„Hinter uns liegt eines der herausforderndsten Jahre, das für alle, insbesondere den Mitarbeitern unserer Kliniken, mit außerordentlich hohen Anstrengungen verbunden war“, so Landrat Thorsten Stolz, Aufsichtsratsvorsitzender der Main-Kinzig-Kliniken, während der Bilanz-Pressekonferenz für das Geschäftsjahr 2020. An beiden Standorten wurde Außergewöhnliches geleistet: neue Abläufe, neue Wege, neue Dienstmodelle, höchste Flexibilität, für viele Mitarbeiter zahlreiche Überstunden und vor allem der Umgang mit einer neuen Erkrankung. „Wir sind alle sehr stolz auf die Mitarbeiter der Main-Kinzig-Kliniken in Gelnhausen und Schlüchtern. Für ihren unermüdlichen Einsatz möchte ich mich bedanken“, erklärte Stolz und betonte: „Für das, was sie im vergangenen Jahr geleistet haben und auch immer noch leisten, verdienen sie den höchsten Respekt.“
Trotz aller Schwierigkeiten – auch auf der wirtschaftlichen Ebene – konnten die Main-Kinzig-Kliniken das Geschäftsjahr 2020 mit einem kleinen Plus in Höhe von 122 Tausend Euro und einer Umsatzsteigerung auf 170 Mio. Euro (Umsatz 2019: 155 Mio. Euro) abschließen. Dieses Ergebnis konnte dank des Rettungsschirms der Bundesregierung, vor allem aber auch dank der Unterstützung des Eigentümers – dem Main-Kinzig-Kreis – erzielt werden. „Mit einer Eigenkapitalerhöhung um 22 Mio. Euro hat der Kreistag bewiesen, wie ernst wir unsere Verantwortung gegenüber den Kliniken und für die Gesundheitsversorgung der Menschen dieser Region nehmen“, erläuterte Landrat Stolz und dankte nochmals allen politischen Befürwortern, die in diesem Punkt große Einigkeit zeigten.
Denn ab Mitte März galt eine bundesweite Allgemeinverfügung, wonach alle planbaren Eingriffe in Krankenhäusern abgesagt werden mussten. „Die Akut- und Notfallversorgung war selbstverständlich durchgängig gesichert“, erklärte Geschäftsführer Dieter Bartsch. Dennoch machten sich die Einschränkungen in den Zahlen der stationären Patienten sichtbar. Insgesamt wurden 28.734 Patienten stationär behandelt. Das sind 16 Prozent weniger als in 2019. Auch in der ambulanten Versorgung gab es einen Rückgang um 13 Prozent, im Bereich der ambulanten Operationen wurden sogar 20 Prozent weniger Patienten versorgt.
Zugleich stiegen die Ausgaben durch höhere Sachkosten – beispielsweise für die Anschaffung der Schutzausrüstung – und einer anderen Personalstruktur, die zur Versorgung der COVID-Patienten nötig war. Bis Anfang Juli 2021 wurden insgesamt 1.188 Patienten in Gelnhausen und Schlüchtern mit einer Coronainfektion behandelt, 938 in Gelnhausen und 250 COVID-Patienten in Schlüchtern. Davon benötigten 222 Patienten eine intensivmedizinische Versorgung.
