Kundgebung gegen Übernahme des UKGM in Gießen

Etwa 150 Menschen nahmen am Samstag auf dem Kirchenplatz an der Kundgebung anlässlich der Übernahme des Universitätsklinikums Gießen-Marburg durch den Asklepios-Konzern teil.  Foto: Diana Moor
© Diana Moor

Die Übernahme des Universitätsklinikums Gießen-Marburg durch den Asklepios-Konzern stößt auf viel Kritik. Am Samstag hat ein Aktionsbündnis zu einer Kundgebung aufgerufen.

Anzeige

GIESSEN. Zahlreiche Schilder und Banner sind auf dem Kirchenplatz zu sehen, die schrillen Geräusche der Trillerpfeifen dringen lautstark an die Ohren: Etwa 150 Menschen haben sich nach einem Aufruf des Aktionsbündnisses "Gemeinsam für unser Klinikum" am Samstag versammelt, um ihre Solidarität mit den Beschäftigten am Uniklinikum Gießen und Marburg (UKGM) kundzutun. Das Motto: "Gesundheit statt Profite". Anlass ist die Übernahme der Rhön-Klinikum AG durch den Asklepios-Konzern. Redner kritisierten einerseits die "schlechten Arbeitsbedingungen" in den von Asklepios betriebenen Krankenhäusern, andererseits die grundsätzlichen "Mängel eines privatisierten, rein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Gesundheitssystems".

Zu befürchten sei, dass sich die ohnehin schon vorhandenen Probleme künftig noch weiter verschärfen könnten, so das Bündnis aus verschiedenen Gewerkschaften, Parteien und politischen Gruppen. Seit der Privatisierung des UKGM hätten sich Patientenversorgung und die Situation für die Angestellten stetig verschlechtert. Asklepios sei zudem dafür bekannt, "nicht profitable Abteilungen zu schließen", erklärt der Kreisverbandsvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Klaus Zecher. Erwartet werde, dass sich eine Monopolstellung in Mittelhessen nochmal nachteilig auf die Patientenversorgung auswirken werde.

In den 1990ern habe es geheißen, dass Privatisierung gut sei, erinnerte Jürgen Bremer, Anästhesiepfleger und Betriebsrat an der Asklepios-Klinik Lich. Zugleich sei damit die Verantwortung für Patienten und Beschäftigte abgegeben worden. Bundesweit drücke der Konzern Tarifverträge und gliedere viele Bereiche wie Reinigung, Technik oder Verwaltung in Tochtergesellschaften aus. Das beeinflusse wiederum die Löhne und schwäche die Solidarität unter den Kollegen.

Kritik übte Bremer ferner an der Fokussierung auf "rentable Patienten". Die Konsequenz: Reihenweise würden Kreißsäle geschlossen, weil diese sich nicht mehr rechneten. Hinzu komme die Arbeitsverdichtung in Kliniken: Zu wenig Personal überschreite immer öfter zulässige Arbeitszeiten. Auf Dauer gefährde das auch die Gesundheit der Patienten. Und Mitarbeiter fühlten sich von der Politik alleingelassen: "Wir brauchen politische Weichenstellungen, um die katastrophalen Zustände in Krankenhäusern zu verbessern." Gleichzeitig appellierte Jürgen Bremer, sich gewerkschaftlich zu organisieren, um gemeinsam handeln zu können.

Anzeige

"Leuchtturmprojekt"?

Dass das UKGM als deutschlandweit einziges privatisiertes Uniklinikum immer wieder als "Leuchtturmprojekt" gepriesen werden, fand OP-Pfleger Frank Eggers, der in Marburg im Betriebsrat aktiv ist, durchaus passend: "Dort, wo man einen Leuchtturm sieht, bleibt man besser weg!" In positivem Sinne könne man diesem Begriff allerdings nicht nutzen. Auch er warf Asklepios vor, einen Keil zwischen Gewerkschaften und Betriebsräte zu treiben. Allen Berufsgruppen an Kliniken, nicht nur Ärzten und Pflegern, stehe eine gerechte Entlohnung zu.

Extra aus Niedersachsen angereist waren Beschäftigte des Klinikums Seesen, das 1995 von der Asklepios GmbH übernommen worden ist. Mit eindrücklichen Bildern, Kettenrasseln und blutüberlaufenen Händen schilderten der dortige Betriebsratsvorsitzende Oliver Kmiec und seine Kollegen die Erfahrungen mit dem als Sensenmann dargestellten Konzern. Früher habe man noch Zeit für die Patienten gehabt - dies sei seit der Übernahme vorbei. Darunter leide nicht nur die Versorgung, auch seien in einem vorher stabilen Kollegium viele Wechsel zu verzeichnen, insbesondere in leitenden Positionen. "Aus einer Familie wurde ein Flickenteppich", so Kmiec. Es könne nicht sein, dass der zweitgrößte deutsche Gesundheitskonzern keine Tarifverhandlungen zulasse. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, "dass Klatschen allein nicht reicht, wenn das Gesundheitssystem nicht ausbluten soll". Hier sei nicht zuletzt die Bundespolitik, allen voran Gesundheitsminister Jens Spahn und Arbeitsminister Hubertus Heil gefragt. Sollte sich die momentane Lage zuspitzen, "verrecken uns irgendwann die Patienten".

"Gesundheit ist kein Wirtschaftsgut", sekundierte der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Frank-Tilo Becher. Gesundheit müsse im Zentrum gesellschaftlicher Fürsorge stehen. Ähnlich argumentierte Klaus Zecher, der Menschen, nicht Dividenden in den Mittelpunkt gerückt wissen möchte. Mindeststandards, wie sie für andere Branchen gefordert werden, müssten auch für Kliniken etabliert werden. Wenn Gesundheitsversorgung eine gesellschaftliche Aufgabe sei, müsse das Land, das noch mit fünf Prozent am UKGM beteiligt ist, mindestens aktiv auf die zu erwartende Neuausrichtung Einfluss nehmen. Idealerweise sollte das Uniklinikum in öffentliche Hand zurückgeführt werden.