Heilkundeübertragung

Spahns Reformpläne fallen bei Notfallsanitätern durch

Der Gesundheitsminister will Notfallsanitätern die Ausübung der Heilkunde ermöglichen. Das schaffe mehr Rechtssicherheit, so wie von Vertretern des Rettungsdienstes gefordert. Die aber reagieren enttäuscht auf den Vorstoß.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Die Frage, was der Notfallsanitäter im Notfall leisten darf, bleibt auch nach Spahns Gesetzentwurf ungewiss.

Die Frage, was der Notfallsanitäter im Notfall leisten darf, bleibt auch nach Spahns Gesetzentwurf ungewiss.

© APA/HARALD SCHNEIDER

Berlin. Die geplante Übertragung heilkundlicher Aufgaben an Notfallsanitäter hat zu verhaltenen Reaktionen geführt . Kritik an dem von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Entwurf für Änderungen am Notfallsanitätergesetz übte der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD). „Sollte diese Gesetzesänderung in Kraft treten, wäre das ein Rückschritt in die 1980er Jahre und die Patientenversorgung würde sich verschlechtern“, sagte DBRD-Vorsitzender Marco König der „Ärzte Zeitung“.

„Rückschritt“ um Jahrzehnte

Die von Spahn in Aussicht gestellte Rechtssicherheit habe für Notfallsanitäter nur Bestand, wenn eine vorherige ärztliche oder auch teleärztliche Abklärung unmöglich sei, sagte König. Das gehe aber an der Realität vorbei.

Jeder Notfallsanitäter bekomme „an jedem Einsatzort in Deutschland“ einen Notarzt, um sich zu besprechen. „Die Frage ist nur, wie lange es dauert.“ Im Entwurf des Ministeriums stehe dazu nichts. „Eine Zeitspanne wird nicht genannt“. Der Notfallsanitäter müsse daher weiterhin auf den Notarzt warten. Erst nach dessen Eintreffen könne er heilkundlich tätig werden – „nicht eigenverantwortlich, sondern im Rahmen der Delegation“.

DBRD: Verunsicherung nimmt zu

Warte der Notfallsanitäter nicht und habe er auch keine Möglichkeit zur teleärztlichen Abklärung, „was noch viele Jahre so sein wird“, seien invasive Maßnahmen wie bisher im rechtfertigenden Notstand zu erbringen, sagte König. „Der Notfallsanitäter wäre mit der geplanten Änderung noch verunsicherter als bisher.“

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Im Entwurf des Gesundheitsministeriums heißt es, die geplante Änderung am Notfallsanitätergesetz schaffe „mehr Rechtssicherheit bei der Berufsausübung“. Notfallsanitätern sollten heilkundliche Aufgaben „situationsabhängig und in begrenztem Umfang“ erlaubt sein.

„Damit erhalten Notfallsanitäter Rechtssicherheit“, kommentierte der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß. Die Notfallsanitäter verfügten über eine „sehr gute Ausbildung“, sodass sie auch invasive Eingriffe erbringen könnten. „Wer anderen Menschen hilft, darf nicht das Gefühl haben, mit einem halben Bein im Gefängnis zu stehen.“

Der Geschäftsführer Rettungsdienst der Björn Steiger Stiftung, Ulrich Schreiner, mahnte bundesweit einheitliche Rechtssicherheit darüber an, was der Notfallsanitäter tun dürfe. „Das darf nicht von der Landesgesetzgebung und dem örtlichen ärztlichen Leiter Rettungsdienst abhängig sein“, sagte Schreiner der „Ärzte Zeitung“. Sorge der Gesetzgeber nicht für gleiche Standards, „hätte man auch kein Notfallsanitätergesetz gebraucht“.

„Keine strukturelle Übertragung“

Ärztevertreter reagierten ebenfalls zurückhaltend. „Der vorliegende Gesetzentwurf ist offensichtlich der pragmatische Versuch, die Ist-Situation in der Notfall-Rettung durch die Klärung von Haftungs- und Ausbildungsfragen für den Notfallsanitäter rechtssicher zu machen“, sagte der Chef des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, der „Ärzte Zeitung“.

Das sei ein gangbarer Weg, so Reinhardt. Ziel müsse aber sein, „dass in lebensbedrohlichen Situationen die Notärztin oder der Notarzt so schnell und umfassend wie möglich verfügbar ist“. Nicht umsonst sehe der Gesetzentwurf „keine strukturelle Übertragung ärztlicher Leistungen an andere Akteure der Versorgung vor“, sondern definiere lediglich Ausnahmen.

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