S 13 KR 379/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 379/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die aufschiebende Wirkung der am 27.10.2020 erhobenen und unter dem Az. S 13 KR 379/20 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 02.10.2020 wird angeordnet. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner. Der Streitwert wird auf 80.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Antragstellers, im Kalenderjahr 2021 unter die Mindestmengenregelung fallende Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen. Der Antragsteller ist Träger eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenen Krankenhauses. In der Vergangenheit erbrachte er bereits die mindestmengenrelevante Leistungen "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese". Ende 2017 begann er mit dem Aufbau eines neuen mindestmengenrelevanten Leistungsbereichs in der Ösophaguschirurgie. Am 20.12.2017 erfolgte ein erster komplexer Eingriff am Organsystem Ösophagus. Im Jahren 2018 erbrachte der Antragsteller zehn, im Jahr 2019 zwölf, im ersten Halbjahr 2020 fünf komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus; im Zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.06.2020 wurden elf komplexe Ösophagus-Eingriffe durchgeführt. Mit Schreiben vom 16.10. und 08.11.2018 gab der Antragsteller – neben den beiden Leistungsbereichen "Komplexe Eingriffe am Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese" – erstmals unter Hinweis auf § 136b Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Prognose für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" für das Jahr 2019 ab. Auf der Basis der Leistungszahlen im Zeitraum vom 01.12.2017 bis 05.10.2018 ging er davon aus, die erforderliche Mindestmenge für 2019 zu erfüllen. Er berief sich – ausgehend von dem am 20.12.2017 durchgeführten ersten Eingriff dieses Leistungsbereichs – auf den Ausnahmetatbestand Nr. 3 der Anlage 2 der bis 31.12.2017 geltenden Mindestmengenregelungen (Mm-R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Da ihm ein Übergangszeitraum von 36 Monaten für die (dauerhafte) Erreichung der Mindestmenge zustehe, habe es einer vorherigen Mitteilung der Leistungserbringung im Jahr 2017 nicht bedurft; die abweichenden Regelungen der Mm-R 2018 seien erst zum 01.01.2018 in Kraft getreten. Nach der Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 der Mm-R 2018 bleibe eine bis zum 31.12.2017 bestehende Berechtigung zur Leistungserbringung aufgrund eines Ausnahmetatbestandes von den geänderten Regelungen der Mm-R unberührt. Mit Bescheid vom 26.11.2018 stimmten die Antragsgegner den für 2019 geplanten "Komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus" nicht zu. Sie widersprachen der Auffassung des Antragstellers, dass es keiner vorherigen Mitteilung des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes bedurft habe. Nach § 136b SGB V bestehe für Leistungen, die der Mindestmengenregelung unterliegen, ein grundsätzliches Leistungserbringungs- und Vergütungsverbot, es sei denn, die Zulässigkeit sei gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen nachgewiesen worden. Dies geschehe durch entsprechende jährliche Darlegung der Prognose (§ 136b Abs. 4 SGB V). Zur Abfederung unbilliger Härten sei der G-BA vom Gesetzgeber beauftragt worden, in den Mindestmengenregelungen Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorzusehen. Dieses sei bei der Abfassung sowohl der alten als auch der aktuellen Mindestmengenregelung umgesetzt worden. Die Antragsgegner meinten, es würde den Grundsätzen der Mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die Entscheidung über die Zuläs-sigkeit eines Ausnahmetatbestandes in das alleinige Ermessen des Krankenhausträgers stellen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Rechtmäßigkeit eines Ausnahmetatbestandes im Vorfeld der Leistungserbringung überprüfbar sein müsse. Dies setze allerdings die Kenntnis des Ausnahmetatbestandes durch vorherige Anzeige gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen voraus. Erst nach erfolgter und bestandener Prüfung sei die Abrechnungsfähigkeit