Die derzeit bekannte geplante Neukonzeption gefährdet aus unserer Sicht in hohem Masse die umfassende wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung.
„Persönliche Zuwendung, kurze Wege, geringe Wartezeiten und hohe Fachkompetenz unter einem Dach sind das gewisse „Etwas“, das unsere Patienten zu schätzen wissen.“ Diese Aussage machte der damalige medizinische Geschäftsführer der Alb-Fils-KlinikEN, Dr. Jörg Noetzel, am 15.04.2015 in seiner Ansprache anlässlich der 100-Jahr-Feier der Helfenstein-Klinik, so veröffentlicht in der SWP am 17.04.2015.
„Die Helfenstein-Klink stellt mit den Fachdisziplinen Innere Medizin, Chirurgie, Anästhesie und Intensivmedizin sowie Radiologie die Grund- und Regelversorgung für die Bevölkerung in Geislingen und im Oberen Filstal sicher. Jede der Fachkliniken hat ihre speziellen Schwerpunkte wie Ultraschall-Diagnostik und -therapie, Endoskopiezentrum, Diabetologie und Palliativversorgung, Endoprothetik und Schlüsselloch-Chirurgie. Das angegliederte Gesundheitszentrum sowie in der Klinik angesiedelte Arztpraxen des Medizinischen Versorgungszentrums der Alb-Fils-Kliniken sorgen für eine noch bessere Verzahnung der ambulanten und stationären Patientenversorgung“. Diese Lobeshymne auf die Helfenstein-Klinik ist auf der aktuellen Homepage der Alb-Fils-KlinikENzu lesen.
In der Realität erleben wir täglich, dass der Standort Geislingen gezielt geschwächt wird. Beispielsweise wurden, wie in der Konzeption von 2015 vereinbart, von der Chirurgie der Helfenstein-Klinik große viszeralchirurgische Eingriffe in die Klinik am Eichert abgegeben; die Helfenstein-Klinik wird noch heute als Zentrum der Endoprothetik und der Schlüsselloch-Chirurgie angepriesen; wurden denn auch Patienten aus dem Raum Göppingen von dort zur operativen Versorgung nach Geislingen überwiesen? Warum wurde in den letzten Jahren und Monaten wiederholt Pflegepersonal aufgrund des Personalmangels in die Klinik am Eichert abgezogen, mit der unmittelbaren Folge, dass in der Helfenstein-Klinik Stationen geschlossen werden mussten? Wir erleben einen Verschiebebahnhof im Einbahnverkehr vom Standort Geislingen an den Standort Göppingen!
Die Helfenstein-Klinik und das dort tätige medizinische und pflegerische Personal ist im Raum Geislingen aufgrund ihrer medizinischen Expertise und aufgrund der menschlichen Kompetenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hoch angesehen. Dies läßt sich auch im Internet in medizinischen Bewertungsportalen wie klinikbewertungen.de belegen; im Jahr 2020 empfehlen 158 von 170 Bewertern die Helfenstei-Klink weiter.
Das hohe Ansehen der Helfenstein-Klinik in ihrer derzeitigen Konstellation ist auch bei den Studenten im Praktischen Jahr offenkundig. Im PJ-Ranking mit über 29.000 Bewertungen in den letzten drei Jahren wurde die Helfenstein-Klinik in der Gesamtwertung auf Platz 14 von 276 (!) Kliniken bundesweit gewählt. Zitate aus Bewertungen der Studenten: „Die Helfenstein-Klinik ist eine relativ kleine Klinik, die sich aber definitiv nicht verstecken muss. Vor meinem PJ hätte ich mir nicht vorstellen können, in einer solchen Klinik zu arbeiten. Dies hat sich schon früh zu Beginn meines PJs geändert, schnell wusste ich den familiären und freundlichen Umgang aller Abteilungen miteinander zu schätzen“; weiteres Zitat: „Ich habe hier wahnsinnig viel gelernt und bin sehr froh, hier mein Innere-Tertial gemacht zu haben. Klar gibt es hier nicht 20 spezielle Stationen, aber dafür lernt man einen breiten internistischen Querschnitt kennen.“ weiteres Zitat: „sowohl unter den Ärzten als auch mit dem Pflegepersonal herrscht ein herzliches und respektvolles Miteinander, so dass ich mich jeden Morgen auf den bevorstehenden Arbeitstag freute“.
Die Studenten beschreiben in ihren Bewertungen, was eben den Kern der Geislinger Klinik ausmacht: kurze Wege, hervorragendes Betriebsklima, respektvoller Umgang im Team und mit den Patienten, breites Behandlungsspektrum, hohe Fachkompetenz.
Die Helfenstein-Klinik spielt auch eine herausragende Rolle bei der Rekrutierung von ärztlichem Nachwuchs für die Arztpraxen der Region – viele der heute hier im Raum niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte haben Teile ihrer Aus- und Weiterbildung an der Helfenstein-Klinik absolviert. Jeder weiß um das Problem des Ärztemangels im ländlichen Raum – und es ist ebenso hinlänglich bekannt, dass sich Ärzte nach Abschluss ihrer Facharztausbildung gerne in der Region der ausbildenden Klinik niederlassen, weil sie während ihrer klinischen Tätigkeit Kontakte zu den niedergelassenen Ärzte in der näheren Umgebung knüpfen konnten und sich dann sehr häufig Nachfolgemöglichkeiten ergeben. Der geplante Abbau der stationären Versorgung an der Helfenstein-Klinik würde diese Prozesse deutlich einschränken.
