzt einer orthopädischen Abteilung teilgenommen hat, können nicht als bloße Behauptung vom "Hörensagen" und "belanglose Altherrengespräche" abgetan werden. Für die vorgetragenen Behauptungen des Klägerbevollmächtigten, eines Nichtmediziners, z.B. zu einem dem langen Einbeinstand entsprechenden Aussagegehalt von CT-Scans für die Bestimmung der Beinachsen, bleibt die Klägerin einen fachlichen Nachweis schuldig. Allein die Tatsache, dass nach einer Auswertung im Jahr 2010 im BARMER GEK Krankenhausreport 2010 zur subjektiven Patientenzufriedenheit 25 % der Patienten mit ihrer Standard-Knieendoprothese im Baukastensystem unzufrieden waren, kann für die Notwendigkeit des CAD/CAM-Protheseneinsatz im vorliegenden Einzelfall nicht her-angezogen werden. Auffallend ist insoweit, dass z.B. im Rahmen des Sachverständigengutachtens Dr. Sch im Verfahren S 86 KR 2658/15 (Sozialgericht Berlin), dort ebenfalls vorgetragen von Dr. Dr. M, die Klägerin eine ziemlich identische Begründung für die dortige Wahl der einer CAD/CAM-Prothese wählte.

Auf die Entwicklungsgeschichte des § 137c SGB V kann sich die Klägerin für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit der gewählten Versorgung nicht berufen. Zwar belegt die Norm auch bereits in der hier anwendbaren Fassung vom 22. Dezember 2011 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV VStG), dass im Unterschied zur vertragsärztlichen ambulanten Behandlung im stationären Bereich neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden grundsätzlich auch ohne vorherige Anerkennung durch den G-BA stationär angewendet werden können. Die positive Bewertung einer Methode durch den G-BA ist keine Abrechnungsvoraussetzung (Ihle in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 137c SGB V [Stand: 15.06.2020], Rn. 7). Der gesetzliche Auftrag an den G-BA, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den Maßstäben und Kriterien evidenzbasierter Medizin daraufhin zu prüfen, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind, dient der Qualitätssicherung im stationären Bereich (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 126; BT-Drs. 18/4095 S. 121). Dass eine Unter-suchungs- und Behandlungsmethode auch vor einem positiven Votum des G-BA im Bereich des § 137c SGB V im stationären Bereich erbracht und abgerechnet werden darf, führt aber nicht dazu, dass ihr Einsatz auch stets bereits deshalb – ungeachtet möglicher Versorgungsalternativen – im Einzelfall wirtschaftlich ist. § 137c SGB V trifft insoweit nur ein abstraktes Votum für die Zulässigkeit einer Leistungserbringung. Er trifft aber gerade keine Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit im Einzelfall. Dieser bestimmt sich nach individuellen Gegebenheiten. Das zeigt auch der Fall der Klägerin: die Beklagte begründet ihre Ablehnung nicht damit, dass die CAD/CAM-Prothese nicht im stationären Bereich verwendet werden dürfte, sondern sie für den Versicherten S zu einer Überversorgung führte. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass es für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bei einem fehlenden positiven Votum des G-BA im stationären Bereich u. U. schwerer sein kann, ihre Wirtschaftlichkeit im Einzelfall im Vergleich zu Versorgungsalternativen zu belegen. Wirtschaftlich i.S. des § 12 SGB V kann eine neue (kosten-) aufwändigere Untersuchungs- und Behandlungsmethode nur sein, wenn sie besser geeignet für die Krankenbehandlung ist (allgemein zur Bedeutung von Qualität/Wirksamkeit im Rahmen der Wirtschaftlichkeit, Axer in: Eichenhofer/von Koppen-fels-Spies/Wenner, SGB V, 3. Aufl. § 2 Rn. 4 f.). Gelingt insoweit ein Nachweis im Einzelfall für eine gewählte Behandlungsmethode – auch mangels ausreichender Studien – nicht, kann aber nicht allein unter Berufung auf § 137c SGB V diese als gleichwohl noch wirtschaftlich gelten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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