Iserlohn. Dr. Jan Schlenker „managt“ jetzt das Bethanien-Krankenhaus mit dem Blick auf die Ungewissheiten der Branche. So sehen seine Pläne aus.

Das Ende war offensichtlich einvernehmlich, aber für das Personal und auch die Öffentlichkeit kommt es dann doch wohl eher überraschend: Nach gut eineinhalb Jahren ist Simon Koch seit rund drei Wochen nicht mehr Geschäftsführer des Agaplesion Ev. Krankenhaus Bethanien Iserlohn. Seine Nachfolge wurde inzwischen von der Konzernführung mit einer etwas anderen Lösungsvariante geregelt. Dazu muss man wissen, dass das Bethanien von seiner gesellschaftsrechtlichen Struktur eine Hundert-Prozent-Tochtergesellschaft des Agaplesion-Krankenhauses in Hagen ist. Der dortige Geschäftsführer ist seit knapp einem Jahr Alex Hoppe. Da es ihm aufgrund der anspruchsvollen Aufgaben an der Volme nicht möglich ist, sich auch noch in erforderlichem Maße um das Haus in Iserlohn zu kümmern, wurde mit Dr. Jan Schlenker (50) ein weiterer „Geschäftsführer“ unter Vertrag genommen, der ursächlich aus einer u.a. auf Krankenhaus-Management spezialisierten Beratungsagentur stammt. Dr. Schlenker ist von Hause aus selbst Internist, mit den sinnhaften Abläufen und Ablauf-Optimierungen in kleineren und größeren Häusern bestens vertraut und er nimmt an wenigstens drei Tagen in der Woche an seinem Schreibtisch in der Bethanien-Verwaltung an der Bethanienallee Platz. Die Heimatzeitung traf die beiden Verantwortlichen zusammen mit dem Klinikdirektor Prof. Dr. Hisham Ashour zu einem ersten „Vorstellungs“-Gespräch.

Dr. Schlenker umreißt seinen neuen Aufgabenbereich dann auch so: „Es wurde jemand benötigt, der hier in erster Linie als Unterstützer tätig ist, der das operative Geschäft sicherstellt, der Ansprechpartner für Verwaltung, Chefärzte und Pflege ist. Und das bin seit genau zweieinhalb Wochen jetzt ich.“ Und er präzisiert auch noch einmal seine rechtliche Dienststellung: „Ich verstehe mich mehr als Unterstützer von Herrn Hoppe, sonst wäre ich ja auch als weiterer Geschäftsführer eingetragen.“ Auch Alex Hoppe ist, das sei am Rande erwähnt, seit über 20 Jahren auf dem Gebiet des Krankenhaus-Managements unterwegs.

Natürlich werden neue Chefs immer als erstes nach ihren Plänen und Visionen gefragt. So auch bei diesem Gespräch, allerdings wird das Thema durch Alex Hoppe auch sofort relativiert: „Ich glaube, man muss im Moment einfach anerkennen, dass die gesamte Krankenhaus-Branche unabhängig von Iserlohn sich dermaßen im Schleudergang befindet, dass sich jeder – auch die Großen – zurückhält mit ganz langfristigen Visionen.“ Die könne man natürlich haben, aber man dürfe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur Dinge vermitteln, für die man sie gewinnen möchte, die man im Voraus auch tatsächlich kalkulieren könne. „Und im Moment ist eben gar nichts mehr so sicher, wie wir es noch aus der Vergangenheit kennen. Die Art und Weise wie Krankenhäuser in Deutschland finanziert werden ist deutlich im Wandel begriffen.“ Man sei heute wieder mit einem Hybridsystem von Fallpauschale und tatsächlicher Kostendeckung unterwegs und dazu würden sich eben auch neue Steuerungsmodelle ergeben. Bund und Land hätten sich in der Vergangenheit bei der Finanzierung deutlichst zurückgehalten – in der Hoffnung, damit einen Strukturwandel auszulösen. „Man könnte auch sagen, die Politik hat den Saft abgedreht.“ Welche neuen Versorgungsaufträge sich jetzt in absehbarer Zeit abbilden würden, müsse man abwarten. Daraus würden sich schließlich die jeweiligen Investitions-Modelle ergeben. Auch die Entwicklung auf den Arbeitsmärkten müsse man in diesen Tagen, Wochen und Monaten aufmerksam beobachten.