Gerade auch diese unkomplizierten direkten Kontakte zwischen Haus- und Fachärzten in den Praxen und den stationär tätigen Kolleginnen und Kollegen sind besonders wertvoll, um die umfassende ambulante und stationäre Versorgung unserer Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Man kennt sich vor Ort, kurze und direkte Informationswege erleichtern enorm die Zusammenarbeit zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten.
Den Umgang der Geschäftsleitung der Alb-Fils-KlinikEN mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Helfenstein-Klinik halten wir für – gelinde gesagt – unfair, man könnte durchaus auch von Rücksichtslosigkeit sprechen. Alle - egal ob im ärztlichen Dienst, in der Pflege, in der Verwaltung oder im Reinigungsdienst – wurden durch die Pläne und das Vorgehen der Klinikleitung überrumpelt und sehen sich nun in einer ungewissen Zukunft. Es wäre wenig verwunderlich, wenn sich viele von ihnen nach Arbeitsplätzen an anderen Kliniken umsehen würden. Im übrigen ist auch eine Abwanderung von Patienten weg von den Alb-Fils-KlinikEN in den Raum Ulm oder Heidenheim ganz konkret zu befürchten – dort sind viele Standorte verkehrstechnisch verläßlicher zu erreichen als die Klinik am Eichert im Dauerstau zwischen Geislingen und Gingen.
In den vergangenen Jahren wurde von der Geschäftsführung der Alb-Fils-KlinikEN, von der Landkreisspitze und vom Kreistag gebetsmühlenhaft wiederholt beteuert, man wolle an dem Konzept „Ein Klinikum, 2 Standorte“ festhalten. Nicht von ungefähr nennt sich die GmbH „Alb-Fils-KlinikEN. Das soll nun auf einmal nicht mehr gelten. Und wenn ein Mitglied des Kreistags in der Presse mit der Aussage zitiert wird, „man habe ja damit nicht gesagt, dass es zwei Klinik-Standorte seien“, dann ist das eine böse Wortklauberei und geradezu zynisch.
Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus der Region Geislingen/Böhmenkirch/Oberes Filstal/Kuchen/Gingen wenden sich mit diesem offenen Brief an den Landrat, an die Geschäftsführung der Alb-Fils-Kliniken und an die Mitglieder des Kreistags in Göppingen. Wir erwarten, dass die Verantwortlichen der Alb-Fils-KlinikEN den Anspruch „ein Klinikum an zwei Klinik-Standorten“ bekräftigen und die GmbH nicht auf eine „Fils-Klinik“ reduzieren. Wir appellieren an die Verantwortlichen, zumindest den Status quo der Helfenstein-Klinik zu erhalten und die vorhandene medizinische Kompetenz zu stärken, um auch zukünftig die umfassende ambulante und stationäre medizinische Versorgung der Bevölkerung wohnortnah sicherzustellen.
Hinweis: Dies ist ein Offener Brief von 39 Ärzten und kein redaktioneller Beitrag.

Unterschriften von....

Dr. med. Axel Beck, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Matthias Berger, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med Matthias Berner, Chirurgie, Geislingen
Claudia Biese-Schrag, Allgemeinmedizin, Gingen
Dr. med. Josef Brandner, Allgemeinmedizin, Böhmenkirch
Dr. med. Irene Eckert, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Karin Eckert, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Stephan Feyerabend, Allgemeinmedizin, Gingen
Dr. med. dent. Matthias Fezer, Zahnmedizin, Geislingen
Dr. med. Carola Franke-Mayer, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Andreas Frauer, Allgemeinmedizin, Geislingen
Martina Frauer, Psychiatrie, Bad Überkingen
Dr. med. Edda Fritz, Augenheilkunde, Geislingen
Dr. med. Wolfram Fritz, Augenheilkunde, Geislingen
Dr. med. Stefan Geis, Allgemeinmedizin, Deggingen
Dr. med. Beate Grupp, Rehabilitative Medizin, Geislingen
Detlev Halank, Allgemeinmedizin, Gingen
Dr. med. dent. Dagmar Hascher, Zahnmedizin, Geislingen
Dr. med. Dietmar Hommel, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Joachim Hund, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med. Nico Jung, Allgemeinmedizin, Deggingn
Dr. med. Thomas Jung, Allgemeinmedizin, Deggingen
Dr. med. Tanja Karbe, Innere Medizin, Geislingen
Gabriele Kauderer, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Michael Kauderer, Chirurgie, Geislingen
Dr. medic. Vera König, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Jochen Ladwig, Chirurgie, Geislingen
Dr. med. Eckart Mayer, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med. Stefan Mludek, Allgemeinmedizin, Böhmenkirch
Dr. med. Thomas Müller, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med. Georg Phleps, HNO, Geislingen
Sabine Schellong, Allgemeinmedizin, Geislingen
Udo Schertlin, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Eberhard Seiffer, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med. Ulrich Volk, Allgemeinmedizin, Geislingen
Dr. med. Frieder Wagner, Innere Medizin, Geislingen
Dr. med. Hansjörg Winker, Allgemeinmedizin, Deggingen
Dr. med. Jürgen Wisura, Allgemeinmedizin, Kuchen
Dr. med Carsten Würz, Innere Medizin, Süssen