Seit zwei Jahren versucht die Regierung, den Pflegesektor besser aufzustellen. Die sogenannte konzertierte Aktion Pflege sollte vor allem die Personal- und Finanzsituation des Gesundheitsbereiches verbessern – denn an beidem fehlt es. In einem ersten Zwischenbericht stellten sich die beteiligten Ministerien ein positives Zeugnis aus. "Wir sorgen für bessere Bezahlung, mehr Stellen und eine gute Ausbildung, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Ähnlich äußerten sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (beide SPD).

Im Juni 2019 hatten sich Bund, Länder und alle relevanten Akteure in der Pflege verbindlich auf Ziele und konkrete Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung, mehr Ausbildungsplätze und mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte verständigt. Beteiligt sind an der Initiative neben der Bundesregierung auch die Länder, Pflegeverbände, Kranken- und Pflegekassen, Verbände der Betroffenen und die Bundesagentur für Arbeit. Beschlossen wurde unter anderem:

  • 20.000 zusätzliche Stellen ab Januar 2021 zu schaffen. Finanzieren soll das die Pflegeversicherung. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen soll dadurch nicht steigen.
  • International sollen Pflegekräfte hinzugewonnen werden. Die Formalien für Arbeitskräfte aus Brasilien, den Philippinen oder Mexiko sollen dafür gezielt erleichtert werden. Die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZBSA) für Fachkräfte soll schon im Ausland Interessenten beraten.
  • Die Pflegekommission soll als ständige Kommission tätig werden, um Empfehlungen für einen Mindestlohn in der Pflege abzugeben sowie den Mindesturlaub. 
  • Pflegehilfskräfte sollen bis zum 1. April 2022 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland Mindestlohn erhalten. Für Pflegefachkräfte gibt es ab dem 1. Juli 2021 zudem erstmals einen Mindestlohn von 15 Euro.
  • Künftig sollen Pflegeeinrichtungen nur noch für die Versorgung zugelassen werden, wenn diese ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Dafür ist ein Gesetz in Vorbereitung.
  • Verbessern soll sich auch die Aus- und Weiterbildung. Einzelne Bundesländer haben laut Gesundheitsministerium bereits einen deutlichen Anstieg gemeldet, etwa bei der Ausbildung zur Altenpflegefachkraft. Die neu eingeführte hochschulische Pflegeausbildung ist bereits mit rund 30 Studiengängen gestartet. Der Bund unterstützt hier mit bis zu 19 Millionen Euro die Länder.
  • Ausweiten sollen sich die Versorgungsbefugnisse für Pflegefachkräfte, etwa im Rahmen des Wundmanagements, der häuslichen Krankenpflege und der Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln. Die Fachkräfte sind dann nicht mehr nur auf ärztliche Verordnungen oder medizinisches Personal angewiesen. Dazu existieren bisher Vorschläge als Grundlage einer Diskussion. Wie in fast allen Bereichen soll sich die Digitalisierung des Pflegesektors steigern, um die Verwaltungsarbeit zu optimieren.

Sozialverbände begrüßten, dass es bei Reformen im Pflegebereich inzwischen mehr Bewegung gebe, übten aber auch Kritik. "In der Pflegebranche steigt der Druck im Kessel", warnte Caritas-Präsident Peter Neher. Auch er mahnte eine leistungsfähigere Pflegeversicherung und eine "vernünftige Deckelung der Eigenanteile" an. Auf eine stärkere Berücksichtigung auch der häuslichen Pflege bei den Reformbemühungen drängte die Diakonie.

Auf die ungeklärte Finanzierungsfrage verwies auch der Sozialverband Deutschland (SoVD). Zudem gebe es bei der Umsetzung der Reformbeschlüsse in den Ländern große Unterschiede. Der Personalbedarf in der Pflege dürfe "nicht aus Sorge vor möglichen Kosten jetzt künstlich heruntergerechnet werden", warnte die Arbeiterwohlfahrt.

Im Rahmen einer Pflegereform ist zudem geplant, den Eigenanteil von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen für einen Heimplatz auf maximal 700 Euro pro Monat zu begrenzen. Dafür und für weitere Verbesserungen soll der Zuschlag auf die Pflegebeiträge für Versicherte ohne Kinder um 0,1 Prozentpunkt steigen. Das sehen erste Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums für eine große Pflegereform 2021 in Deutschland vor. Im Schnitt lagen die Eigenanteile zuletzt bei 786 Euro. Der Bund soll der Pflegeversicherung zudem einen dauerhaften Steuerzuschuss überweisen.