Konkrete Anforderung von Unterlagen zur Begründung der Ausschlussfrist?

0

Die Gerichte beurteilen nach wie vor sehr unterschiedlich, wie die Frist zur Vorlage der Unterlagen an den Medizinischen Dienst (MD) nach § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV aF auszulegen ist, auch wenn das BSG in seiner Entscheidung vom 19.11.2019 (- B 1 KR 33/18 R -) zumindest angedeutet hatte, dass die PrüfvV eine wirksame Ausschlussfrist für die Krankenhäuser enthält, ist diese Frage zwischen verschiedenen Landessozialgerichten strittig (vgl. etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 10.09.2020 – L 4 KR 88/19 –; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.07.2020 – L 16 KR 395/16 –; a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 27.08.2020 – L 8 KR 41/19 –; differenzierend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2020 – L 11 KR 1437/19 –). Das BSG wird dazu im kommenden Jahr eine Grundsatzentscheidung fällen, die aber durch den Hinweis des BSG in der Entscheidung vom 19.11.2019 (- B 1 KR 33/18 R -) vorgezeichnet ist.

Spannend wird die Frage sein, ob sich die Ausschlussfrist auch auf Unterlagen bezieht, die der MD nicht ausdrücklich angefordert hat.

Denn nach der ständigen Praxis fordert der MD regelmäßig konkrete Unterlagen an und ergänzt die Anforderung um den Satz, dass auch alle anderen für die Prüfung relevanten Unterlagen vorgelegt werden sollen.

Nach der Ansicht einiger Gerichte reicht dies aus, weil regelmäßig allein die Krankenhäuser die Relevanz der Unterlagen für die Prüfung erkennen könne. Dies stellte auch keinen Widerspruch zu § 276 Abs. 2 SGB V dar, sondern rechtfertige sich insbesondere aus dem dort normierten Gebot der Datensparsamkeit. Der MD müsste andernfalls jeweils die gesamte Patientenakte anfordern und würde damit deutlich mehr Unterlagen einsehen müssen, als zur Prüfung erforderlich. Dies würde auch zu einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens führen. Die Vornahme einer Auswahl der Unterlagen sei dem Krankenhaus auch zumutbar, weil es gegenüber dem MD über einen Wissensvorsprung verfüge und daher nur das Krankenhaus eine sachgerechte Auswahl vornehmen kann. Es läge auch im Interesse des Krankenhauses, die eigene Abrechnung zu begründen (so etwa SG Dortmund, Urteil vom 10.08.2020 – S 68 KR 1356/18 –).

Dagegen sind andere Gericht der Ansicht, dass mit der pauschalen ergänzenden Anforderung, alle sonstigen prüfrelevanten Unterlagen vorzulegen, keine Ausschlussfrist begründet werden könne. Danach sei gerade nicht Sache des Krankenhauses über die Erforderlichkeit der zu prüfenden Unterlagen zu entscheiden. Es stehe dem MD schließlich frei, die gesamte Patientenakte anzufordern, möchte er eine umfassende Prüfung durchführen. Eine völlig unbestimmte salvatorische Klausel in der Anforderung der Prüfunterlagen zuzulassen, lasse sich mit der gravierenden Rechtsfolge des Anspruchsverlustes nach § 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV aF nicht vereinbaren. Auch zur eigentlich bezweckten Beschleunigung des Prüfverfahrens stünde eine derartige Vorgehensweise in Widerspruch. Weder lasse sich die Einhaltung der Frist des § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV aF sicher prüfen, wenn der MD gar nicht wissen kann, welche Unterlagen als relevant tatsächlich vorzulegen sind, noch wäre eine aus Sicht der Krankenhäuser dann sicherheitshalber stets erforderliche Vorlage der gesamten Patientenakte sinnvoll zur Verfahrensbeschleunigung (so etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2020 – L 11 KR 1437/19 –).

Die Diskussion zeigt, erneut die Schwächen des schriftlichen Prüfverfahrens, die durch das nun durchzuführende Vorverfahren nach § 17c Abs. 2b KHG kaum beseitigt werden, auch wenn sich die Situation durch die neuen Fristen mit „Nachlieferungsmöglichkeiten“ in der aktuellen PrüfvV entschärft. Dennoch werden die Krankenhäuser zur Vermeidung von „Strafzahlungen“ zukünftig schlicht die gesamte Behandlungsdokumentation übersenden, um Sanktionen zu vermeiden, was Aufwand und Dauer des Prüfverfahrens erhöht. Vorrangig sollte daher die Prüfung vor Ort bleiben, in denen Krankenhaus und MD sich anhand der vorliegenden Dokumentation über die relevanten Unterlagen verständigen können.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

Ihre Meinung dazu?

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Ihre E-Mailadresse wird weder veröffentlicht, noch an Dritte weitergegeben.

* *

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden .