S 15 KR 639/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 15 KR 639/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 309/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 5.808,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2015 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.808,42 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf weitere Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung nebst Zinsen wegen der Streichung von Beatmungsstunden.

Die Klägerin ist Trägerin eines Uniklinikums (nachfolgend: Klinik). Die Beklagte ist die gesetzliche Krankenversicherung des am xx. Dezember 2011 geborenen Patienten C. C. (nachfolgend: Versicherter). Bei dem Versicherten handelt es sich um ein Frühgeborenes der 29+5 Schwangerschaftswoche, welches aufgrund einer mütterlichen Praeeklampsie entbunden werden musste. Die vorgeburtliche vorbereitende Lungenreifeinduktion konnte aufgrund der Dynamik der mütterlichen Erkrankung nicht vor der Entbindung abgeschlossen werden. Der Versicherte wurde bereits im Kreissaal wegen eines persistierenden Sauerstoffbedarfs mit einer CPAP Atemhilfe behandelt. Im weiteren Verlauf kam es klinisch zu einer Verschlechterung des Gasaustauschs. Der Zustand verbesserte sich nach einer endotrachealen Intubation. Nach der Extubation wurde die CPAP Atemhilfe bis zum endgültigen Ende jeglicher Atemhilfe und Sauerstoffzufuhr am 21. Dezember 2011 fortgesetzt. Der Versicherte wurde in der Klinik der Klägerin vom xx. Dezember 2011 bis 24. Februar 2012 in der Allgemeinen Pädiatrie und Neonatologie behandelt. Er wurde insgesamt 103 Stunden beatmet, davon 35 Stunden via CPAP (continous positive airway pressure). Bei dieser Beatmungsform wird der Patient über ein Schlauchsystem mit einem Beatmungsgerät verbunden. Im Schlauchsystem und nachfolgend in den Atemwegen und Lungenbläschen wird ein Druck erzeugt, der über dem atmosphärischen Druck liegt. Der Überdruck erleichtert das Einatmen, verstärkt den Atem also. Dieser höhere Druck liegt im Beatmungssystem kontinuierlich vor. Der Aufbau von Überdruck setzt zumindest eine im Beatmungsbereich geschlossene Maske voraus.

Mit Rechnung vom 2. Oktober 2012 rechnete die Klägerin die DRG P03C unter Berücksichtigung von 103 Stunden Beatmungsdauer ab. Der Rechnungsbetrag i.H.v. insgesamt 39.061,05 EUR wurde zunächst von der Beklagten ausgeglichen.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen mit einer Überprüfung. Mit Gutachten vom 1. Oktober 2012 kam dieser zu dem Ergebnis, dass lediglich eine Beatmungszeit von 68 Stunden anerkannt werden könne. Die CPAP-Beatmung könne nicht berücksichtigt werden. Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2013. In einem weiteren Gutachten vom 27. Februar 2014 kam der MDK erneut zu dem Ergebnis, dass die CPAP-Beatmung nicht abgerechnet werden könne. Am 11. August 2015 verrechnete die Beklagte für die abgerechneten CPAP-Beatmungsstunden einen Betrag in Höhe von 5.808,42 EUR mit weiteren Forderungen der Klägerin. Die Beklagte setzte statt der von der Klägerin angenommenen DRG P03C die DRG P64Z an.

Am 17. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Dauer der CPAP-Atemunterstützung sei bei Neugeborenen und Säuglingen bereits nach den Kodierrichtlinien (DKR) 2011 zu berücksichtigen. Denn dort sei die CPAP-Beatmung als Unterpunkt der maschinellen Beatmung genannt. In den Kodierrichtlinien 2013 sei eine entsprechende Klarstellung erfolgt. Hierbei handele es sich lediglich um eine Klarstellung der Kodierrichtlinie, die aber schon vorher Geltung gehabt habe. Es habe auch immer Einigkeit bestanden, dass die CPAP-Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen entsprechend der DKR bei der Ermittlung der Beatmungsdauer berücksichtigt würden. Die Nichtberücksichtigung führe dazu, dass eine Versorgung von Frühgeborenen nicht mehr finanzierbar sei.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.808,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die CPAP-Beatmung sei nach den DKR 2011 nicht als maschinelle Beatmung im Rahmen der Beatmungsstunden zu berücksichtigen. Dies sei leidglich für eine CPAP im Rahmen einer Entwöhnung vorgesehen gewesen. Das Bundessozialgericht habe entschieden, dass die CPAP-Beatmung nicht unter die maschinelle Beatmung falle. Die Abrechnungsbestimmungen seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eng am Wortlaut und allenfalls ergänzend durch systematische Erwägungen auszulegen. Die Ergänzung der DKR gelte daher erst ab dem Jahr 2013.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 24. Oktober 2017 mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist aufgrund der beigezogenen und vorgelegten Unterlagen sowie des Vorbringens der Beteiligten umfänglich geklärt. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben nichts vorgetragen, was einer Entscheidung nach § 105 SGG entgegenstehen würde. Das Gericht übt das ihm zustehende Ermessen daher für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid aus.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Vergütung wegen Krankenhausbehandlung i.H.v. 5.808,42 EUR.

Streitgegenstand ist der Anspruch eines Leistungserbringers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der (restlichen) Vergütung für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend. Es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren ist insoweit nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. BSG, Urteile vom 13. Mai 2004, B 3 KR 18/03 R; vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R - juris -).

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung der Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 5.808,42 EUR ist nicht durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen.

Der Beklagten stand in dieser Höhe kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu.

Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 16. Dezember 2011 bis 24. Februar 2012 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie vorliegend - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R; vom 18. Juli 2013, B 3 KR 25/12 R; vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R - juris -). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.

Die Klägerin durfte die erfolgte stationäre Behandlung des Versicherten auch nach der DRG P03C und nicht nur nach der niedriger vergüteten DRG P64Z abrechnen.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (jeweils in der Fassung des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009, BGBl I S 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; in der Fassung durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17. März 2009, BGBl I S 534) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 vom 23. September 2010 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 - FPV-2011) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie der zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den entsprechenden Krankenkassen bzw. deren Verbänden geschlossene Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen.

In seiner Höhe wird der Vergütungsanspruch durch Normsetzungsverträge konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren gemeinsam nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen). Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in der Fallpauschalenvereinbarung auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG.

Der Fallpauschalen-Katalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (BSG, Urteile vom 18. Juli 2013, B 3 KR 25/12 R; vom 14. Oktober 2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R; vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R - juris -). Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalles in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene -, zertifiziert worden sind.

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind, z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum, oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikationen des vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2011 in der Fassung der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 21. Oktober 2010, Bundesanzeiger, Nr. 169 vom 9. November 2010, S 3752). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, Urteile vom 18. Juli 2013, B 3 KR 25/12 R; vom 14. Oktober 2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R; vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R - juris -).

Die DRG P03C wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn die CPAP-Beatmung bei der Berechnung der Beatmungsstunden nach dem OPS-Kode 8-711 heranzuziehen ist und sich eine Beatmungsdauer von über 95 Stunden ergibt. Nach der Auffassung des Gerichts ist dies vorliegend der Fall. Die CPAP-Beatmung ist als maschinelle Beatmung zu berücksichtigen.

In einem ähnlichen Fall hat das Hessische Landessozialgericht ausgeführt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. November 2017, L 1 KR 166/15, Rn. 31 ff. - juris -):

"Nach den DKR (Version 2011) ist bei 1001h Maschinelle Beatmung als Definition folgendes aufgeführt:

"Maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden".

Bei der Kodierung ist unter 3) bestimmt, dass

"Bei Neugeborenen und Säuglingen zusätzlich ein Kode aus 8-711 Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen anzugeben (ist). Anmerkung: Bei Neugeborenen sind darüber hinaus auch andere atmungsunterstützende Maßnahmen wie z.B. Sauerstoffzufuhr (8-720) zu verschlüsseln, soweit nicht eine maschinelle Beatmung erfolgt. Hier ist die Beatmungsdauer nicht zu kodieren."

Bei dem OPS-Kode 8-711 Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen ist als Unterpunkt nach 8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP), 8-711.1 Kontrollierte Beatmung bei Neugeborenen, 8 711.2 Assistierte Beatmung bei Neugeborenen und 8-711.3 Beatmung mit Negativdrucksystem (CNP) ("Eiserne Lunge") bei Neugeborenen unter 8-711.4 die Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System) aufgeführt.

Bei gebotener Auslegung muss durch die ausdrückliche Klassifizierung bzw. Zuordnung der Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System) zur OPS-Klasse 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) statt zur OPS-Klasse 8-720 (Sauerstoffzufuhr bei Neugeborenen) im Jahre 2011 eine Berücksichtigung des HFNC-Systems bei den Beatmungsstunden erfolgen. Dass es sich u.U. bei dem HFNC-System streng medizinisch-physikalisch nicht um eine maschinelle Beatmung im engeren Sinne der Definition der DKR handelt oder die Methode noch als relativ jung anzusehen ist (Dr. H. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 30. Oktober 2013) ist nach der Auffassung des Senats durch die klare definitorische Zuordnung zu der maschinellen Beatmung nicht maßgeblich und würde bei ihrer Berücksichtigung im Rahmen der Auslegung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine unzulässige Bewertung darstellen. Der Wortlaut der Regelungen ist nach der Auffassung des Senats insoweit eindeutig und durchgreifende systematische Erwägungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich (so auch: Landgericht Dortmund, Urteil vom 3. März 2016, 2 O 400/14; zu den Grenzen der Auslegung bei eindeutigem Wortlaut von Regelungen vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31. Oktober 2016, 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 - juris -).

