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Hochwaldkrankenhaus Bad Nauheim: Klinikausbau - Investitionskosten steigen rasant

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Während im Bad Nauheimer Hochwaldkrankenhaus nach dem Ausbau alle Abteilungen zur Akutversorgung konzentriert werden, verbleiben im Bürgerhospital Friedberg (Bild) Ambulanz, Endoskopie, Stroke Unit und Psychiatrie/Geriatrie.	FOTO: NICI MERZ
Während im Bad Nauheimer Hochwaldkrankenhaus nach dem Ausbau alle Abteilungen zur Akutversorgung konzentriert werden, verbleiben im Bürgerhospital Friedberg (Bild) Ambulanz, Endoskopie, Stroke Unit und Psychiatrie/Geriatrie. FOTO: NICI MERZ © Nicole Merz

Das Hochwaldkrankenhaus Bad Nauheim ist keine städtische Klinik, sondern ein Kreiskrankenhaus. Die Kurstadt-Politik hat das eingesehen und trennt sich gerne von den finanziellen Lasten.

Seit Jahren werben Politiker des Kreises und der Stadt Bad Nauheim eindringlich für den Ausbau des Hochwaldkrankenhauses. Nur damit, so die Argumentation, könne das Gesundheitszentrum Wetterau (GZW) konkurrenzfähig bleiben. In der Öffentlichkeit wurden stets Investitionskosten von 60 Millionen Euro genannt. Wie sich jetzt herausstellt, liegt diese Schätzung sehr weit daneben.

Bad Nauheim: Baukosten um 38,3 Prozent gestiegen

Nach Informationen, die GZW-Geschäftsführer Dr. Dirk M. Fellermann am Donnerstagabend dem Bad Nauheimer Haupt- und Finanzausschuss schriftlich übergab, liegt die Kalkulation inzwischen bei 83 Millionen Euro. Eine Steigerung von satten 38,3 Prozent. »Die Schätzung ist schon ein paar Jahre alt, seitdem sind die Baupreise enorm gestiegen«, begründete Bürgermeister Klaus Kreß nach der Sitzung den exorbitanten Anstieg.

Der Finanzausschuss befasste sich erneut mit der geplanten Reform des GZW. Wie berichtet, wird die Stadt ihre Gesellschaftsanteile an der gGmbH deutlich reduzieren. Ist Bad Nauheim bisher mit 50 Prozent gleichberechtigter Partner des Kreises, werden die städtischen Anteile jetzt auf 16 Prozent schrumpfen. Schon die bislang angenommenen 60 Millionen Euro für den Klinikausbau waren der Stadt deutlich zu viel, um sich daran zu beteiligen. Der Kreis steuert dagegen 15 Millionen Euro bei und erhöht seine GZW-Anteile entsprechend.

Bad Nauheim: Einstimmiges Ausschuss-Votum

Eine Einigung darüber wurde in jahrelangen Verhandlungen zwischen Landrat Jan Weckler, Bürgermeister Klaus Kreß und den beteiligten Anwälten erzielt. Sache der Politiker ist es nun, den geänderten Gesellschaftsvertrag abzunicken. Der Kurstadt-Finanzausschuss kam dieser Aufgabe einstimmig nach. Allen Politikern ist klar: Bei dem 16-Prozent-Anteil wird es nicht bleiben, langfristig wird sich die Stadt wohl ganz aus dem GZW verabschieden.

Die FDP wäre dazu schon jetzt bereit gewesen, wie Sprecher Peter Heidt betonte. »Das Hochwaldkrankenhaus wird sukzessive zum Flaggschiff des GZW. Eine Beteiligung der Stadt an der 83-Millionen-Investition ist allerdings ausgeschlossen.« Dem Kreis die Gesamtverantwortung Stück für Stück zu übertragen, sei alternativlos. Eindeutig widersprach Heidt Gerüchten, die Reform führe zu einer Privatisierung von Klinik und GZW. Keine Partei im Stadtparlament werde dem zustimmen.

