Schummel-Verdacht: Laschets Regierung ermittelt wegen Intensivbetten-Betrug

Die Intensivstationen in Deutschland drohten zeitweise zu überlasten – doch so ausgelastet waren die Betten offenbar gar nicht

Die Intensivstationen in Deutschland drohten zeitweise zu überlasten – doch so ausgelastet waren die Betten offenbar gar nicht

Foto: dpa
Von: F. PIATOV und L. ROSENFELDER

Der Intensivbetten-Skandal erschüttert Deutschland!

Meldeten Kliniken absichtlich weniger Intensivbetten, um Geld vom Staat zu kassieren? Führte die falsche Angst vor dem Krankenhaus-Kollaps Deutschland in den Lockdown (BILD berichtete)?

Die Regierung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) hat jetzt Ermittlungen eingeleitet. Wegen des Betten-Schwindels. Sie führt eine „Überprüfung eventuell auffälliger Meldewerte“ durch, um „systematisches Fehlverhalten“ einzelner Krankenhäuser aufzudecken, teilte das NRW-Gesundheitsministerium auf BILD-Anfrage mit.

Zuvor hatte BILD die Landesregierung mit einem auffälligen Einbruch freier Betten-Kapazitäten im Kreis Höxter konfrontiert. Aus Zahlen geht hervor: Im Kreis Höxter wurden Anfang Dezember 2020 auf einmal deutlich weniger freie Intensivbetten gemeldet als zuvor.

Schwankte die Zahl freier Betten bis zum 4. Dezember um die 20, waren es ab dem 5. Dezember nur noch rund 10 oder weniger. Und das, obwohl die Zahl belegter Intensivbetten in diesem Zeitraum nicht anstieg. Dies geht aus offiziellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sowie des Intensivmediziner-Verbands DIVI hervor.

Intensivbetten im LK Saarpfalz – Infografik

freie Intensivbetten brachen kurz nach neuem Finanzierungsgesetz ein

Aus dem NRW-Gesundheitsministerium hieß es zu BILD, dass die Regierungsermittlung „auch den Kreis Höxter umfasst“.

Denn auffällig ist: Die gemeldete Zahl freier Betten brach kurz nach Inkrafttreten des neuen Finanzierungsgesetzes für Kliniken ein. Seit dem 19. November erhalten Krankenhäuser Zuschüsse, wenn in ihrem Landkreis weniger als 25 % der Intensivbetten frei sind.

Ein Anreiz, den viele Klinik-Bosse ausgenutzt haben könnten – und die Zahl der Intensivbetten deshalb absichtlich zu niedrig angegeben haben.

„Diese Manipulationen sind inakzeptabel“, sagt SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (58). Er hält es für möglich, dass Kliniken „sich in den Genuss von Ausgleichszahlungen gebracht haben, indem sie Betten abmeldeten“.

Die Intensivbetten-LügeDie Knallhart-Abrechnung von BILD

Quelle: BILD

Pandemie-Experte: Ausnutzen von Schlupflöchern nicht überraschend

Pandemie-Experte Klaus Stöhr (62) erklärt, die Regierung dürfe „nicht überraschen“, „dass Krankenhausbetreiber privatwirtschaftlich agieren und auch mögliche Schlupflöcher finden“.

Denn auch in anderen Landkreisen kam es zu auffälligen Abmeldungen freier Betten – kurz, nachdem das neue Geld-Gesetz in Kraft trat.

► Im Saarpfalz-Kreis fiel die Zahl freier Betten ab 20. November von deutlich über 80 auf deutlich unter 50, obwohl die Belegung erst später zunahm.

► Im Landkreis Schwandorf (Bayern) gab es am 25. November noch 25 freie Betten, tags darauf nur noch 13. Die Belegung nahm aber nicht zu.

Vergangene Woche hatte ein Geheim-Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) den Schwindel mit Intensivbetten enthüllt.

Und obwohl das Gesundheitsministerium von Jens Spahn (41, CDU) bereits im Januar offenbar Hinweise auf falsche Intensivzahlen erhalten hatte, warnte die Regierung immer wieder vor dem Krankenhaus-Kollaps.

Bericht des BundesrechnungshofsDas sagen Spahn und Wieler zur Intensivbetten-Lüge

Quelle: BILD
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