der Leistung gegeben. Letztlich werde diese Auffassung durch die überarbeiteten und ab 1.1.2018 gültigen Mindestmengenregelungen bestätigt. Dagegen erhob der Antragsteller am 20.12.2018 Klage (S 1 KR 762/18). Mit Schreiben vom 04.07.2019 gab der Antragsteller – neben den beiden Leistungsbereichen "Komplexe Eingriffe am Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese" – unter Hinweis auf § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V eine Prognose für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" für das Jahr 2020 ab. Auf der Basis der Leistungszahlen für das Kalenderjahr 2018 (10 Eingriffe) und den Zeitraum vom 01.07.2018 bis 30.06.2019 (13 Eingriffe) ging er von einer positiven Prognose aus. Nach Anhörung des Antragsgegners erklärten die Antragsgegner und zusätzlich die B. O. durch Bescheid vom 28.08.2019, dass sie die dargelegte Prognose für das Jahr 2020 entsprechend Mm-R des G-BA für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" widerlegen und der Erbringung und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus weiterhin nicht zustimmen. Dies habe zur Folge, dass komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus entsprechend der Anlage der Mm-R auch im Jahr 2020 durch den Antragsteller weiterhin nicht erbracht sowie abgerechnet werden dürften und durch die Kostenträger nicht vergütet würden. Eventuelle Rückforderungen bereits erbrachter Zahlungen behielten sich die Kostenträger vor. Die Antrags-gegner (und die B. O.) meinten, dass die Mm-R in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zwar noch keine Anzeigepflicht normiert habe, es aber gleichwohl einer vorherigen Mitteilung eines Ausnahmetatbestandes bedurft hätte. Aus der Systematik des § 136b SGB V folge, dass es über eine positive Prognose des Krankenhauses hinaus der Feststellung durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen bedürfe, die Leistung bewirken zu dürfen. Es würde den Grundsätzen der Mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die Entscheidung über die Aufhebung des Leistungserbringungsverbots in das Belieben des Krankenhausträgers stellen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Rechtmäßigkeit eines Ausnahmetatbestandes im Vorfeld der Leistungserbringung überprüfbar sein müsse. Dies setze die Kenntnis des Ausnahmetatbestandes durch vorherige Mitteilung gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen voraus. Erst nach erfolgter und bestandener Prüfung sei die Abrechnungsfähigkeit der Leistung gegeben. Darüber hinaus gebiete die Rechtssicherheit die verbindliche vorherige Klärung durch die Kostenträgerseite. Im Übrigen widersprachen die Verfasser des Bescheides der Auffassung des Antragstellers, dass die Leistungen in 2018 aufgrund der insoweit erhobenen Klage hätten bewirkt werden durfen; sie meinten, dass der durch die Anfechtungsklage eingetretene Suspensiveffekt noch nicht dazu führe, dass der Antragsteller die mindestmengenbelegte Leistung bewirken dürfe. Dagegen erhob der Antragsteller am 25.09.2019 Klage (S 13 KR 402/19). Mit Schreiben vom 10.07.2020 gab der Antragsteller – neben den beiden Leistungsbereichen "Komplexe Eingriffe am Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese" – unter Hinweis auf § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V eine Prognose für den Leistungsbereich "Kom-plexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" für das Jahr 2021 ab. Auf der Basis der Leistungszahlen für das Kalenderjahr 2019 (12 Eingriffe) und den Zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.06.2010 (11 Eingriffe) ging er davon aus, die erforderliche Mindestmenge für 2021 zu erfüllen. Nach Anhörung des Antragsgegners erklärten die Antragsgegner durch Bescheid vom 02.10.2020, dass sie die dargelegte Prognose für das Jahr 2020 für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" widerlegen; die Widerlegung der Prognose aufgrund begründeter erheblicher Zweifel habe zur Folge, dass diese Leistungen auch ab 01.01.2021 durch den Antragsteller nicht erbracht und durch die Kostenträger nicht vergütet werden dürften. Die Antragsgegner