Inzwischen erlebt die Branche tatsächlich die „Pfl-exits“

Man habe es in der Branche zudem auch noch mit dem Phänomen eines „Pfl-exits“, also einer Flucht aus der Pflege zu tun. „Was auch eigentlich mit das Schlimmste ist, was uns in der Situation passieren konnte.“ Wenn auch Agaplesion davon aktuell nicht wirklich betroffen sei, habe die aktuelle Situation der Pflege, verstärkt durch die Pandemie, zu zahlreichen Veränderungen und bei den Betroffenen auch zu einem Umdenken geführt.

Zurück zur konkreten Iserlohner Bethanien-Situation. Da man die langfristigen Entwicklungen des Hauses derzeit nicht kenne, müsse man eben immer bereits sein, um kurzfristig auf allen Gebieten nachzujustieren. Die Nachfrage, dass Alex Hoppe nach Iserlohn gekommen sei, um das Bethanien letztendlich „abzuwickeln“, verneint der Hagener Manager energisch. Und Dr. Schlenker ergänzt: „Auch in der jetzigen Situation können die wenigsten Häuser ersatzlos gestrichen werden.“ Natürlich gebe es vor allem bundesweit Überlegungen, wie man nun anders mit Wettbewerbern zusammenarbeiten könne „oder dass man sich über Jahre einen ruinösen Wettbewerb liefert, den beide nicht überleben. Das Abwickeln von Häusern halte ich in der Zukunft für eher selten.“ Natürlich sei das auch immer die Kern-Sorge der Bevölkerung. „Abgewickelt werden aber eigentlich nur Häuser, die versorgungs-politisch tatsächlich für überflüssig gehalten werden.“ Alex Hoppe: „Und wir haben in Iserlohn ja eine Besonderheit. Iserlohn hat ja schon vor Jahren einen Schritt vollzogen, der andernorts noch nicht einmal angedacht ist.“ Er meint damit die Aufteilung der Disziplinen: Wer macht hier eigentlich am Ort was? „Man könnte in Iserlohn von der Situation sprechen, dass man einen Vollversorger an zwei Standorten hat. Der gehört zwar nicht dem gleichen, ist aber idealtypisch.“ Bei der Frage, ob unter diesen Zukunfts-Gesichtspunkten doch noch einmal eine Übernahme-Situationen zwischen katholischen und evangelischen Trägern im Bereich der Waldstadt kommen könnte, kann Hoppe nur um Verständnis bitten: „Beteiligungspolitik ist Konzern-Politik. Da kann und werde ich nichts zu sagen.“

Dr. Jan Schlenker lenkt dann auch doch einmal den Blick auf die Zeit nach Corona und fragt: „Wird die Welt für Krankenhäuser danach die gleiche sein?“ Die Zukunft werde unter Experten heiß diskutiert. Im Moment habe man am Bethanien natürlich unter den gegebenen Bedingungen mit rund 120 „gefüllten“ Betten (bei über 200 im Regelbetrieb) einen eingeschränkten Betrieb. Eine Situation, die auch Professor Ashour für das Haus bestätigt. „Wir haben derzeit nur zwei Corona-Fälle im Haus, von denen einer auf der Intensivstation liegt.“ Auch der Klinikdirektor kämpft an unterschiedliche Fronten. So müsse man, auch wenn aktuell alle Stellen besetzt seien, leider attestieren, dass gerade für junge Ärzte Iserlohn als Standort nicht sonderlich attraktiv sei. Allerdings kann er aktuell auch davon berichten, dass nach einer anonymen Befragung der Ärztekammer Westfalen-Lippe das Iserlohner Bethanien-Krankenhaus im Bereich der Ärzte-Fortbildung ganz vorn auf der Erfolgsliste steht.

Vorläufiges Fazit des Gesprächs: Insbesondere Dr. Jan Schlenker sieht seine Kernaufgabe der nächsten Wochen und Monate darin, die Krankenhaus-Versorgung der heimischen Bevölkerung während und auch nach der Pandemie mit seinen Möglichkeiten und denen des Bethanien sicherzustellen. „Viel mehr sollten wir uns nicht aufschultern. Die Aufgabe ist groß genug.“