S 9 KR 1494/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 1494/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.613,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.184,75 EUR seit dem 07.09.2016 und aus 3.428,28 EUR seit dem 16.11.2016 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3, die Klägerin zu 1/3.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Krankenhausbehandlungen.

Die Klägerin ist Trägerin des zur Behandlung von Versicherten zugelassenen G-O- Krankenhauses. Dort wurde der bei der Beklagten versicherte N C1 (im Folgenden: Versicherte 1) vom 09.11.2015 bis 29.01.2016 in der Tagesklinik der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie wegen einer mittelgradigen Episode einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10: F33.1) teilstationär behandelt. Die Klägerin stellte für die Behandlung drei Rechnungen. Die Rechnung vom 30.11.2015 über 2.795,15 Euro und die Rechnung vom 31.12.2015 über 3.389,60 Euro, insgesamt 6.184,75 Euro, beglich die Beklagte, die Rechnung vom 31.10.2016 über 3.428,28 Euro zahlte sie nicht. Denn sie hatte mit Schreiben vom 05.10.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) mit der Prüfung beauftragt, ob die von der Klägerin beantragte Kostenübernahme einer Verlängerung der Behandlung bis Ende Januar 2016 gerechtfertigt sei. Der MDK forderte von der Klägerin Unterlagen zur Beurteilung an, u.a. auch die Dokumentation des Vorgesprächs, die die Klägerin jedoch nicht vorlegte. Auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen kam der MDK in dem sozialmedizinischen Gutachten vom 12.04.2016 zu dem Ergebnis, dass bei dem Versicherten 1 ein pathologisches Spielen (ICD 10: F63.0) vorliege. Aus dem Entlassungsbericht ergebe sich eine bestehende "Suchtthematik (Spielsucht) seit 8 Jahren", auf deren weitere Darstellung die Klägerin in der Anamnese aber verzichtet und die sie auch nicht kodiert habe. Für die Suchterkrankung seien auch keine Therapieangebote gemacht worden. Bei dem Vorliegen einer Suchterkrankung sei die Indikation zu einer suchtspezifischen Rehabilitationsbehandlung/Langzeittherapie zwingend zu überprüfen gewesen. Eine antidepressive Behandlung ohne Miteinbeziehung der Suchterkrankung sei auch nach den Empfehlungen der relevanten Leitlinie wenig sinnvoll und kaum nachhaltig.

Mit Schreiben vom 14.04.2016 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis des Gutachtens mit und bat um Erstattung der bereits gezahlten 6.184,75 Euro. Mit Schreiben vom 06.05.2016 reagierte der Leitende Oberarzt Artz auf das Gutachten. Am 10.09.2015 habe mit dem Versicherten 1 ein Vorgespräch stattgefunden, in dem besprochen worden sei, dass eine grundsätzliche Indikation für eine tagesklinische Behandlung gesehen werde, die Abhängigkeitserkrankung aber schwierig einzuschätzen sei. Dem Versicherten 1 sei daher aufgegeben worden, eine Bescheinigung der Suchtberatung der E1 E2, durch die er betreut worden sei, beizubringen. In der entsprechenden Bescheinigung habe der verantwortliche Arzt in der Suchtberatung, der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M, mitgeteilt, dass aus suchtspezifischer Sicht die aus einer chronischen Überforderung resultierende depressive Episode ganz im Vordergrund gesehen werde. Das süchtige Spielverhalten sei lediglich wenige Male und dann nur zeitlich kurz begrenzt eingetreten. Es werde ausdrücklich eine allgemeinpsychiatrische Behandlung als zielführend und das teilstationäre Setting als sinnvoll erachtet. Nach Vorlage dieser Bescheinigung sei der Versicherte 1 am 09.11.2015 zur teilstationären Behandlung aufgenommen worden, habe sich aber auch während dieser Behandlung weiterhin regelmäßig bei der Suchtberatungsstelle vorgestellt.

