Anforderungen an Wahlleistungsvereinbarung und Stellvertretung

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Die Beurteilung der Wirksamkeit von Wahlleistungsvereinbarungen sowie der individuellen Vereinbarung einer Vertretung des Wahlarztes fallen in gerichtlichen Auseinandersetzungen immer noch sehr unterschiedlich aus. Teilweise werden die Anforderungen an die Wahlleistungsvereinbarung und Stellvertretervereinbarungen deutlich überspannt, wie auch eine jüngere Entscheidung des AG Köln vom 28.08.2019 (– 118 C 104/19 –) zeigt, auf die Kostenträger in gerichtlichen Auseinandersetzungen aktuell gerne verweisen.

Das Gericht weist in der Entscheidung zunächst zutreffend daraufhin, dass eine Vertretung im Rahmen einer Wahlarztbehandlung ist nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 20.12.2007 (- III ZR 144/07 -) nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Der BGH hat entschieden, dass Klauseln in einer formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarung, die durch die die einem Wahlarzt obliegende Leistung im Fall seiner seiner Verhinderung durch einen Vertreter erbracht werden darf, nach § 308 Nr. 4 BGB nur wirksam sind, wenn sie auf die Fälle beschränkt sind, in denen die Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses nicht bereits feststeht und als Vertreter der namentlich benannte ständige ärztliche Vertreter bestimmt ist.

Ausgehend von dieser Rechtsprechung nimmt das AG Köln dann aber an, dass diesen Voraussetzungen wird die abgeschlossene Wahlleistungsvereinbarung nicht entspreche, weil in dieser kein Behandler namentlich benannt worden ist, sondern wie in der Praxis üblich auf eine beigefügte Wahlarztliste verwiesen wird. Woraus sich diese Anforderung an die Wahlleistungsvereinbarung und nicht an die individuelle Vertretervereinbarung ergeben, erschließt sich aus der Entscheidung leider nicht.

Vielmehr meint das Gericht, dass eine solche „Klausel“ in einem Wahlarztvertrag, die eine mögliche ständige Vertretung des Wahlarztes bei Hauptleistungen, also insbesondere bei Operationen, vorsieht und daher unwirksam sei, was aber sicherlich nicht der Fall ist, wenn in der Wahlleistungsvereinbarung die Vertreterregelung nur auf den Fall der unvorhersehbaren Verhinderung beschränkt ist (so auch BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –).

Auch die vom Krankenhaus verwendete Stellvertretervereinbarung soll nach Ansicht des AG Köln unwirksam sein, weil weder der Zeitraum der vorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes, noch der Grund hierfür angegeben sind. Zumindest der Zeitraum der Abwesenheit sei für den Patienten von wesentlicher Bedeutung bei der Überlegung, ob er die Behandlung  bis zur Rückkehr oder bis zu dem Wegfall der sonstigen Verhinderung des Wahlarztes verschieben möchte. Da der Patient diese Entscheidung nach Ansicht der Richter in Köln nicht auf einer ihm bekannten Tatsachengrundlage treffen kann, handele es sich um eine „Scheinoption“.

Darüber hinaus gelte die Patientenerklärung für den Fall der „vorhersehbaren“ Verhinderung des Wahlarztes und wurde  am selben Tag wie die Wahlleistungsvereinbarung unterschrieben, so dass  die Abwesenheit des Wahlarztes im Zeitpunkt des Abschlusses beider Erklärungen bereits feststand. In diesem Fall konnte die Wahlleistungsvereinbarung ihren Sinn von Anbeginn nicht erfüllen und sei daher unwirksam.

Die Entscheidung ist angesichts der Rechtsprechung des BGH zur möglichen Vertretervereinbarung im Fall der vorhersehbaren Verhinderung (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –) nur schwer nachzuvollziehen. Warum eine mögliche Vertretung bei Aufnahme des Patienten nicht mehr vereinbart werden könne, erschließt sich dabei nicht. Auch der BGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vertretervereinbarung im zeitlichen Zusammenhang mit der Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen werden kann, den Krankenhausträger dann aber besondere Hinweispflichten treffen. Warum der Patient bei Aufnahme im Krankenhaus und entsprechenden Hinweis auf die Abwesenheit des Wahlarztes nicht eine Vertretung vereinbaren kann, ist unverständlich und hindert den Patienten letztlich an einer autonomen Entscheidung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, für der er ggf. auch teure Zusatzversicherungen unterhält. Dabei spielt der Grund für die Verhinderung (z.B. Kongress, Urlaub, dienstliche Gründe, Hochzeit, Beerdigung, etc.) in der Regel keine Rolle, weil er sich letztlich nur die Behandlung durch den bestqualifizierten verfügbaren Arzt sichern will. Es dürfte dem autonomen Patienten, der auf eine persönliche Behandlung durch den Wahlarzt wert legt, ohne weiteres zu zutrauen sein, die Gründe der Verhinderung oder die mögliche Verschiebung der Behandlung bei Information über die Verhinderung des Wahlarztes zu erfragen und dann nach seiner Interessenlage eine Entscheidung zu treffen, ohne die Option der Verschiebung der Behandlung bis zur Wiederverfügbarkeit des Wahlarztes oder auch den Verzicht auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen als Scheinoptionen anzusehen.

Insgesamt ist bei den offenbar wachsenden Befürchtungen der Kostenträger zur Ausweitung der wahlärztlichen Leistungen über Vertreter und die Benennung von mehreren Wahlärzten in einer Klinik auch zu bedenken, dass damit die Entscheidungsfreiheit von entsprechend versicherten Patienten über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen beschränkt wird. Dies dürfte aber nicht im Interesse der Patienten sein, die eine wahlärztliche Behandlung wünschen.

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