Mühlenkreiskliniken: "Wir riskieren Teilschließungen von Krankenhäusern"

Minden/Bad Oeynhausen. Die baulichen Sorgenkinder der Mühlenkreiskliniken AöR hat Olaf Bornemeier in der Sitzung des Kreisausschusses klar benannt: Es sind das Krankenhaus Bad Oeynhausen, das Krankenhaus Lübbecke sowie der Altbau der Auguste-Viktoria-Klinik. Bei allen dreien sei zumindest eine Generalsanierung erforderlich, um die Häuser auch in den kommenden Jahren weiter betreiben zu können. Doch es sind nicht allein die altersbedingten baulichen Probleme, die dem MKK-Vorstandsvorsitzenden Kopfzerbrechen bereiten. Große Probleme werden dem Gesundheitskonzern in den kommenden Jahren auch der Fachkräftemangel bereiten. Gesetzlich vorgegebene Mindestmengen - bei Operationen und in der Diagnostik - stellen alle Krankenhäuser vor Probleme, so auch die Mühlenkreiskliniken. "Wir werden nicht mehr in allen Häusern alles anbieten können", zitiert Bornemeier Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In der Sitzung am Montag im Mindener Kreishaus skizzierte Bornemeier die aktuelle Situation der Mühlenkreiskliniken. Das die Belange der Mühlenkreiskliniken in einem politischen Gremium öffentlich diskutiert wurden, stellte zugleich ein Novum dar. Vorangegangen war - wie berichtet - das Scheitern des Förderantrags für den Neubau am Standort Bad Oeynhausen und damit die Zusammenlegung des Krankenhauses und Auguste-Viktoria-Klinik. "Kommunale Gesundheitsversorgung steht auf dem Spiel" Der Verwaltungsrat der MKK hat daraufhin ein externes Gutachten auf den Weg gebracht, das die aktuelle Situation der Mühlenkreiskliniken beleuchten soll und zugleich den Weg zu einem neuen Medizin-Konzept ebnen soll (das erste war 2018 am Protest der Standortkommunen gescheitert). Diesem Weg stimmten die Mitglieder des Kreisausschusses am Montag einstimmig zu. Inhaltliche Diskussionen gab es unter den Parteien in der Sitzung kaum. Man wolle erst mal das Gutachten abwarten. Das soll im September fertig sein, Ende November will der MKK-Verwaltungsrat mit Landrätin Anna Katharina Bölling an der Spitze einen neuen Förderantrag für den Krankenhausneubau auf den Weg bringen. Doch es gehe nicht um den Neubau in Bad Oeynhausen allein, sondern um die strategische Ausrichtung der MKK. "Die kommunale Gesundheitsversorgung steht auf dem Spiel", machte Bölling deutlich. "Bei der Krankenhausplanung möchte das Land NRW ein neues Verfahren einführen", erläuterte Bornemeier. "Demnach gibt es keine Bettenvorgabe, sondern das Maß aller Dinge sind Strukturmerkmale wie Facharztquoten, Geräteausstattung, Tumorboards, Mindestmengen von Leistungen und die Erreichbarkeit", fasste er zusammen. In einer Flächenregion sollen 90 Prozent der Bewohner Leistungen der Grund- und Regelversorgung in 20 Minuten erreichen können, 10 Prozent in 30 Minuten. 2006 hatte das Krankenhaus Bad Oeynhausen einen Wert von 4,5 Millionen Euro 280 Millionen Euro soll auch der Bau des neuen Krankenhauses in Bad Oeynhausen kosten. Bei der Gründung der AöR 2006 war das Krankenhaus - Baujahr 1953 - übrigens mit einem Wert 4,5 Millionen Euro veranschlagt worden. Insgesamt wird an allen Standorten in den kommenden zehn Jahren ein Investitionsvolumen von mehr als einer halben Milliarde Euro notwendig sein. "Wenn wir nichts machen, riskieren wir zumindest Teilschließungen", machte Bornemeier den Ernst der Lage deutlich. Dabei hat der Gesundheitskonzern kräftig investiert. Allein zwischen 2010 und 2019 haben die MKK in alle Standorte insgesamt 113 Millionen Euro investiert. 48 Millionen Euro davon mussten die Mühlenkreiskliniken aus Eigenmitteln - also über Kredite - finanzieren. 