ordneten die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Zur Begründung führten sie aus, nach § 136b SGB V bestehe für Leistungen, die der Mindestmengenregelung unterlägen, ein grundsätzliches Leistungserbringungs- und Vergütungsverbot, es sei denn, die Zulässigkeit sei gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nachgewiesen worden. Das sei nicht der Fall gewesen. Zwar habe der Antragsteller rein numerisch die erforderliche Leistungsmenge erreicht. Dies sei aber im Rückgriff Leistungen geschehen, die zu Unrecht erbracht worden seien. Aus diesem Grund habe es auch im Jahr 2020 – wie schon im Jahr 2019 – an der erforderlichen "berechtigten" Erwartung der Erreichung der Mindestmengen gefehlt. Die "berechtigte" Erwartung stelle einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, welcher auslegungsfähig sei. Bei systematischer Auslegung der berechtigten Erwartung im Sinne des § 136 Abs. 4 S. 3 SGB V sei § 136 Abs. 4 S. 1 SGB V heranzuziehen. Er normiere ein grundsätzliches Leistungsverbot für Leistungen, die der Mindestmengenregelung unterliegen. Es wäre widersinnig, würde man eine berechtigte Erwartung auch dann annehmen, wenn sie sich auf Leistungen stützt, die trotz bestehenden Verbots oder wider Aufforderung zur Leistungseinstellung erbracht worden seien. Andernfalls würde sich der Verstoß in der positiven Prognose fortsetzen und perpetuiert. Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung vertraten die Antragsgegner die Ansicht, diese sei formell und materiell rechtmäßig, da der zugrundeliegende Verwaltungsakt rechtmäßig sei und das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse überwiege. Das Bundessozialgericht (Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 33/13 R) habe in Bezug auf die Mindestmengenregelungen nach § 136b SGB V grundsätzlich einen Vorrang des Patientenschutzes vor den Erwerbsinteressen der Krankenhäuser festgestellt. Die Regelung soll in ihrem Kern im Interesse gebotener Ergebnisqualität einen Fallzahlenmangel steuern. Die dargestellten Fallzahlen habe der Antragsteller dadurch erlangt, dass er wiederholt das gesetzliche Leistungserbringungsverbot gem. § 136b Abs. 4 SGB V missachtet und sich über die darauf beruhenden behördlichen Anordnungen hinweggesetzt habe. In der missbräuchlich erreichten Fallzahl setze sich die anfängliche Missachtung des gesetzlichen Leistungserbringungsverbotes fort. Da aufgrund des o.g. Sachverhaltes davon auszugehen sei, dass der Antragsteller trotz Aufforderung zur Leistungseinstellung weiterhin entsprechende Eingriffe durchführen werde, sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung geboten. Dem Interesse an der sofortigen Beendigung dieser ständigen Perpetuierung des Qualitätsverstoßes und der Missachtung der Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der Patienten stehe das wirtschaftliche Interesse des Krankenhauses gegenüber, im Rahmen der Berufsausübungsfreiheit die o.g. Eingriffe durchzuführen. Dieses müsse nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zurückstehen. Denn die Größenordnung, in der der Antragsteller die in Rede stehende Art der Eingriffe durchführe, sei äußerst gering; sie bewege sich mit jährlich 11 bzw. 12 Eingriffen knapp über der Mindestmengengrenze. Der Schaden aber, der an der Qualitätssicherung entstehe, sei dagegen schon zeitlich äußerst ergiebig, denn er setze sich nun seit nahezu drei Jahren fort. Dagegen hat der Antragsteller am 27.10.2020 Klage erhoben (S 13 KR 379/20). Ebenfalls am 27.10.2020 hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragt. Er ist der Auffassung, die Prognosewiderlegung vom 02.10.2020 sei offensichtlich rechtswidrig und könne deshalb kein öffentliches Vollzugsinteresse begründen. Der Entscheidung sei bereits formell rechtswidrig, da sie nicht von allen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen getroffen worden sei; es fehle die Beteiligung der B. O ... Die materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides ergebe sich daraus, dass der Antragsteller sowohl im Vorjahr 2019 mit 12 Leistungen als auch im zweiten Betrachtungszeitraum (hier: Juli 2019 bis Juni 2020) trotz der COVID-19-Pandemie mit 11 Leistungen die geforderte Mindestmenge überschritten habe. Sowohl das Regelbeispiel nach den gesetzlichen Vorgaben als auch den Vorgaben der Mm-R sei erfüllt. Bezüglich des Leistungsgeschehens im Jahr 2020 sei zudem zu berücksichtigen, dass die COVID-19-Pandemie regelhaft zu Fallzahlrückgängen in Krankenhäusern geführt habe, insbesondere im Bereich der elektiven Eingriffe. Die Vorgabe nach § 4 Abs. 2 Satz 4 Mm-R (eingefügt durch Beschluss des G-BA vom 27.03.2020, Abschnitt VII.) bedeute vor diesem Hintergrund, dass Fälle, die mutmaßlich aufgrund der COVlD-19-Pandemie nicht anfielen, bei der Prognose für das Jahr 2021 hinzuzurechnen seien. Wie viele Fälle ohne die COVID-19-Pandemie zusätzlich behandelt worden wären, werde sich indes kaum je konkret feststellen lassen. Im Übrigen weist der Antragsteller darauf hin, dass gemäß § 10 Abs. 3 Mm-R die aufgrund des Ausnahmetatbestandes Nr. 3 der Anlage 2 zu den Mm-R (a.F.) bestehende Leistungsberechtigung (36-monatiger Übergangszeitraum wegen des Aufbaus eines neuen Leistungsbereichs) durch die Mm-R (n.F.) unberührt bleibe. Der Antragsteller sei somit bis Ende November 2020 von den Mindestmengenvorgaben befreit. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner sei der Antragsteller somit in der Vergangenheit zur Erbringung und Abrechnung (auch) komplexer Ösophagus-Eingriffe berechtigt gewesen. Die Leistungserbringung der Jahre 2018 bis 2020 sei zulässig gewesen, weil die vom Antragsteller erhobenen Klagen gegen die Widerlegungsentscheidungen für die Jahre 2019 bis 2020 gemäß § 86a SGG aufschiebende Wirkung entfaltet hätten; eine sofortige Vollziehung der Entscheidungen betreffend die Jahre 2019 und 2020 sei nicht angeordnet worden. Die angefochtenen Leistungs- und Abrechnungsverbote seien also in den Vorjahren nicht vollziehbar und somit nicht zu befolgen gewesen. Neben der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Widerlegungsentscheidung vom 02.10.2020 spräche auch die Abwägung der wechselseitig berührten Interessen gegen die Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs. Auf Seiten des Antragstellers sei nicht nur ein finanzielles Erwerbsinteresse berührt. Das Leistungserbringungs- und Abrechnungsverbot berühre die verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit sowohl des Antragstellers als auch des operierenden Arztes. Dieses Interesse wiege umso schwerer, als die Folgen einer sofortigen Vollziehung der Widerlegungsentscheidung weit über das in der Entscheidung unmittelbar geregelte Jahr 2021 hinausgehen. Denn wenn ab dem 01.01.2021 keine Leistungen erbracht werden dürften, würde zugleich ein wesentlicher Bestandteil der Prognosegrundlagen für das Jahr 2022 entfallen. Eine erneute Leistungserbringung wäre dann gegebenenfalls erst nach einer zweijährigen Unterbrechung wieder möglich (§ 7 Abs. 1 Mm-R). Ob dann ein erneuter Markteintritt überhaupt gelingen würde, sei unklar. Unter Berücksichtigung der mehrjährigen, möglicherweise sogar dauerhaften Auswirkungen des Leistungserbringungsverbots liege in der Entscheidung nach § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V ein massiver Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG. Würde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung versagt, würde zudem der Rechtsschutz in der Hauptsache wahrscheinlich ins Leere gehen. Würde der Antragsteller ab dem 01.01.2021 keine Leistungen erbringen, gäbe es bis zur Entscheidung in der Hauptsache nichts, was im Falle einer erfolgreichen Klage noch zur Abrechnung zu bringen wäre oder was eine positive Prognose für 2022/2023 begründen könnte. Eine Bestätigung des Sofortvollzugs käme damit einem endgültigen Ausschluss für mindestens 2 Jahre gleich, auch wenn sich die Klage als begründet erweisen sollte. Denn selbst wenn bereits Mitte 2021 ein Urteil ergehen sollte, wäre es nicht möglich, die bis dahin entgangenen Leistungen nachzuholen. Die Mindestmenge wäre dann in den verbleibenden Monaten kaum noch erreichbar. Ein vergleichbar endgültiger Effekt würde im umgekehrten Fall