21. Juni 2021

Herkules-Aufgaben und die neuen Stärken des Qualitäts- und Risikomanagements

15. Krankenhaus-Qualitätstag NRW mit Rekordteilnehmerzahl

© takasu - adobe.stock.com Bereits zum 15. Mal veranstaltete die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) den Krankenhaus-Qualitätstag, diesmal wieder in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG). Aus Pandemiegründen fand die Veranstaltung zum zweiten Mal digital statt. Das sorgte am 17. Juni 2021 für eine Rekordteilnehmerzahl von rund 200, der Großteil davon Beschäftigte im Qualitätsmanagement der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser.

Im Fokus des diesjährigen Krankenhaus-Qualitätstages standen aktuelle Entwicklungen im Qualitätsmanagement (QM) und in der Qualitätssicherung der Kliniken sowie ihre Herausforderungen in der Umsetzung. Das Programm umfasste drei Themenblöcke:

  1. Neue Aufgaben für das Medizinmanagement
  2. Neues zu den DeQS-Verfahren und Qualitätsberichten
  3. Wie sieht die „Neue Normalität“ des QMs nach der Pandemie aus?

Besonders der erste Themenblock rund um die Kontrollen der Krankenhäuser durch den neu organisierten Medizinischen Dienst (MD), zuvor „Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)“, löste eine breite Diskussion aus. Deutlich wurde: Viele Strukturqualitäts-Richtlinien des G-BA, insbesondere die MD-Qualitätskontroll-Richtlinie (MD-QK-RL) und die als Beispiel diskutierte Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur (QSFFx-RL), sorgen für Unsicherheit. Helena Weiß formulierte die Sorge, dass zu strenge Kontrollen und zu viele und nicht evidenzbasierte Mindestanforderungen des G-BA große Lücken in die Versorgungslandschaft reißen könnten. Hier stellte Dr. Peter Dinse vom Medizinischen Dienst Westfalen-Lippe klar: „Wir werden die Herausforderungen gemeinsam meistern. Dieses ‚Gemeinsam‘ ist mir auch sehr wichtig. Wir alle wollen nicht die Versorgung gefährden.“

„Herkules-Aufgabe“ für den MD

Bei den meisten Kritikpunkten spielte Dr. Dinse den Ball zum Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der für die Rahmenbedingungen der Kontrollen verantwortlich sei. Diese Rahmenbedingungen seien die Richtschnur für den MD. Die ersten MD-Kontrollen betreffen die Anforderungen zu den Notfallstrukturen. Bereits in diesem Jahr sollen 20 Prozent aller Krankenhäuser geprüft werden – „eine Herkules-Aufgabe“ für den MD, wie Eröffnungsredner Matthias Blum, Geschäftsführer der KGNW, es genannt hatte.

Themenblock zwei zeigte aktuelle Änderungen im „Tagesgeschäft“ des Qualitätsmanagements auf. Dabei ging es insbesondere um Neuregelungen bei den DeQS-Verfahren und bei der Erstellung der Qualitätsberichte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), vertreten durch Alexander Uhl, informierte ausführlich darüber. Wichtige Änderung: Die Datenannahmestelle für die Qualitätsberichte ging in die Verantwortung des G-BA über. Es wird ein neues Portal zur Abgabe der Berichte geben, umgesetzt vom IT-Dienstleister Gesundheitsforen Leipzig. Dieses Portal soll perspektivisch auch die Möglichkeit bieten, unterjährig Stammdaten zu aktualisieren und so zum Beispiel einen Chefarztwechsel zeitnah zu dokumentieren. Gleichzeitig, so die DKG-Forderung, müsse sich die Qualitätsberichtserstattung aber auf relevante Informationen beschränken und effizient, zeitnah sowie adressatengerecht umgesetzt werden.

Die „neue Normalität“ des Qualitätsmanagements

Der dritte Block des 15. Krankenhaus-Qualitätstages drehte sich um die „Neue Normalität“ des Qualitätsmanagements nach der Pandemie. Die vorgestellte GQMG-Mitgliederbefragung zeigte, dass das Qualitäts- und Risikomanagement sehr häufig in das Corona-Krisen-Management eingebunden war und hier seine große Stärke, Veränderungen zu strukturieren und erfolgreich anzupassen, unter Beweis stellte. Ein Beispiel bildet der Bereich Digitalisierung, der dadurch enormen Auftrieb erfahren habe, beispielsweise bei internen Prozessen – auch wenn die Qualität der Prozessabläufe bei der Umstellung entscheidend sei. Tenor: „Ein schlechter Prozess wird nach Digitalisierung ein schlechter digitaler Prozess.“

Stabile Abläufe, langfristige Wirtschaftlichkeit und das Patientenwohl sind bei der zukünftigen Gestaltung des Behandlungsgeschehens unter einen Hut zu bringen. Darauf ging das GQMG-Positionspapier „Patient*innenperspektive“ ein. Im Anschluss zeigte Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Leitung Expertengruppe des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und Vorstand der GQMG, unter anderem auf, warum im Risikomanagement der ärztlichen Versorgung aus dem Ausdruck „Never Events“ nun „SEVer“ wird. Gemeint seien nämlich „Schwerwiegende Ereignisse, die wir sicher verhindern wollen“ – bei denen ein „Never“ („niemals“) jedoch nicht vollständig auszuschließen sei.

Nach insgesamt knapp fünf Stunden voller Informationen und lebhafter Diskussionen dankte Moderator Burkhard Fischer, Referatsleiter des Referats „Qualitätsmanagement, IT und Datenanalyse“ der KGNW, allen Referierenden. Sie verhalfen dem 15. Krankenhaus-Qualitätstag erneut zu einem großen Erfolg, namentlich:

  • Dr. Peter Dinse, Ärztlicher Direktor, Medizinischer Dienst Westfalen-Lippe, Münster
  • Helena Weiß, Referatsleiterin Klinisches Qualitätsmanagement, Alexianer GmbH, Münster
  • Alina Wolfschütz, Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, Berlin
  • Alexander Uhl, M.Sc., Deutsche Krankenhausgesellschaft, Berlin
  • Katrin Stapenhorst, Qualitätsmanagementbeauftragte, Christophorus-Kliniken, Coesfeld
  • Robert Färber, KGNW, Düsseldorf
  • Oliver Steidle, Leiter Qualitäts- und klinisches Risikomanagement, Universitätsmedizin Essen
  • Ute Westphal, M.Sc., Kliniken der Stadt Köln
  • Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Bereichsleiterin Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement, Sana Kliniken AG, Ismaning

Der 16. Krankenhaus-Qualitätstag im kommenden Jahr ist wieder als Vor-Ort-Veranstaltung geplant – soweit die Pandemie es erlaubt.