Ausschlussfrist für nachträgliche Strukturprüfung der Krankenkassen?

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Die insbesondere von der Bahn-BKK eingereichten Klagen zur nachträglichen Prüfung der Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung des OPS-Kodes 8-550 beschäftigen nach wie vor die Gerichte. Die Ende 2018 eingereichten Sammelklagen bestehen weitgehend allein aus der pauschalen Behauptung, dass die betroffenen Krankenhäuser bestimmtes nach dem OPS-Kodes 8-550 nicht vorhalte. Sobald der Nachweis des notwendigen Personals erbracht wird, wendet die Bahn-BKK in der Regel ein, dass die Beteiligung des Personals nach den Vorgaben des BSG im Urteil vom 19.12.2017 (– B 1 KR 19/17 R –) für die Behandlung nicht ausreichend dokumentiert sei, obwohl die Bahn-BKK für die entsprechenden Behandlungsfälle keinen Prüfauftrag nach § 275 Abs. 1c SGB V aF. erteilt hatte.

Diesem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen der Krankenkassen ist das Sozialgericht Fulda mit einem Gerichtsbescheid vom 25.08.2020 (- S 4 KR 411/18 -)  mit einer erstaunlichen Begründung zur Annahme einer Ausschlussfrist für Rechnungskürzungen entgegengetreten.

Das Gericht wies zwar auch zutreffend daraufhin, dass es sich bei der von der Krankenkasse gewollten Prüfung um eine einzelfallbezogene Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V aF handelt und daher eine nachträgliche Prüfung der Behandlungsdokumentation schon aufgrund der Versäumung der Prüffrist nicht in Betracht käme.

Für das SG Fulda ist allerdings entscheidend, dass es in entsprechender Anwendung der BSG-Rechtsprechung zur nachträglichen Korrektur von Abrechnungen durch das Krankenhaus (vgl. BSG, Urteil vom  23.05.2017 – B 1 KR 27/16 R – sowie vom 05.07. 2016 – B 1 KR 40/15 R –) davon ausgeht, dass Rückforderungen der Krankenkassen für eine stationäre Behandlung spätestens mit Ablauf eines vollen Kalenderjahres nach Rechnungstellung geltend gemacht werden müssen und nach Ablauf dieser Frist verwirkt sind. Nach Ansicht des SG Fulda ist es  aus Gleichbehandlungsgründen und der Parallelität der für die Krankenhäuser gegebenen Situation, die Rechtsprechung des BSG zur nachträglichen Korrektur von Abrechnungen durch das Krankenhaus auch auf die Rückforderungen der Krankenkassen anzuwenden. Dies führt dazu, dass ein Krankenhaus nach Ablauf eines vollen Kalenderjahres nach dem Jahr der Rechnungsstellung und vorbehaltlosen Zahlung nicht mehr mit Einwendungen oder gar Rückforderungen einer Krankenkassen in Bezug auf eine Vergütungsforderung zu rechnen braucht.

Damit führt das SG Fulda eine umfassende Ausschlussfrist für alle Prüfverfahren ein und zwar auch für den Zeitraum, in dem neben der Auffälligkeitsprüfung nach Auffassung des BSG noch ein eigenständiges Verfahren der sachlich-rechnerischen Prüfung bestand. Dies ist mit Blick auf die einseitigen Begrenzungen der Möglichkeiten der Krankenhäuser zur nachträglichen Abrechnungskorrektur konsequent, denn es ist schwer verständlich, warum die Verjährung als äußere zeitliche Grenze nur zugunsten der Krankenkasse gelten soll. Ob dieser Ansatz einer umfassenden Ausschlussfrist aber einer Überprüfung durch das BSG standhalten wird, bleibt abzuwarten.

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