nicht eintreten. Würde die aufschiebende Wirkung angeordnet, die Klage aber Mitte 2021 abgewiesen, wären zwar die Fälle des ersten Halbjahres erbracht und zu bezahlen. Für das zweite Halbjahr 2021 würde das Urteil aber Wirkung entfalten und mangels einer fortsetzbaren Leistungserbringung zugleich einer positiven Prognose für 2022/2023 entgegenstehen. Die Mm-R seien ein Instrument der Qualitätssicherung mit dem Ziel des Patientenschutzes. Die Benennung dieses allgemeinen Ziels der Mm-R reiche indes nicht aus, um die sofortige Vollziehung einer Widerlegungsentscheidung nach § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V zu begründen. Anderenfalls würde die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen, dass eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung entfaltet. Soweit die Antragsgegner auf die – aus ihrer Sicht unzulässige – fortgesetzte Leistungserbringung der Jahre 2018 bis 2020 verweisen, spreche dies unter dem Aspekt der Patientensicherheit nicht gegen, sondern für den Antragsteller. Denn die Mm-R stellten maßgeblich auf den Erwerb einer Behandlungsroutine ab. Diese aber sei durch die fortgesetzte Leistungserbringung der Jahre 2018 bis 2020 unstreitig vergrößert worden. Umstände, aus denen eine konkrete Gefährdung des Patientenschutzes abzuleiten wäre, bestünden nicht und seien von den Antragsgegnern auch nicht behauptet worden. Die Ergebnisqualität des Antragstellers sei unbestritten gut. Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der am 27.10.2020 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 02.10.2020 anzuordnen. Die Antragsgegner beantragen, den Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung der am 27.10.2020 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 02.10.2020 zurückzuweisen. Sie meint, die Prognosewiderlegung vom 02.10.2020 habe nicht unter Einbeziehung der B. O. erlassen werden müssen. Für den Leistungsbereich "komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" sei die Prognose auch für das Jahr 2021 widerlegt. Zur Begründung wiederholen und vertiefen die Antragsgegner ihre Ausführungen aus dem Bescheid vom 02.10.2020. Zu Unrecht erbrachte Leistungen könnten nicht zur Feststellung einer berechtigten mengenmäßigen Erwartung im Rahmen der Prognosestellung herangezogen werden. Etwas anderes würde der Systematik des § 136b SGB V zuwiderlaufen und den Schutzzweck dieser Vorschrift – Sicherung der Behandlungsqualität zugunsten der Patienten – ad absurdum führen. Denn dann hätte es das Krankenhaus, dass die Leistungsmengen nicht erreicht hat, rechtsmissbräuchlich selbst in der Hand, sich durch Missachtung des gesetzlichen Leistungserbringungsverbotes in den Stand zu versetzen, nicht nur die Mindestmenge zu erreichen, sondern darüber auch noch eine Leistungserbringung für das kommende Jahr zu erwirken. Darüber hinaus bestehe eine berechtigte mengenmäßige Erwartung bei Erreichen der maßgeblichen Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr gem. § 136b Abs. 4 Satz 4 SGB V ausdrücklich nur "in der Regel". Der Gesetzgeber habe somit Konstellationen vorgesehen, in denen die Rechtsfolge der berechtigten Erwartung nicht eintritt. Damit gehe er über eine numerische Betrachtung des Erreichens der maßgeblichen Mindestmenge hinaus. Hauptanwendungsfall dürfte das Erreichen der Mindestmenge trotz bestehenden Leistungs- und Abrech-nungsverbotes sein. Laut der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 136b Abs. 4 SGB V verstoße der Krankenhausträger, der ein bestehendes Leistungsverbot in einem Gebiet, in dem Leistungsuntergrenzen normiert wurden, missachtet, gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V (Qualitätsgebot) und gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot). Dieser Verstoß bliebe folgenlos, wenn der Krankenhausträger widerrechtlich erbrachte Leistungen zur Begründung einer positiven Prognose für die Zukunft heranziehen könnte. Selbst bei unterstellten offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren würde eine Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers auszufallen. Das grundlegende Konzept der