Rethmann und Co.: „Lünener Erklärung“ will radikale Änderungen im Gesundheitssystem

Ludger Rethmann ist einer der Autoren der "Lünener Erklärung". © Arndt Brede (Archiv)
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Menschen, die für Pflegerinnen und Pfleger klatschen, Politiker, die vor der Auslastung des Gesundheitssystems warnen. Das waren während der Hochphase der Corona-Pandemie alltägliche Bilder und Sätze.

Die Pandemie habe bekannte Probleme ins Licht gerückt, schreiben Clemens Galuschka, Wolfgang Kuschke, Ludger Rethmann, Prof. Dr. Michael Schäfer und Axel Weinand. Das solle man nutzen und nicht einfach nur so weitermachen, finden die fünf Männer. Deswegen haben sie eine Erklärung geschrieben, die nicht weniger fordert als eine Abschaffung der Privatversicherung und eine Neuordnung des Gesundheitssystems. Genannt haben sie ihre Forderung, die sie am Freitag bei einer Pressekonferenz in Berlin vorstellten, „Lünener Erklärung“.

Ungewöhnlich sei, dass solch eine Forderung gerade aus der Privatwirtschaft komme. Das habe es bisher noch nicht gegeben, heißt es in einer Pressemitteilung zur Erklärung.

„Richtig ist, was gesund macht“

Bei den Autoren handelt es sich um Ludger Rethmann, Vorstandsvorsitzender des aus Selm stammenden und in Lünen ansässigen Unternehmens Remondis, Er sitzt zudem im Aufsichtsrat des Klinikums Lünen-Werne GmbH. Außerdem dabei: Prof. Dr. Michael Schäfer, emeritierter Professor für Kommunalwirtschaft, Clemens Galuschka, Geschäftsführer Katholisches Klinikum Lünen-Werne und Geschäftsführer Katholische St. Lukas Gesellschaft mbH Dortmund, Wolfram Kuschke, Minister in der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen a. D. und Axel Weinand, Geschäftsführer Katholisches Klinikum Lünen-Werne GmbH.

Ihre zentrale Forderung: Im Mittelpunkt des Gesundheitswesens müsse die Erfüllung der Aufgabe stehen, die gesundheitliche Betreuung des Menschen auf hohem Niveau zu garantieren.

„Richtig ist, was den Menschen gesund macht bzw. erhält“, schreiben die Autoren. „Diese Maßnahmen der Prävention, der Diagnostik und der Therapie sind vielfach eher weniger renditeträchtig. Das mag für den einen oder anderen Erbringer von Leistungen ein Ärgernis sein. Gesamtgesellschaftlich ist es ein Segen“, heißt es weiter. Soll heißen: Menschen vor Renditen.

Einheitliche Krankenversicherung gefordert

Um das zu erreichen, fordern die Autoren wie bereits erwähnt unter anderem den Wegfall der Privatversicherung. An ihre Stelle soll eine einheitliche Krankenversicherung treten, bei der regionale Niederlassungen im Vordergrund stehen. So sollen unter anderem die Verwaltungskosten reduziert werden. Gleichzeitig stellen die Autoren infrage, ob eine Aufteilung zwischen Bund und Ländern bei den Zuständigkeiten sinnvoll ist. „Das Gesundheitswesen ist eine nationalstaatliche Aufgabe“, finden sie.

Um Daseinsvorsorge und Effizienz möglich zu machen, solle zudem geprüft werden, ob kooperative Unternehmensstrukturen, also öffentlich-private-Unternehmen mit positiven Effekten für das Gesundheitswesen genutzt werden könnten. Diese hätten sich schließlich positiv zum Beispiel in den Bereichen Energiewirtschaft und der Entsorgung erwiesen. Also in dem Bereichen, in dem Unternehmen Rethmann seine Kompetenz hat.

„Wir sind uns sicher, es ist genug Geld im Gesundheitssystem. Aber das Gros dieser Mittel muss endlich für die Erbringung der medizinischen Leistungen, die nachweislich dem Patientenwohl dienen, eingesetzt werden“, schreiben die Autoren.

Dass sie mit ihren Forderungen Gegenwind bekommen werden, das ist ihnen klar: „Es ist zu erwarten, dass die Lünener Erklärung zu lebhaften Kontroversen gerade auch mit der Versicherungswirtschaft und den gesetzlichen Krankenkassen führen wird“, schreiben sie.

Warum heißt es „Lünener Erklärung“?

Die Autoren haben den Namen laut eigenem Bekunden in Anlehnung an Freiherr Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein gewählt. Der Freiherr schuf die Kommunale Selbstverwaltung. Ein Schritt, der die Handhabung der Kommunen vor Ort stärke. Vom Stein fand in Cappenberg bei Lünen seine letzte Ruhe. Die Verbindung zu Vom Steins Lebenswerk zu ihren Forderungen sehen die Autoren so: Ihre Erklärung soll „kein vordergründiges Denken in den derzeitigen Strukturen, sondern vor allem deren mutige Infragestellung“ sein.

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