Das kleinste Bundesland will den Krankenhaussektor auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen. Doch ob die Reform Verbesserungen bringt oder lediglich mehr Bürokratie, darüber gehen die Meinungen nicht nur im politischen Raum, sondern auch in der Fachwelt weit auseinander. Das hat sich am Donnerstag in der Gesundheitsdeputation gezeigt.
Dort stellte die Gesundheitsbehörde von Senatorin Claudia Bernhard (Linke) ihren Gesetzentwurf vor, der die Behandlungsqualität steigern und die Patientensicherheit verbessern soll. Geplant ist unter anderem ein standardisiertes digitales Verfahren zur Steuerung von Notfallpatienten in das am besten geeignete Krankenhaus, das über freie Kapazitäten verfügt. Unnötige Verlegungen können so vermieden werden. Anderes Beispiel: In dem Gesetzentwurf sind bestimmte Qualitätsmerkmale von Behandlungen festgeschrieben, wie sie auf Bundesebene empfohlen werden – etwa die Anwesenheit eines Kinderarztes bei Frühgeburten in mindestens 90 Prozent der Fälle. Neu ist auch ein anonymes Fehlermeldesystem. Es soll Klinikmitarbeiter in die Lage versetzen, Verdachtsmomente für fehlerhaftes oder kriminelles Handeln anderer Beschäftigter an eine neutrale Stelle zu melden.
Strittig war in der Deputation vor allem ein Thema, bei dem es ums Geld ging, konkret: um die staatliche Förderung von Neubeschaffungen in den Kliniken. Neben einer Reform der bisher üblichen Investitionspauschalen plant die Gesundheitsbehörde, künftig auch einzelne Projekte, die die Kliniken bei ihr anmelden können, zu fördern.
Insgesamt steht zu wenig Geld bereit
Bei einer Expertenanhörung ließ der Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft, Uwe Zimmer, kein gutes Haar an dieser geplanten Gesetzesänderung. Das Problem bei der Investitionsförderung durch den Senat sei nicht das bisherige Verfahren der Geldverteilung, sondern dass insgesamt zu wenig Geld zur Verteilung bereitsteht. Wenn jetzt neben den bisherigen Pauschalen noch eine Einzelförderung für bestimmte Projekte eingeführt werde, münde das nur in zusätzliche Bürokratie, argumentierte Zimmer. Er wurde grundsätzlich: Die „Überbürokratisierung“ im Bremer Krankenhauswesen drohe sich zu einem regelrechten Standortnachteil für das Oberzentrum auszuwachsen.
Mit seiner Kritik stand der Chef der Krankenhausgesellschaft allerdings ziemlich allein, jedenfalls im Kreis der Experten aus dem Gesundheitswesen. AOK-Chef Olaf Woggan etwa sprach von einem „gelungenen Entwurf“. Die von Zimmer als untauglich eingestufte Einzelprojektförderung ist für den Krankenkassenvertreter ein Schritt in die richtige Richtung, „den ich mir sogar noch deutlicher gewünscht hätte“, so Woggan. Ganz ähnlich sahen es Ärztepräsidentin Heidrun Gitter und Markus Westermann für die Gewerkschaft Verdi. Einzig CDU-Gesundheitsexperte Rainer Bensch stellte sich voll hinter die Argumentation der Krankenhausgesellschaft. Statt eine Qualitätssteigerung zu erreichen, werde man den Bremer Krankenhäusern mit Überregulierung die Luft abschnüren, warnte Bensch. Mehr Bürokratie aber halte das Personal nur „von der wichtigsten Aufgabe ab: Patienten heilen“.
Grundpfeiler des Gesetzes stehen
Für Bensch war es deshalb auch nicht in Ordnung, die Stimme der Krankenhausgesellschaft als eine von vielen abzutun. Der Verband vertrete sowohl die kommunalen als auch die freien Kliniken und sei damit der wichtigste Akteur. Letztlich seien es die Krankenhäuser, die mit dem geplanten Gesetz leben und damit umgehen müssten.
Senatorin Bernhard beeindruckte er damit nicht. „Wir machen das nicht für die Krankenhäuser, sondern für die Patienten“, konterte die Linken-Politikerin. Über einzelne Details und Formulierungen im Gesetz könne man noch reden. An den Grundpfeilern – wie etwa der geänderten Investitionsförderung – lasse sie jedoch nicht rütteln.