e-Health

Gesundheitsbranche profitiert von Cross-Cluster-Strategie

18. November 2020
Wie wirkt sich die Pandemie auf Hamburgs Branchen aus? Hamburgs News haben nachgefragt. Heute: die Gesundheitswirtschaft

In der Finanzkrise 2008/2009 hatte sich die Gesundheitswirtschaft als relativ krisenfest erwiesen. Inwieweit sich die Branche nun auch in der Corona-Krise von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln kann, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen. Immerhin werden Teile des Gesundheitswesens bei der Bewältigung der Pandemie mit gesonderten Programmen unterstützt. So wurde etwa im März das COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz auf den Weg gebracht, um die wirtschaftlichen Folgen für Krankenhäuser, Vertragsärzte und andere gesundheitsversorgungsanbietende Unternehmen aufzufangen. Unternehmen, die auf Beatmungsgeräte, Labor- oder Hygieneprodukte spezialisiert sind, erzielten wiederum 'coronabedingte' Umsatzzuwächse. Andere jedoch mussten wirtschaftliche Einbußen verkraften. „Ein einheitliches Bild der Wirtschaftslage vor dem Hintergrund Corona haben wir nicht, aber große Teile der Gesundheitsversorgung haben Dank der staatlichen Förderung und der Unterstützung der gesetzlichen Kassen sicherlich die Chance, besser durch die Krise zu kommen“, beobachtet Jan Quast, Geschäftsführer der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH.

Cross-Cluster-Strategie

Um die Potenziale der Gesundheitswirtschaft mit denen anderer Branchen zu verbinden, verfolgt die GWHH – die im vergangenen Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feierte – schon seit längerem eine Cross-Cluster-Strategie, die sich angesichts von COVID19 besonders bewährt. „Der starke Zusammenhalt zwischen den Wirtschafts-Clustern hat es während der Hochzeit der Corona-Pandemie ermöglicht, schnell und unkompliziert konkrete und clusterübergreifende Angebote für Unternehmen zu realisieren“, erklärt Quast und nennt als aktuelles Beispiel, neben der Zusammenarbeit mit dem LifeScience-Cluster, den regen Kontakt mit der Luftfahrtbranche. „Ein großes Thema ist dabei die Infektionsvermeidung, die auch perspektivisch für das Wiedererstarken einer weiteren Branche, den Tourismus, wichtig sein wird“, ist Quast überzeugt. Im virtuellen Cross Cluster-Workshop Luftfahrt trifft Gesundheitswirtschaft ging es deshalb Ende Juli um neue Ansätze, die einen geregelten Flugbetrieb unter Einhaltung des Infektionsschutzes ermöglichen. Eine im Workshop vorgestellte Idee: Eine smartphone-basierte Analyse als Indikator für Atemwegserkrankungen.

Forschung in Hamburg

COVID19-Ideenplattform

Innovativen Ideen den Weg ebnen soll auch die COVID19-Ideenplattform der GWHH und des eHealth-Netzwerk Hamburg. Dieses bietet den Akteuren der Hamburger Gesundheitswirtschaft ein Forum zum Austausch von Ideen und Lösungsansätzen zur Bewältigung der aktuellen Situation oder um Kooperationspartner zu finden. Hier hat beispielsweise das Startup Darvis sein Konzept zum digitalen Hygiene-Check in Kliniken präsentiert und die Hamburger Gründer von Uventions haben ihre innovativen UV-Desinfektionslösungen vorgestellt. „Über 100 Interessierte haben sich bereits auf der Plattform registriert“, freut sich Quast. Das ebenfalls kostenlose Unterstützungsangebot Meet the Expert, vor gut einem Jahr als monatliche Beratung für Gründungsinteressierte und Start-ups gestartet, findet aufgrund der aktuellen Situation nun unter dem Motto Call the Expert statt. „Wir sind froh das Format telefonisch weiterführen zu können, doch ebenso wie die Veranstaltungen, die wir nun digital anbieten – etwa den eHealth-Day – bleiben es Notlösungen.“

Jan Quast, Geschäftsführer der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH

Corona beschert Digitalisierungsschub

Das Digitale könne die Präsenzveranstaltungen nicht dauerhaft ersetzen, betont Quast. „Wenn sich Gründer etwa bei Veranstaltungen mit etablierten Unternehmern treffen, ergeben sich manchmal fast nebenbei vielversprechende Möglichkeiten der Zusammenarbeit.“ Den vielfach beschworenen Digitalisierungsschub durch Corona bestätigt jedoch auch Quast. „Viele Ansätze haben sich während der letzten Monate bewährt.“ Als Beispiel nennt er das von der EU und Hamburg geförderte Projekt „AGQua – Aktive und Gesunde Quartiere Uhlenhorst und Rübenkamp“. Dabei geht es um die Rahmenbedingungen, die es Menschen erlauben, möglichst lange selbstständig in ihrem angestammten Quartier leben zu können. Dazu gehört, neben der altersgerechten Ausstattung von Wohnungen und Gesundheits- bzw. Fitnessberatung, die im Juni 2019 gestartete App Meine Nachbarn. Ursprünglich sollte die App vor allem über aktuelle Veranstaltungen und Angebote im Quartier informieren und Nachbarn ganz allgemein in Kontakt bringen. In der Corona-Hochphase aber konnte die App dazu beitragen, dass gerade Ältere während der empfohlenen Quarantäne nicht komplett vom sozialen Leben abgeschottet blieben, bzw. konkrete Hilfe erhalten konnten, wie die Übernahme von Einkäufen durch Nachbarn. Das Interesse an technischer Unterstützung bei der älteren Zielgruppe sei durchaus gegeben, erklärt Quast. „Die Smartphone-Schulungen des Projektes sind sehr gut nachgefragt und wurden in den letzten Wochen schmerzlich vermisst.“

Mehr Interesse an Pflegeberufen

Was schließlich den seit langem schmerzlich vermissten Nachwuchs in der Pflege betrifft, so scheint sich die Situation etwas zu verbessern, freut sich Quast. „Die Ausbildungszahlen sind gestiegen.“ Ein Stück weit könnte dabei Corona geholfen haben, denn das Bild von Pflegeberufen hat sich durch die Pandemie positiv verändert. „Der Virus hat die Bedeutung dieser Berufe der Gesellschaft vor Augen geführt.“ Auch die Kampagne „Das ist Pflege“, die im September 2019 als ein gemeinsames Projekt verschiedener Hamburger Gesundheitsakteure inklusive der GWHH gestartet ist, könnte geholfen haben. Sie umfasste Plakate, persönliche Kontakte, das Bespielen von Social-Media-Kanälen und einen ausgezeichneten Film – buchstäblich. Ende September erhielt der Videospot den Deutschen Wirtschaftsfilmpreis 2020. Die Begründung der Jury: „Der Film ist unglaublich gelungen. Wie Sie es geschafft haben das Thema Pflege – das wir alle mit etwas Schwierigem verbinden – mit Leichtigkeit in das Video hereinzubringen, hat uns beeindruckt.“
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Die Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH (GWHH) ist die Clusteragentur der Hamburger Gesundheitsbranche. Gegründet 2009 von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie der Handelskammer Hamburg, unterstützt und vernetzt die GWHH alle Akteure miteinander, mit dem Ziel, vorhandene Wachstums- und Innovationspotentiale für Hamburg auszuschöpfen. Zu den Mitgliedern gehören große Krankenhäuser oder Arztpraxen ebenso wie private oder gesetzliche Krankenkassen, Gesundheitskonzerne und Startups aber auch Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft.

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