Gesundheitswirtschaftliche Gesamtrechnung

Gesundheitswirtschaft als Stütze in strukturschwachen Regionen

Die Gesundheitswirtschaft leistet regional besonders dort einen hohen Beitrag zu Wohlstand und Beschäftigung, wo andere Branchen relativ schwach entwickelt sind. Das gilt vor allem für den Osten und den Norden Deutschlands, wie jüngste Daten des Bundeswirtschaftsministeriums zur gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung belegen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Berlin. 379 Milliarden Euro Wertschöpfung, 7,5 Millionen Beschäftigte – mit diesen Daten zählt die Gesundheitswirtschaft zu den Top-Branchen in Deutschland. Hier werden 12,3 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erarbeitet, 16,5 Prozent aller Erwerbstätigen sind in Medizin, Pflege, Industrie und Handel mit Gesundheitsprodukten beschäftigt.

Nun hat das Bundeswirtschaftsministerium Daten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Branche zusammengetragen und publiziert. Sie zeigen, in welch hohem Ausmaß eine möglichst flächendeckende qualitativ gleichwertige medizinische und pflegerische Versorgung zur Stabilisierung und zum Wohlstand eher strukturschwacher Regionen beiträgt.

Stabilitätsfaktor im Osten

Gewiss: Mit 79, 60 und 56 Milliarden Euro sind die Wertschöpfungen der Gesundheitswirtschaft in den großen Flächenländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg deutschlandweit die höchsten. Die gesamtwirtschaftliche Stärke der beiden wohlhabendsten Bundesländer im Süden der Republik relativiert allerdings die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft, die hier nur auf einen Anteil von 10,5 und 11,9 Prozent kommt. Nordrhein-Westfalen liegt mit 12,3 Prozent im Bundesdurchschnitt.

Ganz anders sieht das im Norden und Osten Deutschlands aus: Für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist der Gesundheitssektor ein überaus wichtiger Wirtschaftsfaktor, der 15,8 und 14,8 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung der Region beiträgt. Doch ebenso in Sachsen-Anhalt (14,3 Prozent), Thüringen (13,8 Prozent) und Brandenburg (12,5 Prozent) ist die Gesundheitswirtschaft von überdurchschnittlicher Bedeutung.

Auch Berlin profitiert wirtschaftlich von der Medizin: Der Gesundheitssektor der Hauptstadt produziert gut 20 Milliarden Euro Wertschöpfung, das sind 14,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Stadt.

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Der Anteil der Gesundheitswirtschaft in Berlin liegt damit um rund vier Prozent über der der anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Dafür gibt es mehrere Ursachen: Anders als die beiden Hansestädte verfügt die Hauptstadt über keine nennenswerte Industrie. Dafür ist Berlin ein internationales Zentrum der Hochleistungsmedizin und medizinischen Forschung. Das kompensiert in beträchtlichem Ausmaß die strukturellen wirtschaftlichen Schwächen der Hauptstadt.

Für die Berliner ist die Gesundheitswirtschaft der wohl bedeutendste Arbeitgeber: 354 000 Menschen sind hier beschäftigt. Mit 17,1 Prozent liegt deren Anteil deutlich über dem Bundesschnitt von 16,5 Prozent.

Das gilt auch für Brandenburg (17,2 Prozent), Sachsen-Anhalt (17 Prozent), vor allem aber für Mecklenburg-Vorpommern (20,2 Prozent) und Schleswig-Holstein (18,6 Prozent).

Pharma und Technik im Südwesten

Ganz anders verteilt ist die industrielle Gesundheitswirtschaft in Deutschland: Unangefochtener Spitzenreiter ist Baden-Württemberg mit einer Wertschöpfung von Pharma- und Medizintechnik-Industrie von 18,2 Milliarden Euro, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (14,8 Milliarden Euro), Bayern (12,8 Milliarden Euro) und Hessen (10 Milliarden Euro).

Noch deutlicher werden die regionalen Unterschiede, wenn man den Anteil der industriellen an der gesamten Gesundheitswirtschaft differenziert nach Ländern betrachtet: mit 32,4 Prozent liegt Baden-Württemberg an der Spitze, gefolgt von Hessen mit seinen zwei großen Pharmastandorten Frankfurt und Darmstadt (27,9 Prozent), Rheinland-Pfalz mit den Standorten Ingelheim und Ludwigshafen (26,1 Prozent) sowie Hamburg (29,2 Prozent).

Am anderen Ende der Skala liegen neben Niedersachsen (13,2 Prozent) die östlichen Bundesländer. Besonders schwach ist der industrielle Teil des Gesundheitswesens in Mecklenburg-Vorpommern ausgeprägt, der nur auf einen Anteil von 9,1 Prozent der Gesamtleistung der Gesundheitswirtschaft kommt.

Auch die Hauptstadt profitiert nur bedingt von ihren Eigenschaften als Ort zentraler politischer Entscheidungen, weil Produktions- und Forschungsstätten an anderen Standorten beheimatet sind. Nennenswerte Produktion findet nur in der Bayer-Dependance (ehemals Schering) und bei Berlin-Chemie statt.

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