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Von Skandal zu Skandal

Das BAG liegt im Koma

Es gibt mehr als genügend Gründe für die Feststellung: Unsere oberste Gesundheitsbehörde BAG ist sterbenskrank. Und müsste erlöst werden.

«Die Ostschweiz» Archiv am 09. August 2020

Es ist eine unablässige Reihe von Pfusch, Pech, Pleiten und Pannen. Von Anfang an bis heute. Zuerst ignorierte das BAG die aus China nach Europa wandernde Pandemie. Während zum Beispiel Taiwan Ende Januar, am gleichen Tag, als China die Weltgesundheitsorganisation offiziell informierte, sämtlichen Reiseverkehr mit dem Festland einstellte, schnarchten die 600 Beamten in Bern ihren Büroschlaf.

Selbst als namhafte Mediziner, so der im chinesischen Wuhan eine Gastprofessur haltende Herzchirurg Peter Vogt, eindringlich warnten, wurden sie nicht einmal einer Antwort gewürdigt. Und als er dann mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit ging, reagierte das BAG eingeschnappt.

Als es schon längst klar war, dass die Pandemie Europa erreicht hatte, raffte sich das BAG zu einer ersten Medienorientierung auf. Alles im Griff, kein Problem, noch kein Fall in der Schweiz aufgetreten. Diese Falschmeldung, die erste einer ganzen Reihe, musste das BAG noch am gleichen Tag korrigieren.

Dann meldete sich der Präsident des BAG zu Wort, man habe die Lage grausam gut im Griff, von drastischen Massnahmen jeglicher Art könne keine Rede sein. Selbst als in Norditalien die Lage zeitweise ausser Kontrolle geriet, teilte das BAG dem Kanton Tessin mit, der dringlich eine Grenzschliessung forderte, dass man die Lage genau beobachte.

Erst als Wissenschaftler sich nicht mehr anders zu helfen wussten, als mit Horrorzahlen von bis zu 100'000 Toten an die Öffentlichkeit zu gehen, erwachte das BAG plötzlich aus dem Tiefschlaf. Und begann ansatzlos zu hyperventilieren und den fachfremden Gesundheitsminister Alain Berset zu bedrängen, sofort Wirtschaft und Gesellschaftsleben herunterzufahren.

Gleichzeitig, nachdem der Präsident wegen seines unglücklichen Medienauftritts hinter die Kulissen verschoben worden war, wurde der Mitarbeiter Daniel Koch zum «Mr. Corona». Er stolperte sich mit vertrauenserweckender Stimme durch selten zu einem korrekten Ende führende Sätze. Und wiederholte Mal für Mal, dass das Tragen eines Mundschutzes eigentlich nichts nütze.

Von Anfang an eiferte das BAG seinen Partnerbehörden in der EU in zwei Punkten nach: verlässliche Zahlen zur Durchseuchung der gesamten Bevölkerung, verlässliche Zahlen zu Hochrisikogruppen, Toten pro Anzahl Bevölkerung oder Anzahl Tests: Fehlanzeige. Und eines sei klar: Schweden auf seinem Sonderweg, es ohne Lockdown zu probieren, liege völlig falsch, sei gescheitert.

Inzwischen scheint sich zu erweisen, dass Schweden womöglich richtig gehandelt hat; weiterhin sinkende Fallzahlen verzeichnet, während im übrigen Europa – und in der Schweiz – eine zweite Welle befürchtet wird. Wo man sich dabei anstecken könnte, ein weiterer peinlicher Flop des BAG, das Zahlen von über 40 Prozent aller Ansteckungen in Clubs auf kaum mehr als 1 Prozent korrigieren musste.

Die Liste der Hochrisikoländer wird ständig verändert; da das BAG auch nicht in der Lage ist, wenigstens beim Flugverkehr die Passagierdaten brauchbar zu erheben, hat das inzwischen der Kanton Zürich selbst in die Hand genommen.

Die Aufzählung liesse sich beliebig verlängern. Der Direktor der BAG, Pascal Strupler, wagt sich inzwischen wieder vor die Mikrophone; er weiss ja, dass er im Oktober in die Pensionierung abschwirrt und sein Nachfolger dann schauen kann. Mr. Corona hingegen ist zwar pensioniert, aber überhaupt nicht pensionsreif. So schlapp er über die Pandemie informierte, so agil ist er in der Selbstvermarktung. In die Aare gesprungen, Buch geschrieben, vorsorglich Webseite für koch-consulting registrieren lassen, und inzwischen gut ausgelastet mit Beratungsjobs im Sport.

Das BAG ist «verantwortlich für die Gesundheit der Bevölkerung, entwickelt die schweizerische Gesundheitspolitik und setzt sich für ein langfristig leistungsfähiges und bezahlbares Gesundheitssystem ein.»

Die Schweiz hat das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt. Das BAG hat wieder und wieder bewiesen, dass seine über 600 Beamten laut schreiend durch die Gänge des Bürokratentrakts an der Schwarzenburgstrasse zu Bern rennen müssten. Wenn Inkompetenz weh täte. Und wenn sie zu dieser Gangart fähig wären.

Manchmal reicht es, bei einer Behörde die Führung auszuwechseln, damit sie wieder in die Gänge kommt. Manchmal braucht es ein ganz neues Management. In diesem Fall, denn schliesslich ist Gesundheit unser kostbarstes Gut, müsste grundsätzlich Remedur geschaffen werden. Mit der Vorgabe: Für jeden dieser Sesselfurzer lässt sich garantiert ein Ersatz finden, der’s besser kann. Selbst wenn man sich auf den Bahnhofsplatz in Bern stellen würde und jeden zehnten Fussgänger zwangsverpflichtet.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
«Die Ostschweiz» Archiv

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