65 Millionen stammen aus Fördermitteln. "Doch die Fördermittel nach dem Krankenhausgesetz für Instandsetzungen gehen stetig zurück", machte Olaf Bornemeier deutlich, "1991 erhielten Krankenhäuser jährlich zehn Prozent ihres Umsatzes für Instandhaltungsmaßnahmen, 2018 waren es nur noch 3,4 Prozent." MKK erwirtschaften im Corona-Jahr ein Plus von 1,7 Millionen Euro Allerdings scheitern manche Instandsetzungsmaßnahmen auch an anderen Faktoren. Olaf Bornemeier nennt ein Beispiel: "Am Krankenhaus Bad Oeynhausen muss der Brandschutz saniert werden, Kostenpunkt 800.000 Euro. Auf unsere Ausschreibung hat sich nicht ein Unternehmen beworben." Die übervolle Auslastung des Handwerks treffe auch die Mühlenkreiskliniken. Dennoch sollen Spitzenmedizin, Wirtschaftlichkeit und der Erhalt der Standorte auch die Säulen zukünftigen Handels sein. Seit 2011 erwirtschaften die Mühlenkreiskliniken zwar jährlich ein positives Ergebnis - auch im Corona-Jahr 2020 gab es ein Plus von 3,6 Millionen Euro bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro. Aber: "Unsere Verbindlichkeiten - resultierend aus dem Bau des Johannes-Wesling-Klinikums - schränken unseren Handlungsspielraum massiv ein", sagt Bornemeier. Von den 280 Millionen Euro, die das Mindener Klinikum gekostet hat, mussten die MKK 210 Millionen Euro (75 Prozent) aus eigenen Mitteln stemmen. Lediglich 25 Prozent kamen aus Fördermitteln. Die Eigenmittel konnten die MKK allerdings nur über Kredite bereitstellen. Und die gab es damals nur zu deutlich höheren Zinssätzen. Krankenkassen halten 31 Millionen Euro zurück "2015 hatten wir Verbindlichkeiten in Höhe von 196 Millionen Euro, 2019 waren es 165 Millionen Euro und Ende 2020 stehen 144 Millionen Euro zu Buche", berichtet Bornemeier den Mitgliedern des Kreisausschusses. Der Sprung von 144 auf 165 Millionen Euro kam nach NW-Informationen dadurch zustande, dass die MKK 2019 umschulden konnte. Dies bedeutet, dass Kredite zu neuen, deutlich günstigeren Konditionen, verlängert wurden. Finanziell unter Druck setzen den zwölftgrößten Klinikenverbund in Deutschland auch die Krankenkassen. Allein 2019 habe der Medizinische Dienst als Kontrollorgan der Krankenkassen 31 Millionen Euro an Kostenerstattungen für medizinische Leistungen zurückgehalten. "Lediglich bei 3 Millionen Euro war das gerechtfertigt", so Bornemeier. Ein weiteres drängendes Thema sei der Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren dramatisch verschärfen werde. Auch her gelte es gegenzusteuern, so Bornemeier. Die Mühlenkreiskliniken beschäftigen an ihren Standorten aktuell etwa 5.200 Mitarbeiter. "15 Prozent davon werden in den kommenden fünf bis sieben Jahren in den Ruhestand gehen, das entspricht 500 Vollzeitkräften", erläutert der MKK-Vorstandsvorsitzende. "Aus dem Bereich Wirtschaft und Verwaltung werde es jeder dritte Mitarbeiter sein, im technischen Dienst jeder fünfte." Auch beim medizinischen Personal sehe es nur unwesentlich besser aus. "Wegen des Personalmangels werden wir es künftig hinnehmen müssen, dass wir nicht mehr alle Leistungen anbieten können." Als echtes Pfund für die MKK im Kampf gegen den Fachkräftemangel bewertet Bornemeier die Akademie für Gesundheitsberufe. Der MKK-Vorstandsvorsitzende machte aber neben dem Missverhältnis zwischen Eigenkapital und Verbindlichkeiten, auf andere Schwächen des Verbunds aufmerksam: "Wir haben noch Schwächen im Bereich der Forschung", so Bornemeier. Die größte Schwäche sei aber die genannte Bausubstanz in Bad Oeynhausen und Lübbecke.

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