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Die hohen Defizite der vergangenen Jahre zwingen den Klinikverbund Hersfeld-Rotenburg dazu, sich schnell neu aufzustellen. - Fotos (2): Klinikum Hersfeld-Rotenburg

BAD HERSFELD Alles kommt auf den Prüfstand!

Kräfte werden gebündelt: Klinik-Verbund will sich komplett neu aufstellen

HINTERGRUNDDer kommunale Klinikverbund Hersfeld-Rotenburg beschäftigt rund 3.100 Mitarbeiter. Von ihnen werden pro Jahr 40.000 Patienten stationär und 120.000 ambulant versorgt. Zu dem kreiseigenen Verbund gehören das Klinikum, die Orthopädie, die Klinik am Hainberg (alle Bad Hersfeld), das Herz-Kreislauf-Zentrum (Rotenburg) und die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Bad Hersfeld, Bebra und Rotenburg. +++

06.08.20 - Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg steckt in einer tiefen Krise: der Klinikverbund ist in Geldnot geraten. Um das in schwere Turbulenzen geratene "Schiff" vor dem drohenden Untergang zu bewahren, hatte der Kreistag im März einen Nachtragshaushalt, in dem eine Finanzspritze in Höhe von 15 Millionen Euro verankert ist, verabschiedet. Bereits im Februar hatte die Chefetage angekündigt, "alles auf den Prüfstand" stellen zu wollen.

"Die hohen Defizite der vergangenen Jahre zwingen den Klinikverbund Hersfeld-Rotenburg dazu, sich schnell neu aufzustellen. Kräfte und Expertise sollen gebündelt, Synergien gehoben werden. Ein Gutachten der auf das Gesundheitswesen spezialisierten Prüfungsgesellschaft Curacon zeigt, wie der kommunale Verbund in Zukunft aussehen soll, um weiter bestehen zu können. Die Mitarbeiterschaft wurde bereits informiert", heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.

"Momentan äußerst schwierige Situation"

Zunächst hätten die Prüfer die Ursachen ermittelt, die zu der - laut Geschäftsführung - "momentan äußerst schwierigen Situation" geführt haben. An erster Stelle sei bei den externen Gründen der Rückgang der Patientenzahlen zu nennen, verbunden mit dem Rückgang der Schwere der Fälle. Dies habe zu erheblichen Einnahmeverlusten geführt. Hinzu kämen schwierige politische Rahmenbedingungen durch Bund und Land, wie etwa Mindestpersonalgrenzen oder neue bauliche Vorgaben, ein erheblicher Investitionsstau und der seit Jahren bundesweit alle Kliniken betreffende Mangel an Fachkräften.

Aber auch interne Ursachen hätten dazu geführt, dass der Verbund in "schweres Wasser" geraten sei. Doppelvorhaltungen, die zum Teil unvorteilhafte Größe von Fachabteilungen, ineffektiver Personaleinsatz und der hohe Sanierungsbedarf seien Gründe für die Defizite.

Konkrete Zahlen belegen, wie brisant die Lage derzeit ist: In 2017 betrugen die Verluste 4,6 Millionen Euro, in 2018 waren es 7,6 Millionen Euro und im letzten Jahr bereits 13,2 Millionen Euro. Angesichts dieser Situation seien die Prüfer zu dem Schluss gekommen, dass eine Genesung durch weitere Einsparungen allein nicht möglich sein werde. Kaufmännischer Geschäftsführer Rolf Weigel sagt: "Ein 'Weiter so' wie bisher kann und darf es nicht geben. Wir müssen unsere Kräfte bündeln – und das schnell."

Dem HKZ bleibt nur noch die Reha

Was bleibt vom Herz-Kreislauf-Zentrum in Rotenburg an der Fulda? Offensichtlich ...

Die Gutachter - das endgültige detaillierte Konzeptpapier wird in drei Wochen erwartet - empfehlen laut Geschäftsleitung eine Konzentration im Bereich der Akutmedizin. Hier sollen im Verlauf der kommenden drei Jahre medizinisch-technische Doppelvorhaltungen abgebaut, stationäre Angebote in ambulante überführt sowie zu kleinen Versorgungsstrukturen gebündelt werden. Das würde mit sich bringen, dass dem Herz-Kreislauf-Zentrum (HKZ) in Rotenburg an der Fulda nur noch die Reha bleibe, alle anderen Abteilungen würden ins Klinikum Bad Hersfeld integriert. Auch die Orthopädie soll augenscheinlich vom Bad Hersfelder Kurpark ans Klinikum verlegt werden. Ein Ausbau der ambulanten Medizin soll eine weitere Säule des Unternehmens sein.

"In den patientenfernen Bereichen soll ebenfalls eine Konzentration der Leistungen erfolgen. Auch hier müssen Synergien gehoben und damit die Effektivität gesteigert werden. Bereits bewilligte Fördermittel sollen gebündelt werden", heißt es weiter aus der Führungsetage. Geplant sei auch der Bau eines neuen Funktionstraktes in Bad Hersfeld, der höchsten Ansprüchen gerecht werde und eine Versorgung der Patienten auf dem neuesten Stand erlaube.

Der medizinische Geschäftsführer Dr. Tobias Hermann stellt unmissverständlich klar: "Unsere klaren Ziele müssen sein: Der Erhalt einer guten medizinischen Versorgung der Region, das Bündeln medizinischer Expertise - besonders im Bereich Kardiologie, das langfristige Garantieren einer zeitgemäßen, modernen Versorgung, der Erhalt eines möglichst breiten medizinischen Spektrums, der Erhalt der kommunalen Trägerschaft in den Händen des Landkreises, zuverlässiger Arbeitgeber zu sein und Ausbildungsbetrieb der Region zu bleiben sowie Investitionen zu bündeln, um beste Medizin, Technik und Versorgung anbieten zu können."

Mitarbeiter vom Klinikum Hersfeld-Rotenburg sind informiert

Kräfte und Expertise - sprich: die Akutmedizin - sollen vor allem am Bad Hersfelder ...Archivfoto: O|N / Stefanie Harth

Die Geschäftsführung hoffe auf möglichst breite Unterstützung, um das Klinikum in kommunaler Trägerschaft halten zu können. "Wir wissen, dass es schmerzhafte Einschnitte geben wird. Uns ist auch klar, dass eine breite Diskussion natürlich nicht ausbleiben wird. Aber nur durch eine gründliche und zugleich schnelle Neustrukturierung können wir weiterhin eine wohnortnahe gute medizinische Versorgung gewährleisten", betont Rolf Weigel.

Die Mitarbeiter seien in den vergangenen Tagen von der Geschäftsleitung über die Pläne informiert worden. Auch seien die Mitarbeitervertretungen des Unternehmens eng in den Prozess eingebunden. Angesichts der großen Zahl von Mitarbeitern und den immer noch geltenden Abstands- und Hygieneregeln sei das nicht in allen Fällen persönlich möglich gewesen, sodass auch über die hauseigene App, Intranet und Rundschreiben informiert worden sei. Dr. Tobias Hermann: "Die geplanten Maßnahmen sind durchaus auf Verständnis gestoßen, denn die Mitarbeiterschaft hat nach unserem Eindruck den Ernst der Lage erkannt." (Stefanie Harth) +++


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