Mindestmengen ziele darauf ab, im Interesse des Patientenschutzes grundsätzlich mengenabhängige Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Dem öffentlichen Interesse an der Qualitätssicherung und am Patientenschutz stehe das wirtschaftliche Interesse des Krankenhauses gegenüber, im Rahmen der Berufsausübungsfreiheit die maßgeblichen Eingriffe durchzuführen. Das öffentliche Interesse an der qualitätsgerechten Krankenhausbehandlung überwiege gegenüber den wirtschaftlichen Interesse des Krankenhauses, die streitgegenständIiche Leistung uneingeschränkt an Patienten zu erbringen. Das Gemeinwohl gebiete es, zur Erreichung einer besseren Versorgungsqualität für solche Eingriffe die Qualitätssicherung zugunsten der betreffenden Individual- und Gemeinwohlbelange zu gewichten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatze und den sonstigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 27.10.2020 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 02.10.2020 anzuordnen, ist zulässig und begründet. Der G-BA hat aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V die so genannten Mindestmengenregelungen (Mm-R) in Bezug auf bestimmte planbare Krankenhausleistungen beschlossen. Zu diesen gehören "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus"; für diese beträgt die jährliche Mindestmenge pro Krankenhaus 10 Eingriffe. Nach § 136b Abs. 4 SGB V dürfen zwar entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden, wenn die nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird (Satz 1) und steht einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, kein Vergütungsanspruch zu (Satz 2). § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V bestimmt jedoch, dass der Krankenhausträger eine positive Prognose für das jeweils folgende Jahr vorlegen muss, um Leistungen im sachlichen Geltungsbereich einer Mindestmenge erbringen zu dürfen, muss ("Für die Zulässigkeit der Leistungserbringung muss der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird [Prognose]."). Hieraus folgt, dass der Krankenhausträger allein durch die Vorlage einer (jedenfalls nicht völlig abwe-gigen und schlechthin willkürlich erscheinenden) Prognose weiterhin Leistungen im Geltungsbereich der betroffenen Mindestmenge erbringen darf. Ein Genehmigungsverfahren schließt sich an die Vorlage der Prognose nicht an; § 136b Abs. 4 SGB V enthält insoweit keine Regelung. Vielmehr ist ein schlichtes Prüfverfahren in Gang gesetzt, in dessen Rahmen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen die Tragfähigkeit der Prognose prüfen. § 5 Abs. 5 der Mm-R (in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung) sieht diese Prüfobliegenheit ausdrücklich vor; sie mündet in einer Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung, die im Falle eines positiven Ergebnisses lediglich informatorischen Charakter aufweist und keine Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darstellt. Das Regelungskonzept von § 136b Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Mm-R sieht keine positive, die Qualität eines Verwaltungsaktes besitzende Entscheidung über die bestehende Berechtigung zur Leistungserbringung vor (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER). Allerdings können die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen "bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose widerlegen" (§ 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V) Hiergegen ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben (Satz 7), ein Vorverfahren findet nicht statt (Satz 8). Diese "Widerlegungsentscheidung" weist die Qualität eines belastenden Verwaltungsakts im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X auf. Denn es handelt sich um eine Entscheidung, die zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen gerichtet ist; sie bewirkt zu Lasten des Krankenhausträgers, dass Leistungen im Bereich der Mindestmenge nicht erbracht werden dürfen. Die gegen die Widerlegungsentscheidung vom 02.10.2020 erhobene Anfechtungsklage hat – grundsätzlich (vgl. § 86a Abs. 1 SGG) – aufschiebende Wirkung. Allerdings entfällt nach § 86a Abs. 2 SGG die aufschiebende Wirkung – abgesehen von den unter Nrn. 1. bis 4. aufgeführten, hier nicht einschlägigen Fallgruppen – nach Nr. 5 in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Von dieser Möglichkeit haben die Antragsgegner im Bescheid vom 02.10.2020 Gebrauch gemacht. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Anordnungsbefugnis besteht nicht nur dann, wenn von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG), sondern auch dann, wenn eine Behörde die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG). Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begründet. Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen vor. Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung anordnet bzw. wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2011 – L 11 KA 97/10 B ER – m.w.N.). Entsprechend der Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG (Aussetzung der Vollziehung) soll die aufschiebenden Wirkung angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zu beachten: In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG haben Widerspruch und Klage hingegen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Es ist ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten erforderlich. Nur dann wird (ausnahmsweise) die sofortige Vollziehung angeordnet. Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit müssen die Gründe für den Sofortvollzug in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ausschließen (LSG NRW, a.a.O.). Es kann dahinstehen, ob – wie der Antragsteller – meint, die Nichtbeteiligung der B. O. an der Entscheidung die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 02.10.2020 begründet. Denn dieser Bescheid ist aus anderen wesentlichen Gründen materiell offenbar rechtswidrig. Im Dezember 2017 – konkret: mit der Durchführung eines ersten "komplexen Eingriffs am Organsystem Ösophagus" – begann der Antragsteller mit dem Aufbau eines neuen Leistungsbereiches, der unter die Mm-R fällt. Nummer 3 der Anlage 2 ("Allgemeine Ausnahmetatbestände gemäß § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V") der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung der Mm-R vom 07.12.2016 (BAnz AT 23.12.2016 B8) bestimmte: "Beim Aufbau neuer Leistungsbereiche werden Übergangszeiträume von 36 Mo-naten eingeräumt." Daraus folgt, dass der Antragsteller für diesen Übergangszeitraum – konkret: von Dezember 2017 bis November 2020 – an die Vorgaben des § 136b Abs. 4 SGB V und insbesondere die in der Anlage 1 Nr. 3 der Mm-R festgelegte jährliche Mindestmenge von 10 komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus nicht gebunden war. Für diesem Übergangszeitraum bestand keine Pflicht des Antragstellers, in 2018 für 2019 und in 2019 für 2020 die nach der jeweils maßgeblichen Mm-R beabsichtigten Eingriffe anzuzeigen und/oder eine entsprechende Prognose abzugeben. Weder nach dem Gesetz noch nach den Mm-R bestand eine Pflicht, das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes mitzuteilen. Auch war die Berechtigung zur Durchführung komplexer Eingriffe am Organsystem Ösophagus nicht davon abhängig, dass die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen zuvor das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes festgestellt hatten. Die Tatsache, dass der Antragsteller einen Ausnahmetatbestand nach der Anlage 2 Nr. 3 der Mm-R (a.F.) nicht mitgeteilt und für das Kalenderjahr 2018 auch keine Prognose nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V dargelegt hat, begründet kein Leistungserbringungs- und Vergütungsverbot für den im Dezember 2017 und die zehn in 2018 erbrachten Ösophagus-Eingriffe. Ebenso hat der Antragsteller auch die im Jahr 2019 durchgeführten zwölf und die im ersten Halbjahr 2020 durchgeführten fünf komplexen Eingriffe am Organsystem Ösophagus berechtigt erbracht und ist diesbezüglich keinem Leistungserbringungsverbot ausgesetzt (gewesen). Soweit für 2019 und 2020 die Mm-R in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung Anwendung finden, ergibt sich dar-aus nichts anderes. Denn gemäß § 10 Abs. 3 Mm-R (n.F.) bleibt