Die für alle Krankenversicherten ab dem 1. Januar 2021 verfügbare elektronische Patientenakte (ePA) soll zunächst mit einer Testphase starten. Als bislang größtes IT-Projekt im deutschen Gesundheitswesen mit der Vernetzung von 200.000 Leistungserbringern und bis zu 73 Millionen Versicherten sei die Einführung "ein herausfordernder Gesamtprozess für alle Beteiligten", antwortete das Bundesgesundheitsministerium auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Daher sei ein Stufenprozess vorgesehen.

E-Akten der Krankenkassen sollen Versicherten zum Download zur Verfügung stehen, wie das Ministerium erläuterte. Dies sei die Grundlage, um persönliche Gesundheitsinformationen einstellen und verwalten zu können. Zugleich solle damit eine "umfangreiche Test- und Einführungsphase mit ausgewählten Arztpraxen und Krankenhäusern" beginnen. Ziel sei, dass sich schon währenddessen mehr Einrichtungen beteiligen. Nach der Testphase und einer finalen Zulassung solle dann die flächendeckende Vernetzung beginnen. Wie gesetzlich festgelegt, müssten Praxen dafür bis zum 1. Juli über die für den Zugriff auf die ePA nötigen Dienste verfügen.

Voller Funktionsumfang erst ab 2022

Nach jahrelangem Streit um die Ausgestaltung der E-Akte soll sie nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Digitalisierung im Gesundheitswesen deutlich voranbringen. Als freiwilliges Angebot soll sie als App verfügbar sein und schrittweise mehr Funktionen erhalten.

Neben Arztbefunden und Röntgenbildern sollen ab 2022 der Impfausweis, der Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonusheft digital abrufbar sein. Was davon gespeichert wird, sollen Patientinnen und Patienten selbst entscheiden können. Ihrer Entscheidung obliegt es auch, wer auf die ePA zugreifen darf. Im ersten Jahr soll dies allerdings nur in grober Form möglich sein, erst ab 2022 können Versicherte dann für jedes Dokument einzeln festlegen, welcher Arzt es sehen kann.

Dass die E-Akte nicht gleich perfekt sein würde, sei lange bekannt, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink. Aber dass wesentliche Funktionen nicht schon zum Start verfügbar seien, sei "schon ein starkes Stück". Ohne baldige technische Updates für Praxen gebe es für Ärzte keine Möglichkeit, Daten einzustellen. "Damit bleibt der Mehrwert der Akte zu Beginn doch recht überschaubar, für Versicherte wird die ePA monatelang nicht mehr sein als eine persönliche Cloud."

"Keine falsche Erwartungshaltung aufbauen"

Zusätzlich drohe Verunsicherung durch datenschutzrechtliche Bedenken. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber beanstandet die "abgespeckten" Zugriffsmöglichkeiten zum Start und hat Warnungen und Anweisungen an 65 Krankenkassen mit insgesamt 44,5 Millionen Versicherten angekündigt, über die er die Aufsicht hat. Das Gesundheitsministerium weist die Bedenken zurück.

Klein-Schmeink sagte, es sei klar, dass bei einem umfangreichen Digitalprojekt nicht alles nach Plan laufen könne. "Darüber sollte aber transparent und ehrlich gesprochen werden, um keine falsche Erwartungshaltung aufzubauen. Ansonsten steht zu befürchten, dass Versicherte die ePA ausprobieren, keinen Nutzen für sich erkennen und die Akte links liegen lassen."