Eklat am Spital Bülach: Der CEO Rolf Gilgen legt nach Protesten sein Amt nieder

Die Kündigung eines beliebten Chefarztes hatte im Zürcher Unterland für Aufruhr gesorgt. Um «die Situation zu beruhigen», geht der Direktor des Spitals Bülach nun vorzeitig in Pension.

Jan Hudec
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Es kommt selten vor, dass Spitalangestellte gegen einen Entscheid der Chefetage auf die Strasse gehen. In Bülach ist genau dies passiert. Ende September zogen laut dem «Zürcher Unterländer» 200 bis 300 Personen durch die Bülacher Altstadt und forderten dabei die Wiedereinstellung des Chefarztes Nic Zerkiebel, der zwei Wochen zuvor von der Spitalleitung entlassen worden war. Grund für die Kündigung des Arztes waren offiziell «unterschiedliche Auffassungen in der strategischen Ausrichtung» des Spitals. Dahinter stand ein Konflikt um Sparmassnahmen.

Der scheidende CEO des Spitals Bülach: Rolf Gilgen.

Der scheidende CEO des Spitals Bülach: Rolf Gilgen.

PD

Der Spitalführung gelang es nach dem öffentlichen Protest nicht, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Gegen den Spitaldirektor Rolf Gilgen und den Verwaltungsratspräsidenten Christian Schär wurden Rücktrittsforderungen laut. Gilgen hat daraus nun Konsequenzen gezogen: Er wird das Spital auf Ende November verlassen und in Frühpension gehen. Dies teilte das Spital Bülach am Donnerstag mit.

«Wechsel unabdingbar»

Der Verwaltungsrat teile die Meinung der Kritiker in vielen Punkten zwar nicht, heisst es in der Medienmitteilung. «Trotzdem kam er gemeinsam mit dem CEO Rolf Gilgen zu dem Schluss, dass für ein Zurückfinden zum normalen Betrieb ein Wechsel in der operativen Führung unabdingbar sei.» Gilgens Entscheid, das Amt abzugeben, sei ein wichtiger Schritt zur Beruhigung der Situation.

Der Verwaltungsrat erachte es als seine Aufgabe, rasch weitere Massnahmen in die Wege zu leiten, damit das Spital seine hochwertigen medizinischen und pflegerischen Leistungen wieder in ruhigerem Fahrwasser erbringen könne, schreibt das Spital weiter. Die Mitarbeitenden und die Spitalgremien sowie die Aktionärsversammlung würden in den kommenden Tagen eingehend über die weiteren Schritte informiert.

Einer der Hauptforderungen der Kritiker scheint die Spitalführung nicht nachkommen zu wollen: der Rückkehr des Chefarztes Zerkiebel. Dies stehe nicht zur Debatte, sagt der Verwaltungsratspräsident Christian Schär auf Anfrage. Die Entlassung habe ihre Gründe gehabt. «Aufgrund der mit ihm getroffenen Vereinbarung werden die Gründe nicht in der Öffentlichkeit kommuniziert.» Neben Gilgen war auch Schär zum Rücktritt aufgefordert worden, doch auch dieser Wunsch der Gegner wird sich nicht erfüllen. «Im Verwaltungsrat ergibt sich derzeit keine Veränderung», sagt Schär.

Dieses Vorgehen stösst auf Kritik. Peter Wespi, Präsident der Ärztegesellschaft des Zürcher Unterlandes, sagt auf Anfrage, die nun getroffene Interimslösung gehe viel zu wenig weit. Der Rücktritt von Gilgen sei nur der erste Schritt. «Der Verwaltungsratspräsident steht genauso in der Verantwortung wie der CEO. Er muss ebenfalls die Konsequenzen aus dem Debakel ziehen.»

Das gleiche gelte für einen weiteren bisherigen Verwaltungsrat: Urs Müller. Er habe keinen Rückhalt bei der lokalen Ärzteschaft, sagt Wespi. «Er hat die Entscheidungen des bisherigen Verwaltungsrats mitgetragen und es fehlt das Vertrauen in seine Fähigkeiten.»

Interimistische Leitung

Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen, denn Müller soll das Spital nun interimistisch führen. Der Orthopäde leitete ab 2006 als Chief Medical Officer für die Privatklinikgruppe Hirslanden den medizinischen Bereich am Standort Bern. Heute begleitet er als selbständiger Unternehmer verschiedene Projekte im Gesundheitswesen. Die definitive Nachfolge als CEO des Spitals Bülach wird ausgeschrieben. Es ist das Ziel des Verwaltungsrats, die Stelle im Laufe des kommenden Jahres zu besetzen.

Wespi sagt, damit das Spital auch in Zukunft bestehen könne, brauche es wieder eine stärkere Verankerung in der lokalen Ärzteschaft. «Sonst verliert ein Regionalspital seine Existenzberechtigung. Dann können wir unsere Patienten auch dem Universitätsspital oder dem Triemli zuweisen.» Die Kritiker haben sich in einer Task-Force Spital organisiert. Diese wird nun das weitere Vorgehen besprechen. Für Wespi steht fest: «Wir bleiben wachsam».

Gilgen stand dem Spital Bülach während sieben Jahren vor. In dieser Zeit führte er den Betrieb von einem Zweckverband in eine Aktiengesellschaft über und begleitete auch die Planung des vorgesehenen Ersatzneubaus. Vor seiner Zeit in Bülach war er während fünfzehn Jahren Direktor des Zürcher Stadtspitals Waid gewesen. Gilgen war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.