Der städtische Krankenhausverbund Gesundheit Nord (Geno) erreicht bei wichtigen wirtschaftlichen Kennzahlen nicht den Durchschnitt anderer kommunaler Großkliniken. Das geht aus einer Vorlage für die Gesundheitsdeputation hervor, die am Dienstag im vertraulichen Sitzungsteil behandelt wurde. Die Daten liefern auf einigen Feldern Erklärungsansätze für die angespannte wirtschaftliche Lage, in der sich die Geno seit einigen Jahren befindet.
Der Controllingausschuss der Bürgerschaft hatte kürzlich bei der Allianz kommunaler Großkrankenhäuser (AKG), einem in Berlin ansässigen Verband, eine Reihe von Vergleichswerten angefordert. Diese sogenannten Benchmarks beziehen sich unter anderem auf Personalkosten und -struktur, Umsätze und Gewinnmargen. Die jeweiligen Zahlen sind zwar nicht mehr ganz aktuell, zeigen aber in der Gesamtbetrachtung recht gut, wo die Probleme der Geno liegen.
So fällt etwa beim Vergleich der Personalstrukturen auf, dass das Durchschnittsalter der Geno-Beschäftigten höher liegt als im Schnitt der AKG-Krankenhäuser. Das betrifft sowohl Ärzte und Pfleger als auch die meisten anderen Beschäftigten. Dies wiederum dürfte eine der Ursachen für den überdurchschnittlichen Krankenstand in der Geno sein, der unter anderem Kosten bei der Leiharbeit verursacht. So waren 2019 im Jahresmittel 7,4 Prozent der Pflegekräfte krank gemeldet, der AKG-Durchschnitt beträgt 6,8. In der Geno-Ärzteschaft ist zudem der hohe Anteil an nominellen Führungskräften auffällig. In den AKG-Häusern sind im Durchschnitt 28,2 Prozent der Mediziner als Oberärzte oder Leitende Oberärzte tätig, bei der Geno beträgt der Anteil knapp 31 Prozent. "Zählt man noch die Chefärzte in der Geno mit circa sechs Prozent hinzu, sind im ärztlichen Dienst über ein Drittel als Führungskräfte beschäftigt", heißt es in der Auswertung für den Controllingausschuss der Bürgerschaft.
Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das Durchschnittsgehalt der Mediziner, wie ein Vergleich der Geno-Kennzahlen mit den AKG-Mittelwerten zeigt. Ein Beschäftigter im ärztlichen Dienst kostete die Geno 2018 im Schnitt 130.185 Euro. Der AKG-Durchschnitt liegt bei 122.000 Euro. Am ungünstigsten stellt sich der Vergleich bei der Ertragslage dar. Kennzahl ist hier die sogenannte Ebitda-Quote, also der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen im Verhältnis zum Umsatz. Die von der AKG erfassten Großkliniken erreichten 2018 – im letzten statistisch verfügbaren Jahr – einen Wert von 1,7. Bei der Gesundheit Nord lag er ebenfalls bei 1,7, allerdings mit einem Minus als Vorzeichen.
Zum vollständigen Bild gehört, dass die Geno in einigen Bereichen durchaus gute Zahlen vorweisen kann. Das gilt zum Beispiel für die Sachkosten. Setzt man sie ins Verhältnis zu den Erlösen, steht der öffentliche Bremer Klinikverbund mit seinen vier Standorten besser dar als die Masse der AKG-Krankenhäuser. Ähnlich verhält es sich beim Umsatz pro aufgestelltem Bett. Die Geno weist hier für das Jahr 2018 gut 224.000 Euro aus. Der Durchschnittswert der AKG-Kliniken liegt unterhalb der 200.000er-Grenze.
Insgesamt also ein gemischtes Bild, das allerdings deutliche Strukturschwächen bei der Gesundheit Nord aufweist. Unternehmenssprecherin Karen Matiszick plädiert deshalb für eine differenzierte Betrachtung der Benchmark-Zahlen. So sei zwar unstrittig, dass das höhere Durchschnittsalter der Geno-Beschäftigten höhere Kosten verursache. "Es zeigt aber auch, dass viele unserer Beschäftigten sehr erfahren und dem Unternehmen schon lange verbunden sind", sagt Matiszick. Insgesamt müsse man "festhalten, dass diese Strukturen historisch gewachsen und deshalb auch nicht von heute auf morgen zu ändern sind".