Die SPD tut sich nach den Worten von Steffen Hensel etwas schwer mit ihrer Zustimmung zum Gesellschaftsvertrag. Vor Jahren habe die Stadt dem GZW ihre Klinikliegenschaft überlassen. Der Gegenwert bilde jetzt einen Teil der Rücklage der GmbH. Künftig werde diese Rücklage abgeschmolzen, um Fehlbeträge beim Klinikbetrieb zu decken. »Die Stadt zahlt 50 Prozent des Defizits, das bei der Behandlung aller Bürger aus dem Westkreis entsteht«, sagte Hensel. Eigentlich sei dies alleinige Aufgabe des Kreises.

Bad Nauheim: Kritik an »Machtfülle« des Landrats

Weiter kritisierte der SPD-Sprecher die künftige »Machtfülle« des Landrats, der Vorsitzender der GZW-Gesellschafterversammlung und des -Aufsichtsrats sei. Auch Hensel geht von einem mittelfristigen Komplettausstieg der Stadt aus. »Wir verlieren mehr und mehr an Einfluss. Das Hochwald ist künftig keine städtische Klinik mehr, sondern ein Kreiskrankenhaus in Bad Nauheim.« Die SPD sei aber bereit, »dicke Kröten zu schlucken«, um den Standort Bad Nauheim zu sichern.

Ein Mehr an Gesellschaftsanteilen bedeute nicht unbedingt mehr Einfluss. Das sagte FW/UWG-Fraktionschef Markus Theis. Der Aufsichtsrat, in dem Bad Nauheim künftig nur noch durch Bürgermeister Kreß vertreten sein wird, habe keinen Einfluss, weil die Sachkenntnis fehle. »Der einzige Beteiligte, der alles versteht, ist Geschäftsführer Fellermann. Doch den soll der Aufsichtsrat eigentlich kontrollieren«, betonte Theis. In der Gesamtabwägung sei die Reform zu befürworten.

Von einem begrüßenswerten Kompromiss sprachen Dr. Martin Düvel (Grüne) und Sebastian Schmitt (CDU). Laut Düvel kann die Stadt auf Dauer keine 50 Prozent der Krankenhauskosten tragen. »Wichtig ist es aber, weiter einen Fuß in der Tür zu haben, solange wir mindestens 10 Prozent der Anteile halten.« Mittelfristig, da sind sich alle Politiker einig, wird dies aber kaum möglich sein.

Bad Nauheim: Städtischer Anteil schrumpft

83 statt 60 Millionen Euro soll die Erweiterung des Hochwaldkrankenhauses kosten. Die zusätzlichen 23 Millionen werden durch weitere Mittel aus Fördertöpfen und einem 10-Millionen-Euro-Darlehen finanziert, das vom GZW aufgenommen wird. Der Kreis beteiligt sich mit 15 Millionen Euro an dem Projekt und erhöht sein GZW-Kapital um denselben Betrag. Die Stadt Bad Nauheim steuert keinen Cent zu der Investition bei. Deshalb hält der Kreis künftig 84 Prozent der GZW-Gesellschaftsanteile, die Stadt nur noch 16 Prozent (bisher 50).

Weiterer Bestandteil des neuen Gesellschaftsvertrags ist eine Sperrminorität, die der Stadt zugebilligt wird. Solange sie mindestens 10 Prozent der Anteile hält, können unter anderem folgende Punkte nicht ohne ihre Zustimmung beschlossen werden: Auflösung der GmbH, Kapitalerhöhung, Verschmelzung mit anderen Unternehmen, Aufgabe oder Verkauf der Bad Nauheimer Klinik, Beendigung der Kooperation mit der Kerckhoff-Klinik. Der Aufsichtsrat schrumpft von 30 auf 12 Mitglieder, Bad Nauheim ist nur durch den Bürgermeister vertreten.

Obwohl die Stadt lediglich mit 16 Prozent am GZW beteiligt ist, muss sie sich auch künftig mit 50 Prozent an der Deckung etwaiger Verluste beteiligen. Diese Regelung endet erst, wenn die GZW-Rücklage komplett abgeschmolzen ist.

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