Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 28/19 R

Abrechnung von anästhesiologischen Leistungen

Verhandlungstermin 25.11.2020 10:30 Uhr

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Dr. K. ./. KÄV Schleswig-Holstein, 5 Beigeladene
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Feststellungsklage um Fragen zur Abrechenbarkeit von Anästhesien nach den das ambulante Operieren betreffenden Gebührenordnungspositionen (GOP) des Kapitels 31 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).

Die beklagte KÄV teilte ihren Mitgliedern im Dezember 2015 in einem Rundschreiben mit, dass Narkosen auch dann nach Kapitel 31 Abschnitt 5.3 EBM-Ä zu vergüten seien, wenn der mit dem Anästhesisten zusammenarbeitende MKG-Chirurg seine Leistungen als zahnärztliche Leistungen über die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) abrechnet. Die Honorarbescheide der Anästhesisten würden jedoch mit einem Rückforderungsvorbehalt versehen, damit gewährleistet sei, dass das für die Narkosen geleistete Honorar im Falle eines Unterliegens in einem dazu durchgeführten Klageverfahren teilweise zurückgefordert werden könne.

Der Kläger ist ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Anästhesist, der Narkosen im Rahmen von ambulanten Operationen erbringt, die von MKG-Chirurgen durchgeführt werden. Er beantragte beim SG festzustellen, dass er berechtigt sei - bei Vorliegen der Abrechnungsvoraussetzungen im übrigen - Narkosen nach den GOP des Kapitels 31 (… ambulante Operationen …) abzurechnen, auch wenn der MKG-Chirurg als Operateur von der Möglichkeit Gebrauch macht, seine Leistungen nicht gegenüber der KÄV, sondern als zahnärztliche Leistungen gegenüber der KZÄV abzurechnen. Die beklagte KÄV stellte dies ausdrücklich nicht in Frage. Der Kläger war sowohl vor dem SG als auch dem LSG erfolgreich.

Mit ihrer Revision machen die beigeladenen Krankenkassenverbände die Unzulässigkeit der Feststellungsklage geltend. Es fehle bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis und dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Ferner rügen sie eine unzutreffende Auslegung von Regelungen des EBM-Ä durch das LSG. Sowohl dem Wortlaut der Präambel zu Kapitel 31 Abschnitt 5.3 Nr 1 EBM-Ä als auch der Systematik des EBM-Ä sei zu entnehmen, dass Anästhesien im Zusammenhang mit mund-, kiefer-, gesichtschirurgischen Eingriffen nur dann nach Kapitel 31 EBM-Ä abgerechnet werden dürften, wenn der MKG-Chirurg die ambulante Operation über die KÄV abrechnet und somit vertragsärztlich tätig werde. Demgegenüber seien Anästhesien in der Konstellation, dass der MKG-Chirurg vertragszahnärztlich tätig werde und über die KZÄV abrechnet, nach Kapitel 5 EBM-Ä abzurechnen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Kiel - S 16 KA 72/16, 09.11.2016
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 4 KA 43/17, 18.06.2019

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Terminbericht

Die Revisionen der beigeladenen Krankenkassen haben Erfolg. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die erhobene Feststellungsklage zulässig ist. Jedenfalls hat der klagende Arzt für Anästhesiologie keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Entgegen seiner Auffassung setzt die Abrechnung von Anästhesien als extrabudgetär vergütete Leistung nach Abschnitt 31.5.3 EBM-Ä voraus, dass auch der Operateur seine Leistungen als ambulante Operationen nach diesem Kapitel abrechnet. Wenn der Anästhesist mit einem MKG-Chirurgen zusammenarbeitet, der von der Möglichkeit Gebrauch macht, seine Leistungen als zahnärztliche Leistungen gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) abzurechnen, kann der an der Operation mitwirkende Anästhesist seine Leistungen allein nach den im Kapitel 5 enthaltenen GOP abrechnen.

Dies folgt aus Nr. 1 der Präambel des Abschnitts 31.5.3 EBM-Ä, die die Abrechnung von Anästhesien nach Abschnitt 31.5.3 davon abhängig macht, dass "ein anderer Vertragsarzt in diesem Zusammenhang eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbringt und abrechnet". Dem LSG ist zuzustimmen, dass die Regelung durch die Verwendung des Wortes "entsprechend" nicht ganz eindeutig formuliert ist. Allerdings wird dieses Wort im EBM-Ä - nicht durchgehend, aber an zahlreichen Stellen - gleichbedeutend mit dem Wort "gemäß" verwendet. Dass die Formulierung auch hier in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang der Regelungen. Abschnitt 31.2 enthält GOP für die Abrechnung ambulanter Operationen durch Vertragsärzte, die sich gegenüber der KÄV zur Teilnahme an dem Vertrag gemäß § 115b SGB V (AOP-Vertrag) bereit erklärt haben. Daran anknüpfend werden im Abschnitt 31.5 "Anästhesien im Zusammenhang mit Eingriffen des Abschnitts 31.2" geregelt. Wenn der operierende MKG-Chirurg seine Leistungen auf der Grundlage seiner Zulassung als Zahnarzt gegenüber der KZÄV und nicht auf der Grundlage seiner gleichzeitig bestehenden Zulassung als Vertragsarzt gegenüber der KÄV erbringt und abrechnet, wird keine ambulante Operation nach dem AOP-Vertrag durchgeführt. Diese Auslegung wird im Übrigen von beiden im BewA vertretenen Organisationen - der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband Bund - geteilt. Seinen Gestaltungsspielraum hat der BewA mit der getroffenen Regelung nicht überschritten.

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