Der MDK teilte daraufhin mit, dass Einspruchsbegutachtungen von der "Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV) gemäß § 17c Abs. 2 KHG" (im Folgenden: PrüfvV) nicht erfasst seien und die Bearbeitung von Widersprüchen nicht vorgesehen sei.

Mit Schreiben vom 07.09.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Rückforderung in Höhe von 6.184,75 Euro mit dem Behandlungsfall des bei der Beklagten versicherten und von der Klägerin behandelten T C2 (im Folgenden: Versicherter 2), für den die Klägerin eine Rechnung über 8.855,44 Euro gestellt habe, aufrechne. Die Differenz werde zur Zahlung angewiesen.

Die Klägerin hat am 15.12.2016 Klage erhoben, mit der sie insgesamt 9.613,03 Euro an Behandlungskosten geltend macht. Die Behandlung des Versicherten 1 sei in vollem Umfang medizinisch notwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.613,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.184,75 Euro seit dem 07.09.2016 und aus 3.428,28 Euro seit dem 16.11.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Klägerin eine weitere Vergütung aus der Behandlung des Versicherten 1 nicht zustehe, da die ausschließlich antidepressive Erkrankung wegen der bestehenden Suchterkrankung medizinisch nicht sinnvoll gewesen sei. Auch sei die Aufrechnung der bereits gezahlten Behandlungskosten für den Versicherten 1 mit dem Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten 2 rechtmäßig erfolgt, da der Beklagten insoweit ein öffentlich- rechtlicher Erstattungsanspruch zugestanden habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie I X vom 28.09.2017. Dieser hat die teilstationäre Behandlung des Versicherten 1 als notwendig und im Hinblick auf die gesamte Dauer für erforderlich erachtet.

Nach Einholung eines weiteren sozialmedizinischen Gutachtens des MDK vom 30.01.2018, der die medizinische Notwendigkeit der Behandlung des Versicherten 1 bestätigte, teilt die Beklagte mit, dass die Beurteilung des Sachverständigen und das Ergebnis des weiteren Gutachtens des MDK nur aufgrund von Dokumenten erfolgt sei, die bei der ersten Begutachtung durch den MDK nicht vorgelegen hätten. Dabei handele es sich insbesondere um den Bericht des Vorgesprächs, die Bescheinigung der Fachambulanz Suchtberatungs- und Therapiezentrum vom 07.10.2015 sowie einen umfangreichen Selbstauskunftsbogen. Der Bericht des Vorgesprächs sei vom MDK vor der ersten Begutachtung des Falls ausdrücklich angefordert, von der Klägerin aber nicht übersandt worden. Diese Unterlagen unterlägen nunmehr einem Verwertungsverbot nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV, da sie nicht innerhalb der dort genannten Frist an den MDK übersandt worden seien. Die Frist stelle nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/17 – eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar. Diese Einschätzung werde auch von anderen – erstinstanzlichen – Gerichten geteilt.

Die Klägerin vertritt unter Verweis auf anderslautende erstinstanzliche Entscheidungen die Auffassung, dass es sich bei § 7 Abs. 2 PrüfvV nicht um eine Ausschlussfrist handele, da eine so weitreichende Folge von § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) als Ermächtigungsgrundlage für die PrüfvV nicht gedeckt sei und die PrüvV zudem nur für das Prüfverfahren selbst, nicht aber für das sich anschließende Gerichtsverfahren Geltung habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die von der Klägerin beigezogene Patienten- und die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 9.613,03 Euro. Dabei macht sie in Höhe von 3.428,28 Euro Kosten für die Behandlung des Versicherten 1 geltend, die von der Beklagten bisher nicht gezahlt wurden. Darüber hinaus verlangt sie sinngemäß die Vergütung der Behandlung des Versicherten 2 in Höhe von 6.184,75 Euro. Denn für diesen zwischen den Beteiligten nicht streitigen Behandlungsfall hat die Beklagte lediglich die Differenz der in Rechnung gestellten 8.855,44 Euro und dem aufgerechneten Betrag von 6.184,75 Euro gezahlt.

Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.09.2008 – B3 KR 15/07 R -, juris).

Die Klage ist zunächst in Höhe von 3.428,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2016 wegen der Behandlung des Versicherten 1 begründet. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des zugelassenen Krankenhauses für die teilstationäre Behandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 17 Abs. 1 KHG in Verbindung mit der Pflegsatzvereinbarung 2015. Die teilstationäre Behandlung des Versicherten 1 war nach dem Gutachten des Sachverständigen X und nunmehr auch nach übereinstimmender Auffassung beider Beteiligten medizinisch erforderlich.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV kann der MDK bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln, § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag, § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin den Bericht über das Vorgespräch mit dem Versicherten 1 trotz Anforderung des MDK nicht vorgelegt. Der MDK konnte anhand der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht erkennen, ob die Beklagte sich bei der Entscheidung über die Aufnahme ausreichend mit der Spielsucht des Versicherten 1 auseinandergesetzt hat, und hat deshalb die medizinische Notwendigkeit einer teilstationären Behandlung, die die Spielsucht – scheinbar - nicht berücksichtigt, abgelehnt. Das Gericht lässt es in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob es sich bei dem Schreiben des Leitenden Oberarztes Artz vom 06.05.2016, in dem er die Information über das Vorgespräch und die Bescheinigung der Suchtberatung nachholt, um die im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 PrüfvV einmalig mögliche "Ergänzung von Datensätzen" handelte und ob diese Ergänzung vom MDK trotz bereits abgeschlossener Prüfung hätte berücksichtigt werden müssen, weil sie innerhalb der nach § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV geltenden 5- Monats-Frist erfolgte. Denn es handelt sich bei § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV nicht um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die die Berücksichtigung nachgereichter Unterlagen auch im gerichtlichen Verfahren verbieten würde. Nach dem Titel der Vereinbarung und der in § 1 PrüfvV geregelten Zielsetzung soll die Vereinbarung ein effizientes, konsensorientiertes Verfahren der Prüfungen nach § 275 Abs. 1c SGB V näher regeln und gilt deshalb nach § 2 Abs. 1 PrüfvV auch (nur) für die gutachtlichen Stellungnahmen nach § 275 Abs. 1c SGB V zur Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Einen darüber hinausgehenden Anwendungsbereich besitzt die Vereinbarung nicht. Zudem wäre die Regelung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur innerhalb der gesetzlich normierten vierjährigen Verjährungsfrist bzw. innerhalb des von der Rechtsprechung des BSG definierten Zeitraums des Einwendungsausschlusses der Verwirkung nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG gedeckt, da damit bereits unter Beachtung des Wortlauts ("das Nähere zum Prüfverfahren") über die Regelung einer Verfahrensfrage hinausgegangen würde. Darüber hinaus finden sich im Rahmen der PrüfvV an anderer Stelle, so in § 6 Abs. 2 Satz 3 und § 8 Satz 4 PrüfvV, ausdrücklich als solche definierte Ausschlussfristen, während dies bei § 7 Abs. 2 PrüfvV gerade nicht der Fall ist (so im Ergebnis u.a. auch SG Lüneburg, Urteil vom 22.02.2018 – S 9 KR 192/15 -; SG Kassel, Urteil vom 14.02.2018 – S 12 KR 171/17 -; SG Gießen, Urteil vom 10.11.2017 – S 7 KR 70/16 -; SG Detmold, Urteil vom 16.11.2017 – S 24 KR 836/16 -; Urteil vom 31.03.2017 – S 24 KR 230/16 -; alle über juris). Der gegenteiligen Auffassung des LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/17 – folgt das Gericht nicht, da dort eine Auseinandersetzung mit der Frage der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage und dem Verhältnis zur gesetzlich geregelten Verjährung und der von der Rechtsprechung entwickelten Grenze der Verwirkung nicht erfolgt ist.

Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des nordrhein-westfälischen Sicherstellungsvertrages gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V (im Folgenden Landesvertrag) iVm § 1 Diskontüberleitungsgesetz. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreitung des Zahlungsziels (15 Tage nach Eingang der Rechnung, § 15 Abs. 1 Satz 1 Landesvertrag) nach Maßgabe der §§ 284, 285, 288 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Verzugszinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen.

Die Klage ist auch darüber hinaus in Höhe von 6.184,75 Euro aus der Behandlung des Versicherten 2 begründet, denn der dem Grunde und der Höhe nach unstreitige Vergütungsanspruch der Klägerin von 8.855,44 Euro ist nur in Höhe der Differenz aus 8.855,44 Euro und 6.184,75 Euro durch Erfüllung erloschen, besteht aber über 6.184,75 Euro weiterhin. Denn in dieser Höhe ist er entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß §§ 387, 389 BGB analog durch Aufrechnung erloschen. Zwar entsprach die Aufrechnung den Voraussetzungen des § 9 PrüfvV. Der Beklagten stand aber wegen der Behandlung des Versicherten 1 kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, der der Aufrechnung hätte zu Grunde gelegt werden können. Denn die Behandlung des Versicherten 1 war medizinisch notwendig und die Vergütung dieser Behandlung nach obigen Ausführungen auch nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV ausgeschlossen.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 4 Landesvertrag iVm § 1 Diskontüberleitungsgesetz und beginnt mit dem Tag der Aufrechnung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 155 Abs. 4 VwGO können die Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Diese Bestimmung geht als Sonderregelung allen anderen Kostenvorschriften vor, ist also bei jeder Kostenentscheidung zu berücksichtigen (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 197a Rn. 18). § 155 Abs. 4 VwGO kann angewendet werden, wenn ein Beteiligter durch sein Verhalten unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt einem anderen Beteiligten oder dem Gericht Kosten verursacht hat, die nicht erforderlich waren. Dabei kann auf das prozessuale, aber auch auf das vorprozessuale Verhalten der Beteiligten abgestellt werden (B. Schmidt, aaO). Hier war ein Teil der Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen. Denn sie hat durch die trotz Anforderung des MDK unterbliebene Übersendung der Dokumentation des Vorgesprächs eine wesentliche Ursache für das vorliegende Verfahren und die dadurch insgesamt entstandenen Kosten gesetzt. Denn der MDK ging in dem Gutachten vom 12.04.2016 vor allem deshalb von einer fehlenden medizinischen Erforderlichkeit der stattgehabten teilstationären Behandlung des Versicherten 1 aus, weil er die Suchtproblematik für nicht ausreichend aufgeklärt und berücksichtigt hielt. Bei Vorlage der Dokumentation des Vorgesprächs wäre er zu diesem Ergebnis nicht gekommen, da Gegenstand des Vorgesprächs genau diese Thematik war und die Klägerin auch entsprechende Schritte zur weiteren Aufklärung veranlasst hatte. Das Gutachtenergebnis des MDK wäre, jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit, bei Kenntnis anders ausgefallen, wie auch das weitere Gutachten vom 30.01.2018 zeigt. Da die Klägerin diese fehlenden Informationen aber unmittelbar nach Kenntnis des Gutachtens des MDK vom 12.04.2016 mit Schreiben vom 06.05.2016 nachgereicht und erläutert hat und das Gericht nicht entscheiden musste, ob es sich bei § 7 Abs. 5 PrüfvV um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt oder nicht, hält die Kammer eine Kostenbeteiligung von 1/3 an den Kosten des Verfahrens vor dem Hintergrund des vollen Obsiegens in der Sache für angemessen.
Rechtskraft
Aus
Saved