eine bis zum 31.12.2017 bestehende Berechtigung zur Leistungserbringung auf Grundlage von Ausnahmetatbeständen oder Übergangsfristen der Mm-R in der zuletzt geänderten Fassung vom 07.12.2016 unberührt. Erstmals für das Kalenderjahr 2021 hatte der Antragsteller im laufenden Kalenderjahr 2020 – gem. § 5 Abs. 1 Mm-R bis 15.07.2020 – eine Prognose zu übermitteln. Dem hat er mit dem Schreiben vom 10.07.2020 entsprochen. Die dargelegten Zahlen erfüllen die Voraussetzungen nach § 4 Mm-R, um auch 2021 komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus durchführen zu dürfen. Eine vorherige positive Feststellung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen, die Leistungen erbringen zu dürfen, war und ist nicht erforderlich (LSG Niedersachse-Bremen, Urteil vom 16.06.2020 – L 16 KR 64/20; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER; SG Berlin, Urteil vom 05.03.2020 – S 56 KR 2033/19; anders noch: SG Berlin, Beschluss vom 10.05.2019 – S 182 KR 322/19 ER). Eine solche positive Entscheidung fordern weder das Gesetz noch die Mm-R. Im Gegenteil: Nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V und § 4 Abs. 1 Satz 1 Mm-R (n.F.) genügt es für die Zulässigkeit der Leistungserbringung, dass der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen jährlich darlegt, dass die festgelegte Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose). Die in der Entscheidung vom 02.10.2020, die der Antragsteller mit der Klage (S 13 KR 379/20) angefochten hat, von den Antragsgegnern angeführten "erheblichen Zweifel" sind nicht begründet. Entgegen der rechtlichen Bewertung der Antragsgegner hat der Antragsteller die komplexen Eingriffe am Organsystem Ösophagus seit Dezember 2017 – wie oben dargelegt – nicht zu Unrecht, sondern berechtigt durchgeführt. Es fehlt daher nicht an der erforderlichen "berechtigten Erwartung" der Erreichung der Mindestmenge in 2021. Die Entscheidung vom 02.10.2020 dargelegten Erwägungen sind nicht geeignet, die Prognose des Antragstellers zu widerlegen. Da die Antragsgegner somit ohne tatsächliche und rechtliche Grundlage in der angefochtenen Widerlegungsentscheidung vom 02.10.2020 auch festgestellt haben, dass komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus entsprechend der Anlage der Mm-R ab 01.10.2021 nicht erbracht und abgerechnet werden dürfen und diesbezüglich die sofortige Vollziehung angeordnet haben, war dieser Anordnung des Sofortvollzugs durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu begegnen. Bereits die aus den dargelegten Gründen offensichtliche Rechtswidrigkeit des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes steht einem öffentlichen Interesse oder einem überwiegenden Interesse der Antragsgegner an dem Sofortvollzug entgegen. Dies gilt umso mehr, als auch zur Begründung des sofortigen Vollziehung "missbräuchlich erreichte Fallzahlen" und eine von Anfang an bestehende fortgesetzte "Missachtung des gesetzlichen Leistungserbringungsverbotes" behauptet werden; diese Begründung ist rechtlich und tatsächlich unzutreffend. Die im Rahmen der Interessenabwägung von den Antragsgegnern zur Begründung des Sofortvollzugs bemühte "Qualitätssicherung" und "körperliche Unversehrtheit der Patienten" wird jedenfalls durch eine – rechtsirrig – behauptete "Perpetuierung des Qualitätsverstoßes" nicht berührt. Dagegen würde die sofortige Vollziehung der angefochtenen Entscheidung vom 20.10.2020 in erheblichen Ausmaß die wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers und die Berufsausübungsfreiheit der operierenden Ärzte beinträchtigen; dafür gibt es keine anzuerkennenden Gründe. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren des einstweiligen Rechts-schutzes wie dem vorliegenden hält die Kammer einen Streitwert in Höhe von einem Viertel der der wirtschaftlichen Bedeutung der Hauptsache für sachgerecht. Der Antragsteller hat den für 2021 erwarteten Umsatz aus der Durchführung komplexer Eingriffs am Organsystem Ösophagus mit 320.000,00 EUR beziffert; ein Viertel hiervon sind 80.000,00 EUR.
Rechtskraft
Aus
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