S 28 KR 203/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 28 KR 203/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 37/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 16/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kodierbarkeit des OPS Kodes 8-98f.40 (aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) für die Vergütung einer Krankenhausbehandlung streitig.

Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte 1929 geborene C. C. (im Folgenden: Versicherter) befand sich vom 3. März bis zu seinem Tod am xx. xx 2017 in stationärer Behandlung in der Klinik der Klägerin.

Die Klägerin stellte für die Behandlung des Versicherten unter Zugrundelegung der DRG A09C (Beatmung ) 499 Stunden oder ) 249 Stunden mit int. Komplexbeh. ) 2352 / 1932 / 2208 P., mit komplexer OR-Prozedur oder Polytrauma oder int. Komplexbeh. ) 1764 / 1656 / 2208 P. oder mit komplizierender Konstellation oder Alter ( 16 Jahre) 63.344,92 EUR der Beklagten mit Schreiben vom 8. Juni 2017 in Rechnung.

Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 teilte die Beklagte hierzu mit, dass die Rechnung nicht so bezahlt werden könne, da hier der OPS 8-98f.40 (nicht erfüllt) von der Klägerin berechnet worden sei. Der unstrittige Rechnungsbetrag für die DRG A09F (ohne OPS) sei angewiesen worden.

Hintergrund dieser Auffassung war u.a. dass Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Hessen vom 21. November 2016. Darin führte der MDK aus, dass am 10. November 2016 eine Prüfung vor Ort und ein gemeinsames Gespräch mit Verantwortlichen der Klägerin sowie eine anschließenden Begehung der Intensivstation stattgefunden habe. Leistungen der intensivmedizinischen Komplexbehandlung würden bei der Klägerin auf einer Intensivstation (ITS) mit insgesamt 23 Betten erbracht. Die Intensivstation bestehe aus den Bereichen A und B, die über einen Gang verbunden seien. Diese Intensivstation werde als eine räumliche und organisatorische (ärztliche und pflegerische) Einheit betrieben. Die Leistungen der interventionellen Kardiologie mit Akut-PTCA für die Intensivpatienten würden über eine Kooperation mit der Stiftung D. A-Stadt gewährleistet, welche auch vorgelegt wurde. Nach Darstellung der Vertreter der Klägerin stünden mit dem Angiographie Messplatz in der Abteilung für Radiologie, Räumlichkeiten und Geräte zur Verfügung, die auch die Durchführung einer Akut- PTCA zulassen würden. Wenn ein intensivmedizinischer Patient einer Akut-PTCA bzw. Leistungen der interventionellen Kardiologie bedürfe, dann komme der Facharzt für Kardiologie mit den entsprechenden Gerätschaften und dem erforderlichen Assistenzpersonal in die Klinik der Klägerin. Diese Darstellung ist nach Auffassung des MDK jedoch diskrepant zu dem in dem vorgelegten Kooperationsvertrag geregelten Prozedere. Unabhängig hiervon sei zum 1. Januar 2016 durch das DIMDI eine Konkretisierung des OPS-Kodes 8-98f erfolgt: Die Version 2016 laute "24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im "eigenen Klinikum." In der nachfolgenden Auflistung finde sich (wie zuvor) auch die "interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA". Nach Auskunft des DIMDI sei die Konkretisierung dieser Mindestanforderung erforderlich gewesen, um zu betonen, dass die dort aufgeführten Strukturmerkmale ("apparative Beatmung, nicht invasives und invasives Monitoring, kontinuierliche oder intermittierende Nierenersatzverfahren, radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT, interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA und Endoskopie") nicht mit einer Kooperation mit anderen Kliniken gewährleistet werden könnten, sondern nach dem Wortlaut des OPS-Kodes "im eigenen Klinikum" vorgehalten werden müssen. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Daher seien nach Auffassung des MDK die Mindestmerkmale zur Kodierung der OPS-Kodes 8-98f (aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) bei der Klägerin nicht erfüllt. Mit weiterem Gutachten vom 22. Dezember 2016 wiederholte und bestätigte der MDK diese Einschätzung.

Mit Schreiben vom 13. März 2018 teilte die Klägerin mit, dass sie der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 21. November 2016 hinsichtlich der Erfüllung der Mindestmerkmale des OPS- Kodes 8-98f "aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung" nicht folgen könne.

Unter dem 12. April 2018 hat die Klägerin bei dem hiesigen Gericht Klage erhoben, mit dem Ziel die Beklagte zu einer Zahlung von 17.261,12 EUR verurteilen zu lassen.

