Gesundheit - Düsseldorf:Grünen-Spitze für generelle Kostenübernahme bei Abtreibungen

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Parteispitze der Grünen in Nordrhein-Westfalen fordert einen "flächendeckenden Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und eine generelle Kostenübernahme". Dies müsse auch in NRW überall gewährleistet werden, heißt es in einem Leitantrag des Landesvorstands zum "Gesundheitssystem von morgen". Im August soll ein Landesparteitag über die Vorschläge beschließen.

Bislang bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen Schwangerschaftsabbrüche nur nach medizinischer oder kriminologischer Indikation. Die Grünen pochen dagegen auf das Recht auf Selbstbestimmung schwangerer Mädchen und Frauen. "Der Schwangerschaftsabbruch muss in die Ausbildung von Ärzt*innen nach international anerkannten Standards integriert werden", heißt es in ihrem Leitantrag. Außerdem fordern sie, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch zu streichen.

Der Antrag sieht außerdem eine Reform der Hebammenausbildung vor, mit besserer Vergütung und deutlicher Senkung der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung. In der Notfallversorgung sollen ambulante und stationäre Angebote eng verzahnt und die Rufnummern organisatorisch zusammengeführt werden. "Es darf keine Rolle spielen, wo die Menschen anrufen", heißt es in dem Papier. "Wichtig ist, dass sie immer die passende Hilfe bekommen. Und zwar rund um die Uhr." Auch die psychosoziale Notfallversorgung müsse in NRW gesetzlich abgesichert werden.

"Wir müssen uns im Gesundheitsbereich von einer Logik lösen, die immer stärker auf Gewinnmaximierung setzt", sagte Landesparteichef Felix Banaszak der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Strukturelle Fehlanreize in der Krankenhausfinanzierung, wie das Fallpauschalen-System, könnten mit einer stärkeren Sockelfinanzierung überwunden werden. "Pflege und Versorgung müssen sich rechnen - aber nicht nur für Investoren, sondern eben auch und in erster Linie für die Patientinnen und Patienten."

Die Corona-Pandemie habe Defizite in der Gesundheitsversorgung aufgezeigt: "echte Versorgungslücken in bestimmten Disziplinen, in anderen eine Über- und Fehlversorgung", heißt es im Leitantrag. Ein neues Finanzierungssystem müsse die Grund- und Notfallversorgung ebenso wie die Kinderheilkunde auch im ländlichen Raum und in kleinen Häusern sicherstellen. Darüber hinaus sei eine stärkere Spezialisierung nötig: "Nicht jedes Krankenhaus kann und muss alles anbieten".

Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor müssten dringend verbessert werden - "von der Reinigungskraft über den Altenpfleger bis zur Ärztin im Gesundheitsamt", fordert der Landesvorstand. "Die Menschen, die für unsere Gesundheit sorgen, dürfen dabei nicht selbst krank werden", unterstrich Banaszak. "Sie verdienen nicht nur Respekt und Anerkennung, sondern auch eine bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen, die nicht auf Verschleiß programmiert sind." Die Grünen-Spitze möchte darüber hinaus Schulgebühren, die bislang viele junge Menschen abschreckten, "durch eine faire Ausbildungsvergütung für alle Heilberufe ersetzen".

Im Kapitel "Prävention" versprechen die Grünen, die laut jüngsten Wählerumfragen die Nase vorne haben in NRW: "In Kindergärten und Schule geben wir Sport, Ernährung und Gesundheitswissen in allen Bereichen einen größeren Stellenwert. Mit einem Gesunde-Kantinen-Programm machen wir regionale Ernährung, möglichst Bio, zum Standard in Kantinen und Mensen." Zu einer vorausschauenden Gesundheitsvorsorge gehöre auch die Bekämpfung von Armut.

Die Vorschläge sind nach Angaben der Grünen nicht allein im Parteizirkel entworfen worden, sondern in gemeinsamen Fachgesprächen mit Vertretern aus Krankenkassen, Gesundheitsämtern, Krankenhausgesellschaft, Gewerkschaften, Wirtschaft und Wissenschaft.

© dpa-infocom, dpa:210529-99-784956/2

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