Desolate Finanzlage - Was den Krankenhäusern jetzt helfen könnte

Stand: 29.12.2020, 20:51 Uhr

Krankenhäusern in Deutschland fehlen Einnahmen wegen verschobener Eingriffe und Corona-Maßnahmen. Gehälter könnten bald nicht mehr bezahlt werden. Das Problem liegt aber tiefer - auch in NRW.

Jochen Brink ist Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Im Interview skizziert er die desolate finanzielle Lage der Krankenhäuser. Und er fordert: Reiche Häuser müssten am Ende ärmeren helfen.

Wie steht es um die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen in der Corona-Krise?

Jochen Brink: Erst einmal versuchen wir natürlich, uns auf das zu konzentrieren, was wichtig ist, nämlich unsere Patienten in dieser schwierigen Zeit zu versorgen. Aber uns drücken natürlich auch wirtschaftliche Nöte.

Der Bund gewährt ja Hilfen. Gibt es auch Krankenhäuser, für die das Geld letztendlich reichen wird?

Jochen Brink: Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser war vielfach noch vor Corona, also bis einschließlich 2019, durchaus problematisch. Das hat sich 2020 verschärft. Die Fallzahlenpauschalen, die es dieses Jahr gab, waren gut und angemessen. Sie haben vielen Krankenhäusern geholfen, wirtschaftlich in dieser Zeit gut zurecht zu kommen. Aber das gilt nicht für alle Häuser. Es gab Krankenhäuser, vor allem die größeren, die soviel Infrastruktur vorzuhalten haben, dass die Fallpauschalen eng waren.

Hinzu kommt: Wir haben insgesamt deutlich weniger Patienten als in der Zeit vor Corona – und das hat verschiedene Gründe. Zum einen haben wir unsere Kapazitäten in den Krankenhäusern reduzieren müssen. Etwa aufgrund besonderer Hygienekonzepte. So haben wir kleinere Zimmer nicht mehr mit drei Patienten belegen können. Auch durch Desinfektions- und Quarantänebereiche sind unsere Kapazitäten geringer geworden. Aus Angst vor Corona haben zudem manche Patienten-Aufenthalte schlichtweg nicht stattgefunden. Das alles drückt auf die Erlöse und macht wirtschaftliche Probleme.

Was würden Sie sich denn wünschen, was müsste jetzt passieren?

Jochen Brink: Insbesondere ist es die Liquidität, die uns zu schaffen macht. Wir wünschen uns, dass es zu längerfristigen Liquiditätshilfen in Form von gestaffelten Fallpauschalen kommt. Nachher, Ende des Jahres 2021, sollte man schauen, was die Krankenhäuser eingenommen haben im Vergleich zum letzten Jahr vor Corona, nämlich dem Jahr 2019. Die Häuser, die mehr Einnahmen hatten als im Vergleich zu 2019, sollten den Überschuss zurückzahlen. Diejenigen, die weniger bekommen haben als in 2019, sollen für den Mindererlös einen Ausgleich bekommen. Das wäre eine faire Lösung. Da bekommt keiner zuviel und die, die es wirklich brauchen, kriegen es am Ende auch.

Sollte das auch dazu führen, dass man die Strukturen überdenkt, dass man Krankenhäuser etwa schließt oder zusammenlegt?

Jochen Brink: Also, wir hatten in NRW den Anlauf unserer Landesregierung für einen neuen Krankenhausplan. Und wir hatten gesagt, wir gehen da konstruktiv mit. Wir möchten das aber nicht vermischt wissen mit der Corona-Pandemie. Das sind strukturelle Probleme, denen wir uns insgesamt stellen müssen und uns auch stellen wollen. Allerdings sollte man jetzt keinesfalls diese Krise instrumentalisieren , um so eine Bereinigung der Krankenhauslandschaft zu erreichen.

Aber kann es nicht sein, dass Corona auch strukturelle Punkte offenlegt?

Jochen Brink: Ich glaube, dass ein gestuftes, vernetztes System der Schlüssel zum Erfolg ist. Also durchaus auch Krankenhäuser in Ortsnähe, die beteiligt sind an der Behandlung von Covid-Patienten, die aber bestmöglich mit den Spitzenzentren von Unikliniken digital vernetzt sind. So kann man schauen, bis wann ein Patient bestmöglich ortsnah aufgehoben ist oder wo noch Verbesserungen möglich sind. Das ist aus meiner Sicht eine gute Lösung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Birgit Eger. Für die Online-Fassung wurde es redaktionell aufbereitet und gekürzt.