Die Beklagte habe keine Prüfung des konkreten Behandlungsfalles durch den MDK vorgenommen. Die diesbezügliche 6-wöchige Ausschlussfrist gelte nach § 275 Abs. 1c Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für "jede Prüfung der Abrechnung", somit auch für die Prüfung, ob die Voraussetzungen des OPS-Kodes 8-98f erfüllt sind. Der Beklagten sei es daher versagt, diesbezügliche Einwände gegenüber der Klägerin geltend zu machen.

Ergänzend ist die Klägerin der Auffassung, dass die Durchführung einer Akut-PTCA im Krankenhaus der Klägerin an 24 Stunden gewährleistet sei. Die Klägerin verfüge seit dem Jahr 2016 über einen eigenen Herzkatheter-Messplatz und halte neben den nötigen Gerätschaften die entsprechenden Räumlichkeiten, die Überwachungseinheit, die Röntgenanlage, das EKG und die Computer zur Aufzeichnung und Auswertung der Untersuchungsergebnisse vor. Die Klägerin verfüge auch über das mit den Gerätschaften vertraute Assistenzpersonal (medizinisch-technische Assistenten), das rund um die Uhr an 24 Stunden zur Verfügung stehe. Für den Fall, dass eine Akut-PTCA bei einem Intensivpatienten notwendig werde, sei aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Stiftung D. A-Stadt ein Kardiologe verpflichtet jederzeit innerhalb von 30 Minuten im Krankenhaus der Klägerin anwesend zu sein, um die Akut-PTCA durchzuführen. Eine Verlegung in das D. erfolge nicht, da seit der Inbetriebnahme des Herzkatheter-Messplatzes die Klägerin selbst in der Lage sei, die Akut-PTCAs im eigenen Klinikum durchzuführen.

Die Klägerin hat im weiteren Verlauf den am 15. Dezember 2014 geschlossenen Kooperationsvertrag zwischen ihr und der Stiftung D. (D.) vorgelegt. Danach stimmten beide Vertragsparteien in der Absicht überein, die Zusammenarbeit im Bereich der Versorgung von Patienten in den Fachbereichen der Kardiologie und Gefäßchirurgie zu intensivieren. Der Kooperationsvertrag solle die Grundlage bilden, dass diesbezügliche konsiliarische Leistungen durch die Ärzte der D. für stationäre Patienten der Klägerin erfolgen könnten. Darüber hinaus sollten Vereinbarungen getroffen werden, die die Versorgung stationärer Patienten der Klägerin, die einer PTCA bedürften, betreffen. In § 2 Nr. 1 der Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin zur Kooperation mit der D. bei Fällen, die einer kardiologischen Behandlung in Form einer Akut-PTCA bedürfen, sofern keine besonderen Gründe oder Umstände vorliegen, die dem entgegenstehen. Im Gegenzug dazu, verpflichtete sich die D. zu einer 24-stündigen garantierten Verfügbarkeit der (Mit-)Behandlung oder Übernahme dieser Patienten. Nach § 2 Nr. 2 der Vereinbarung forderte die Klägerin kardiologische und gefäßchirurgische konsiliarärztliche Leistungen bei den Ärzten der D. an. Diese verpflichtete sich demgegenüber innerhalb von max. 30 Minuten am Standort der Klägerin zu sein, um die angeforderten konsiliarärztlichen Leistungen bei intensivpflichtigen Patienten der Klägerin in den genannten Fachbereichen Kardiologie und Gefäßchirurgie zu erbringen. Die Möglichkeit einer 24-stündigen Inanspruchnahme dieser konsiliarischen Leistungen sei hierbei durch die D. garantiert und gewährleistet. Die konsiliarischen Leistungen erfolgten an dem Ort, an dem sich der Patient aktuell in Behandlung befindet. Für die vereinbarten Leistungen würden Behandlungs- und Untersuchungszimmer, Untersuchungs- und Behandlungsgeräte und die erforderlichen Sachmittel durch den Leistungsanforderer zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 17.261,12 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juli 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Patientenakte sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung am 17. Dezember 2018 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Juni 2000, Az. B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23. Juli 2002, Az. B 3 KR 64/01 R). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteile vom 13. Mai 2004, B 3 KR 18/03 R und vom 21. April 2015, B 1 KR 8/15 R).

Die Klage ist allerdings unbegründet.

Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die weitere hier streitige Vergütung der Krankenhausbehandlung für den am xx. xxx 1929 geborenen C. C. auf der Grundlage der von ihr abgerechnete DRG A09C in Höhe von noch 17.261,12 EUR.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) und dem Vertrag über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen. Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinn von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser im Sinn des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es sich bei der Klägerin um ein zugelassenes Krankenhaus im Sinn des § 108 SGB V gehandelt hat, C. C. während der Dauer der streitigen Krankenhausbehandlung bei der Beklagten versichert war und ohne Zweifel einer Krankenbehandlung mit den Mitteln eines Krankenhauses bedurfte, weil das Behandlungsziel nicht durch eine teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenbehandlung erreicht werden konnte (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nr. 1 bis 7 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Damit sind nach ausdrücklicher Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG "alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen" abgegolten (BSG, Urteil vom 25. November 2010, Az. B 3 KR 4/10 R). Streitig ist hier die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) i.V.m. der auf der Grundlage des § 9 KHEntgG und § 17b KHG abgeschlossenen Vereinbarung der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2017 (FPV 2017), welche einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge enthält.

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten: Zunächst wird die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Diagnosekode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des BMG herausgegebenen Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der deutschen Fassung (ICD-10-GM) sowie ggf. mit einem vom DIMDI herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V). In einem zweiten Schritt werden die in den Computer eingegebene Diagnose- und OPS-Kodes einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der Fallgruppenzuordnung (DRG-Zuordnung) liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde. Auf der Basis eines "Entscheidungsbaumes" wird anhand verschiedener Kriterien eine exakte DRG-Zuordnung vorgenommen. Zur Einstufung in die jeweils abzurechnende DRG werden Software-Programme (Grouper) eingesetzt, die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), einer Einrichtung der Selbstverwaltungspartner, zertifiziert sind. Grundlage hierfür ist ein entsprechendes Definitionshandbuch (BSG, Urteil vom 25. November 2010, Az. B 3 KR 4/10 R; BSG, Urteil vom 8. November 2011, Az. B 1 KR 8/11 R; u.a. SG Stralsund, Urteil vom 14. Dezember 2012, Az. S 3 KR 11/09, BSG, Urteil vom 21. April 2015, Az. B 1 KR 8/15 R Rdnrn. 14, 15). Zur sachgerechten Durchführung dieser Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene ergänzend "Kodierrichtlinien" beschlossen. Maßgebend für den vorliegenden Abrechnungsfall sind die für den Tag der stationären Aufnahme geltenden Abrechnungsregeln, d.h. vorliegend die Deutschen Kodierrichtlinien 2017 (DKR 2017).

Streitig und für die Abrechenbarkeit der von der Klägerin zugrunde gelegten DRG weiterhin entscheidungserheblich, ist vorliegend die Kodierbarkeit der Prozedur 8-98f.40(aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) die hier nach der von den Selbstverwaltungspartnern bestimmten Entscheidungslogik (dem sog. Entscheidungsbaum) insoweit erlöswirksam ist, als sie eine höher bewertete DRG (A09C anstatt A09F) auslöst.

Die DRG A09C wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn Prozeduren nach OPS 8-98f zu kodieren sind. Dies war vorliegend nicht der Fall.

OPS 8-98f setzt in der hier maßgebenden Fassung eine aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung u.a. mit folgenden Mindestmerkmalen voraus:
• Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen
• Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin", der den überwiegenden Teil seiner ärztlichen Tätigkeit auf der Intensivstation ausübt
• Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein. Der Arzt der Intensivstation kann zu einem kurzfristigen Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden
• 24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum:
- Apparative Beatmung - Nicht invasives und invasives Monitoring
- Kontinuierliche oder intermittierende Nierenersatzverfahren
- Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT
- Interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA
- Endoskopie
• 24-stündige Verfügbarkeit von einem der folgenden drei Verfahren im eigenen Klinikum:
- Intrakranielle Druckmessung
- Transösophageale Echokardiographie
- Mikrobiologische Diagnostik
• Mindestens 7 von den 9 folgenden Fachgebieten sind innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus als klinische Konsiliardienste (klinikzugehörig oder aus benachbarten Kliniken) verfügbar: Innere Medizin, Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie, Anästhesiologie, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie.
• Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbare Leistungen von: Laboratorium, Radiologie, Blutbank.
• Tägliche Verfügbarkeit (auch am Wochenende) von Leistungen der Physiotherapie.
• Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation.
• Die zu verwendenden Parameter des SAPS II und des TISS sind im Anhang zum OPS zu finden.
• Spezielle intensivmedizinische Prozeduren, wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren.
• Diese Kodes sind für Patienten, die bei stationärer Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet haben, anzugeben.

Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 19. Juni 2018 unter dem Aktenzeichen B 1 KR 38/17 R nach Auffassung der Kammer zutreffend ausführt, ist die " Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen. "

Dies zugrunde gelegt, ist zunächst festzustellen, dass der Wortlaut des OPS 8-98f in der hier maßgebenden Fassung verschiedene Termini zu zeitlichen und organisatorischen Angaben kennt. So wird eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung, neben einer ständigen ärztlichen Anwesenheit, eine 24-stündige Verfügbarkeit im eigenen Klinikum sowie eine innerhalb von maximal 30 Minuten Verfügbarkeit zur Komplexbeschreibung verwendet. Auch findet sich im Hinblick auf die konsiliarärztlichen Dienste die Differenzierung in klinikzugehörig oder aus benachbarten Kliniken. Die Kammer geht bezüglich der streitentscheidenden Frage davon aus, dass der Wortlaut der vom DIMDI herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) bewusst gewählt wurde und somit maßgebend ist. Danach muss die interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA im Umfang einer 24-stündigen Verfügbarkeit im eigenen Klinikum bestehen. Nicht ausreichend ist eine Verfügbarkeit innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus, wie es beispielsweise für Leistungen von Laboratorium, Radiologie und Blutbank geregelt ist. Auch wurde in der Formulierung zur Akut-PTCA unmissverständlich ausgeführt, dass diese Verfahren im eigenen Klinikum vorgehalten werden müssen. Das ein "Verfahren" notwendigerweise immer auch das dazugehörige Fachpersonal meint, ist zwingend. Die Vorhaltung der Gerätschaften und Technik ohne entsprechende Anwender kann keine Patientenversorgung bewirken. Insoweit ist der Text des OPS auch unverändert zu der Fassung aus 2015 geblieben. Darüber hinaus ist die Regelung zum Vorhalt von weiteren Konsiliardiensten anderer Fachgebiete als Ausnahmevorschrift zu verstehen. Ausschließlich diese Leistungen können durch andere Kliniken, als die Klägerin, erbracht werden. Diese Einschätzung trägt dem Umstand Rechnung, dass typischerweise Patienten in akut lebensbedrohlichen Situationen von der aufwendigen intensivmedizinischen Komplexbehandlung betroffen sind, womit zwingend eine schnellstmögliche medizinische Behandlung erforderlich ist. Ferner steht die Einschätzung der Kammer auch im Zusammenhang damit, dass mit dem vorliegenden relativ hoch vergüteten Kode auch die Vorhaltekosten, die der abrechnenden Klinik entstehen, dokumentiert werden sollen. Diese Vorhaltekosten entstehen der Klägerin vorliegend nicht in gleicher Höhe. Ihr entstehen Kosten im Umfang von § 6 der Kooperationsvereinbarung.

Dass die Beklagte keine Prüfung des konkreten Behandlungsfalles durch den MDK veranlasst hat, hindert im Übrigen nicht ihr Vorbringen im hiesigen Rechtsstreit. Soweit der Klägervertreter die Auffassung vertritt, dass die 6-wöchige Ausschlussfrist nach § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V für "jede Prüfung der Abrechnung" und somit auch für die Prüfung, ob die Voraussetzungen des OPS-Kodes 8-98f erfüllt sind, ist dies vorliegend nicht relevant. Der Beklagten ist nicht zur Durchführung einer entsprechenden Prüfung verpflichtet. Lediglich bei deren tatsächlicher Durchführung ist die 6-wöchige Ausschlussfrist einzuhalten. Vorliegend fand jedoch keine Beauftragung des MDK im einzelnen Behandlungsfall statt. Vielmehr machte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 16. Juni 2017 ihre Einwände geltend. Ein Ausschluss dieser strukturellen Einwände im gerichtlichen Verfahren kann unter keinen Aspekten erkannt werden. Im Übrigen handelt es sich bei der streitentscheidenden Frage um eine rechtliche Frage.

Die Klägerin war im Ergebnis nicht berechtigt, die DRG A09C (Beatmung ) 499 Stunden oder ) 249 Stunden mit int. Komplexbeh. ) 2352 / 1932 / 2208 P., mit komplexer OR-Prozedur oder Polytrauma oder int. Komplexbeh. ) 1764 / 1656 / 2208 P. oder mit komplizierender Konstellation oder Alter ( 16 Jahre) für die Behandlung von C. C. der Beklagten in Rechnung zu stellen. Die Voraussetzungen für eine Kodierung von OPS 8-98f.40 lagen nicht vor.

Für die stationäre Behandlung von C. C. in der Zeit vom 3. März bis xx. xxx 2017 besteht kein weiterer Zahlungsanspruch der Klägerin. Die Klage ist mit der Hauptforderung unbegründet.

Gleiches gilt für die Nebenforderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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