Insoweit führt das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R klar aus:

"Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Sie sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 3 RdNr 17; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 14; BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - Juris RdNr 12 - für SozR vorgesehen; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr). Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 18 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13)"

Der Senat macht sich diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach eigener Überprüfung zu Eigen.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass unter systematischen Gesichtspunkten auch die Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) bei der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen eingeordnet ist und dadurch der Definition der maschinellen Beatmung unterfällt."

Das Gericht macht sich diese Rechtsansicht des Hessischen Landessozialgerichts nach eigener Überprüfung zu Eigen. Die am Wortlaut ausgerichteten sowie systematischen Erwägungen zum HFNC-System sind auf die CPAP-Beatmung zu übertragen. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die CPAP-Beatmung grundsätzlich keine maschinelle Beatmung im Sinne der Definition unter 1001h der Kodierrichtlinien darstellt (vgl. BSG, Beschluss vom 10. März 2015, B 1 KR 82/14, Rn. 8 - juris -). Dies steht jedoch der zuvor genannten Auslegung der speziellen Regelungen für Neugeborene und Säuglinge nicht entgegen. Denn für diese wird die CPAP-Beatmung gerade unter dem Begriff der maschinellen Beatmung aufgeführt, weshalb aufgrund des Wortlauts – wie zuvor ausgeführt – davon auszugehen ist, dass die CPAP-Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen als maschinelle Beatmung zu berücksichtigen ist (a.A. LSG Saarland, Urteil vom 14. Dezember 2011, L 2 KR 76/10, Rn. 22 ff - juris -). Demgegenüber hatte das Bundessozialgericht in seiner zuvor genannten Entscheidung lediglich über die CPAP-Beatmung eines Erwachsenen zu entscheiden. Die zuvor dargestellte Ansicht ist – auch wenn es sich bei der CPAP-Beatmung nicht um eine maschinelle Beatmung im Sinne der Definition unter 1001h der Kodierrichtlinien handelt – wegen der zuvor dargestellten speziellen Regelungen zur maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen unter Code 8-711 – nicht auf die Beatmung dieser anwendbar. Auch das Bundessozialgericht hat in der zuvor genannten Entscheidung bereits auf die besonderen Regelungen zur Einbeziehung der CPAP-Beatmung in die Kodierung der künstlichen Beatmung unter Kode 8-711.0 hingewiesen.

Zwar wird in den Kodierrichtlinien unter "Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)" ausgeführt, dass der Kode 8-711.0 (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP)) nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren ist, unabhängig von der Beatmungsdauer. Nach dem Wortlaut dieser Regelung wird hier aber nur eine Regelung zur Kodierung und gerade nicht zur Frage der Berücksichtigung bei der Beatmungsdauer im Übrigen getroffen. Eine Berücksichtigung der CPAP-Beatmung im Rahmen der Beatmungszeit der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen schließt diese Regelung damit nicht aus. Ähnliches gilt für die Regelung zur Entwöhnung (Wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet wird, sind Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 nicht zu verwenden; die Beatmungsdauer ist hingegen zu berücksichtigen (s.o.), d.h. zur gesamten Beatmungsdauer dazuzurechnen (siehe: Definition der "maschinellen Beatmung"; "Methode der Entwöhnung"; "Dauer der Entwöhnung", "Ende der Beatmung"). Auch diese Regelung trifft nach ihrem Wortlaut keine Aussage zur Berücksichtigung der CPAP-Beatmung von Neugeborenen und Säuglingen außerhalb der Entwöhnung bei der Beatmungsdauer. Zudem ändern beide Regelungen nichts daran, dass die CPAP-Beatmung bei der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen eingeordnet ist und dadurch der Definition der maschinellen Beatmung unterfällt.

Der Zinsanspruch resultiert aus § 10 Abs. 5 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den entsprechenden Krankenkassen bzw. deren Verbänden für das Land Hessen. Zinshöhe und Zinsbeginn sind zwischen den Beteiligten zudem nicht streitig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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