Corona und Zeitdruck: Die Spitäler Uster und Wetzikon sagen die geplante Fusion ab

Die Folgen der Pandemie und anderes verunmöglichen den ohnehin schwierigen Zusammenschluss der beiden Krankenhäuser im Zürcher Oberland. Sie wollen aber auf medizinischer Ebene verstärkt zusammenarbeiten.

Stefan Hotz
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Die beiden Spitäler im Oberland, hier das Bettenhaus in Wetzikon, bleiben organisatorisch eigenständig.

Die beiden Spitäler im Oberland, hier das Bettenhaus in Wetzikon, bleiben organisatorisch eigenständig.

Dominic Steinmann / NZZ

Wirklich überraschend kam die Nachricht nicht, ein Paukenschlag ist es dennoch: Am Freitag geben die Spitäler Uster und Wetzikon in einer gemeinsamen Mitteilung bekannt, dass sie ihre Fusionspläne aufgeben. Unmittelbarer Anlass: Es ist unmöglich, dem Kanton rechtzeitig gemeinsam Unterlagen für die Spitalplanung einzureichen. Ausserdem können die anstehenden Aufgaben für die Fusion angesichts der derzeitigen Belastung durch die Pandemie nicht erfüllt werden.

Vor einem Jahr schien alles noch den geplanten Weg zu gehen. Politisch war die Fusion gut vorbereitet, was aufgrund der unterschiedlichen Rechtsform nicht selbstverständlich war. Das Spital Wetzikon hatte sich vor Jahren in eine AG umgewandelt. In Uster scheiterte dieser Schritt 2015, weshalb die Trägerschaft weiterhin ein Zweckverband der angeschlossenen Gemeinden ist.

Dann fiel die im Mai 2020 vorgesehene Volksabstimmung wegen der Pandemie ins Wasser. Die Verschiebung auf den September machte eine Neubewertung mit Blick auf die Ausfertigung des Fusionsvertrags nötig. Dabei zeigte sich, dass das Spital Uster finanziell in Schieflage geraten war. Statt des geplanten Gewinns von 4 Millionen Franken resultierte für 2019 ein Verlust von 7 Millionen. Das liess die angestrebte Parität nicht mehr erwarten, weshalb die Abstimmung abgesagt wurde.

Spital Uster wieder auf Kurs

Mittlerweile habe die erforderliche Parität plausibel gemacht werden können, heisst es in der Mitteilung. Nach Auskunft von Reinhard Giger, dem Präsidenten des Spitals Uster, befindet man sich wieder in dem Bereich, der eine Fusion der beiden Spitäler zu gleichen Teilen rechtfertigt. Mit der Equipe um den Spitaldirektor Andreas Greulich, der im letzten Februar seinen Posten antrat, habe man einen neuen Businessplan erarbeitet und Einsparungen vorgenommen. «Das Spital Uster ist auf dem besten Weg, den Turnaround zu schaffen», sagt Giger. Die finanzielle Situation wäre somit kein Hinderungsgrund mehr.

Absolut keine Rolle spielen bei der geplatzten Fusion laut dem Präsidenten des Ustermer Spitals die Turbulenzen um die Entlassung der Leiterin innere Medizin im Sommer. Der Schritt der Spitaldirektion hatte heftige Reaktionen in Ärztekreisen ausgelöst. Er eskalierte dann aber nicht weiter wie ein ähnlicher Fall im Spital Bülach, der zum Abgang des Direktors und des Präsidenten führte.

Offenbar hat man aber im Oberland die Anforderungen der Fusion unterschätzt. Die Situation sei aufgrund der Entwicklungen im wirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und gesellschaftlichen Umfeld «derart mit Unwägbarkeiten belastet, dass der Abbruch des Fusionsprozesses weniger risikobehaftet ist als seine Fortsetzung», schreiben die Spitäler.

Dass der Zusammenschluss tiefgreifende Änderungen zur Folge hätte – erwähnt werden IT, Bauvorhaben, Führung –, sei zwar bekannt gewesen. Angesicht der Corona-Situation seien diese Aufgaben praktisch nicht zu stemmen, teilen die Spitäler mit. Ausserdem habe die kantonale Gesundheitsdirektion den Termin für die Einreichung der Bewerbungsunterlagen für die Spitalplanung 2023 auf den 1. Juli vorverlegt. Bis dahin einen Abstimmungsentscheid für eine Fusion herbeizuführen, sei völlig unrealistisch.

Deshalb sei es zielführender, wenn sich jedes Spital separat für die Leistungsaufträge bewerbe, heisst es weiter. Dass auch dieses Szenario zu bewältigen sei, hätten beide Spitäler immer betont und sei angesichts der Fakten die unternehmerisch sicherere Option.

Kooperation wird vertieft

Gleichwohl äussern die beiden Spitalpräsidenten grosse Enttäuschung über das Aus für die Fusion. Für Jörg Kündig, Verwaltungsratspräsident des Spitals Wetzikon, bedeutet das einen herben Rückschlag für die Vision einer medizinischen Grundversorgung im Oberland unter einem Dach. Natürlich sei die Frustration gross, weil er und andere sehr viel Zeit und Arbeit investiert hätten, sagt er auf Anfrage.

Hingewiesen wird aber auf den grossen Lernprozess, den die Vorbereitung der Fusion ausgelöst habe. Dieser soll insbesondere auf medizinischer Ebene vertieft und ausgedehnt werden. So haben beide Verwaltungsräte beschlossen, die Frauenkliniken und die beiden Kliniken für Urologie unter einer Führung zusammenzufassen.

Es gibt weitere Felder der Kooperation. Den Einkauf haben die beiden Spitäler bereits zusammengelegt. Reinhard Giger erwähnt, dass im kommenden Jahr in Kollbrunn eine gemeinsame, zentrale Sterilisation aufgebaut werde. Das ermögliche, Kosten zu senken und die Qualität zu erhöhen. Jörg Kündig sieht Chancen, sich gemeinsam um einen Leistungsauftrag des Kantons zu bewerben. Doch zwei Spitäler unter einer Trägerschaft gibt es vorerst im Oberland nicht.