BSG und Schlichtungsausschuss relativieren strenge Auslegung bei Beatmung

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Das BSG hatte in einer aktuellen Entscheidung vom 17.12.2020 (- B 1 KR 13/20 -) sich erneut mit der Frage der Kodierung der maschinellen Beatmung nach der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 1001l auseinanderzusetzen.

In der Entscheidung vom 19.12.2017 (- B 1 KR 18/17 -) hatte das BSG festgestellt, dass die Spontanatmungsstunden während der Unterbrechungen der Beatmung nur dann kodiert werden dürfen, wenn sie in eine Phase der Entwöhnung fielen und daher auch eine Gewöhnung an die maschinelle Beatmung verlangen. Diese medizinisch wenig sinnvolle Definition war auf breite Kritik gestoßen. Teile der Rechtsprechung sind dieser Auffassung auch nicht gefolgt.

In der aktuellen Entscheidung hatte das BSG die Frage zu beantworten, ob die Spontanbeatmungszeiträume auch dann bei der Kodierung zu berücksichtigen sind, wenn gar keine Gewöhnung gelingt, sondern der Patient aufgrund der nach wie vor instabilen respiratorischen Situation mit einem Heimbeatmungsgerät entlassen wird.

Das BSG nahm in der Entscheidung an, dass dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht entgegenstände, dass die Entwöhnung von der maschinellen Beatmung während der stationären Behandlung nicht erfolgreich gewesen ist. Vielmehr enthalte die DKR 1001l keine Regelung dahingehend, dass Spontanatmungsstunden nur im Rahmen erfolgreicher Entwöhnungen berücksichtigungsfähig seien Die Kodierung von Spontanatmungsstunden als Beatmungsstunden nach DKR 1001l setzt nach dem BSG voraus, dass der Versicherte vom Beatmungsgerät durch den Einsatz einer Methode der Entwöhnung entwöhnt wurde, weil zuvor eine Gewöhnung an die maschinelle Beatmung eingetreten ist (BSG Urteil vom 19.12.2017 – B 1 KR 18/17 R –). Daran hält das BSG auch fest. Nach dem BSG ist die „Gewöhnung“ im Sinne der DKR 1001l nach wie vor zu definieren als die erhebliche Einschränkung oder den Verlust der Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können. Eine „Gewöhnung“ an das Beatmungsgerät ist aber nach dem BSG nicht an weitere, darüberhinausgehende Voraussetzungen geknüpft. Die „Gewöhnung“ kann nach dem Gericht insbesondere darauf beruhen, dass nach dem Beginn der maschinellen Beatmung die Unfähigkeit zur Spontanatmung (im Sinne der Definition) bereits aufgrund der behandelten Erkrankung oder erst durch eine Schwächung der Atemmuskulatur infolge der maschinellen Beatmung oder durch ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren eintritt.

Die vorsichtige Einschränkung der ursprünglichen wenig differenzierten Rechtsprechung des BSG ist zu begrüßen. Damit dürfte zumindest klargestellt sein, dass die erforderliche Gewöhnung nicht allein auf die Durchführung der maschinellen Beatmung beruhen muss, was ein beliebtes Argument der Kostenträger zur Ablehnung der Kodierung der Spontanbeatmungszeiten gewesen ist, so dass eine Entwöhnung erst ab einer gewissen Mindestbeatmungszeit angenommen wurde. Nach dem BSG reicht nun für die Annahme einer Gewöhnung auch die zugrundeliegende Erkrankung aus.

Zusätzlich hat auch der Bundesschlichtungsausschuss hat in einer Entscheidung vom 02.12.2020 zur KDE 584 klargestellt, dass die Kodierung sog. Weaningphasen keine Mindestbeatmungsdauer von 48 Stunden voraussetzt. Dies entspricht auch der Entscheidung vom 02.12.2020 zur KDE 549 zur Maskenbeatmung.

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