Die Bilanz für 2020 ist beim Klinikum Oldenburg erneut negativ ausgefallen. Doch Vorstandschef Rainer Schoppik ist optimistisch, im zweiten Corona-Jahr einen operativen Gewinn erzielen zu können. Im Interview erläutert er die Gründe.

Wie übersteht das Klinikum die Pandemie wirtschaftlich?

Rainer Schoppik Im vergangenen Jahr hat der Bund den Krankenhäusern bundesweit für die politisch verordnete Reduzierung der Patientenzahlen eine Ausgleichszahlung zugestanden. Dadurch konnten wir den Großteil der Ausfälle durch ausbleibende Behandlungen und Operationen ausgleichen. Auch für 2021 gesteht der Bund den Kliniken einen Ausgleich zu, weil sie über einen langen Zeitraum Kapazitäten für die Corona-Patienten frei halten müssen. Allerdings gibt es in 2021 jetzt eine Kappung bzw. Obergrenze, die sich an den vereinbarten Leistungen der Krankenhäuser mit den Kassen aus dem Jahr 2019 orientiert. Das ist vom Ansatz her zwar verständlich, weil 2019 das letzte nicht von der Pandemie beeinflusste Jahr ist. Aber da das Klinikum 2019 im Restrukturierungsprozess seinen wirtschaftlichen Tiefpunkt gerade durchschritten hatte, ist die Bezugsgröße für die Zahlungen für uns ungünstig, weil relativ niedrig. Ich gehe daher davon aus, dass wir in 2021 drei bis dreieinhalb Millionen Euro zurück bezahlen werden müssen. Am 15. Juni endet der sogenannte Rettungsschirm der Krankenhäuser für die Pandemie. Ab dann wirtschaften wir wieder wie bis vor der Pandemie.

Wie hat sich die Zahl der Patienten im Vorjahr entwickelt?

SchoppikWir konnten die positive Aufwärtsentwicklung von 2018 auf 2019 in 2020 nicht fortsetzen. Gegenüber gut 37 000 Patienten 2019 lagen wir 2020 nur bei knapp 35 000 Patienten im stationären Bereich. Für das laufende Jahr gehen wir wegen der Pandemielage ebenfalls nur von 35 000 Patienten aus. Den ursprünglichen Plan von über 38 000 Patienten können wir nicht erreichen. Wir sind zuversichtlich, dass wir im zweiten Halbjahr steigende Fallzahlen haben. Dies zeichnet sich seit Mai positiv ab.

Kredite für 300-Millionen-Projekt

Oldenburg

Wie weit sind die Bemühungen, das Klinikum aus den roten Zahlen herauszuführen?

SchoppikWir haben für dieses Jahr das wirtschaftliche Ziel, erstmals seit 2017 wieder einen operativen Gewinn zu erwirtschaften. Durch Abschreibungen und Zinsen ist das Jahresergebnis zwar voraussichtlich wieder negativ. Aber mit den eingeplanten minus 6,2 Millionen Euro liegen wir deutlich unter der Größenordnung der beiden vergangenen Jahre.

Wie wirkt sich der Mangel an Pflegekräften auf die wirtschaftliche Entwicklung aus?

SchoppikWir haben unser Personal im vergangenen Jahr gehalten, ja sogar leicht aufgebaut, auch wenn Patienten ausgeblieben sind. Wir sind zwar ständig auf der Suche nach guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; aber auch mit dem bestehenden Stamm können wir nach meiner Einschätzung unsere Ziele erreichen. Auch bei den Chefärzten und Professuren kommen wir weiter. Im Oktober tritt der Humangenetiker und Kinderarzt Professor Dr. Marc-Philip Hitz aus Kiel seine Aufgabe als Direktor des Universitätsinstituts für Medizinische Genetik bei uns an, worüber ich mich sehr freue. Das ist wichtig für uns im Klinikum, aber auch für die gesamte Uni-Medizin; wir können hoch qualifizierte Kolleginnen und Kollegen gewinnen, weil die Universitätsmedizin Oldenburg ihnen großen Gestaltungsspielraum bietet. Allerdings kann es nicht so weitergehen, dass wir Krankenhäuser seit 2014 Jahr für Jahr hohe Summen in die Uni-Medizin stecken, die ja auch Aufgabe des Landes ist.

Was meinen Sie damit?

SchoppikWir vier Krankenhäuser der Universitätsmedizin Oldenburg sind in Verhandlungen mit dem Wissenschaftsministerium, um die Kostensituation bzw. die Zusatzaufwendungen der Kliniken an der Schnittstelle Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre zu klären. Allein für einzelne Lehrstühle der Universitätsmedizin wenden wir Kliniken seit 2014 jährlich mehr als eine Million Euro auf – ohne dass wir bislang an andere Stelle hierfür ein finanzielles Entgegenkommen erfahren durften. Für alle Häuser summieren sich die Kosten für die Universitätsmedizin auf eine jährlich signifikante siebenstellige Summe. Wir brauchen dafür eine Kompensation, um zukunftsfähig zu bleiben.

Christoph Kiefer
Christoph Kiefer Reportage-Redaktion (Chefreporter)