Um die Krankenhäuser finanziell nicht vollständig im Regen stehen zu lassen, realisierte die Bundesregierung den Rettungsschirm. Dabei erhielten alle Kliniken bis Mitte Juli 2020 eine sogenannte Freihaltepauschale in Höhe von 560 Euro für jeden nicht erbrachten Belegungstag gegenüber dem Vergleichszeitraum in 2019. Ab Mitte Juli wurden die Häuser dann in fünf Kategorien eingeteilt (360, 460, 560, 660 und 760 Euro), sodass im Zeitraum Mitte Juli bis September den Main-Kinzig-Kliniken in Schlüchtern 360 Euro und für den Standort Gelnhausen weiter 560 Euro gezahlt wurden. Aufgrund der 2. Welle starteten Mitte Oktober 2020 weitere Ausgleichszahlungen, die etwa 90 Prozent der vorherigen Freihaltepauschale entsprachen. Diese Zahlungen endeten Mitte Juni diesen Jahres, was einer der Gründe für ein erwartetes Defizit im Wirtschaftsplan 2021 der Main-Kinzig-Kliniken ist. Stolz: „Auch wenn wir aktuell einen deutlichen Zulauf der Patienten spüren, erwarten wir für 2021 ein Defizit von ca. 4,5 Mio. Euro.“
„Diese Prognose zeigt einmal mehr, wie dringend wir eine Kehrtwende in der Krankenhausfinanzierung brauchen“, bemerkte Bartsch. Das bestehende Finanzierungssystem kranke schon seit Jahren. Doch die Pandemie habe an den Schwachstellen wie ein Brennglas gewirkt, schilderte Stolz. So werden im aktuellen Vergütungssystem Kliniken pro behandelten Patient bezahlt, es gibt keine Kostenerstattung für Vorhalteleistungen. Davon sind vor allem Notaufnahmen und auch Kinderkliniken betroffen. Denn natürlich halten Kliniken als Notfallstandort 24 Stunden Mitarbeiter vor. Doch es gibt vor allem in kleinen Häuser im ländlichen Raum durchaus Phasen, in welchen kein Patient einer Behandlung bedarf. Dies wird nicht berücksichtigt. Daher sind sich Stolz und Bartsch einig: „Hier muss sich dringend etwas ändern.“
Dies betreffe vor allem auch das Thema Bürokratie. „Wir haben in der Pandemie gesehen, wie wichtig ausreichend Krankenhausmitarbeiter sind“, so der Landrat. Während der Pandemie wurden Teile der bürokratischen Dokumentation eingestellt. Stolz: „Das hat gut funktioniert. Doch die Antwort heute: Alles ist wieder beim Alten, zusätzliche Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen wurden sogar noch ergänzt. Die Bürokratiebelastung der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeiter hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht, das kaum noch zu bewältigen ist.“ So sei es nicht ungewöhnlich, dass Klinikmitarbeiter zwischen 30 und 40 Prozent ihrer Arbeitszeit ausschließlich für bürokratische Tätigkeiten erbringen. Dabei bedeute nach Landrat Stolz weniger Bürokratie im Umkehrschluss mehr wertvolle Zeit, die unmittelbar den Patienten zugutekäme. Daher fordert er: „Der Bund muss eine Expertengruppe bilden, die klare Vorschläge vorzulegen hat, wie die Bürokratie um 50 Prozent reduziert wird. Das sind wir der knappen Zahl der Mitarbeiter schuldig.“
„Was hat sich in den Main-Kinzig-Kliniken im vergangenen Jahr noch getan?“ Unter dieser Überschrift berichteten Aufsichtsratsvorsitzender Stolz und Geschäftsführer Bartsch von zahlreichen Zertifizierungen, die in 2020 und Anfang 2021 erfolgreich bestanden wurden: „Unsere Brust- und Darmzentren, das Diabeteszentrum, das Wundmanagement, die Chest Pain Unit – unsere Spezialeinheit für unklare Schmerzen im Brustkorb – sowie die Frauenklinik, die Klinik für Urologie und die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie wurden ebenfalls von unabhängigen Dritten erfolgreich zertifiziert.“ Dies sei stets eine besondere Anerkennung der hohen Versorgungsqualität, die den Gelnhäuser und Schlüchterner Patienten zugutekommt. Daher habe sich Bartsch auch über die sehr erfolgreiche Zertifizierung der Stroke Unit gefreut: „Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Behandlungserfolge bei Schlaganfallpatienten besser sind, wenn sie auf spezialisierten Stationen behandelt werden. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft hat mit der Ausstellung der Zertifizierung bestätigt, dass die Gelnhäuser Schlaganfallbehandlung und Neurologie über solch eine spezialisierte Versorgungsqualität verfügen.“
Während der Pandemie seien natürlich auch die großen Bauprojekte weiter gelaufen. So wurde unter anderem der Neubau in Gelnhausen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 43 Mio. Euro fertig gestellt. Bartsch: „Wir haben das Gebäude mit Beginn der Pandemie noch dringlicher gebraucht als schon zuvor. Deshalb haben wir die einzelnen Etagen zügig nach deren Fertigstellung schrittweise in Betrieb genommen. Wir sind unglaublich froh, dass wir nun diesen großen Baukomplex abschließen konnten.“ Nachdem im Sommer letzten Jahres zunächst das Erdgeschoss mit der neuen Notaufnahme und dem neuen Eingangsbereich sowie das 1. Obergeschoss mit Arztzimmern und Sekretariaten in Betrieb genommen wurden, folgten im Herbst dann die beiden Station im 3. und 4. Obergeschoss. Im Juni dieses Jahres konnte dann die neue Intensivstation im 2. Obergeschoss die Türen öffnen. „Wie im gesamten Neubau war unser Anspruch auch hier, eine zeitgemäße Infrastruktur, bestmögliche Prozesse und ein modernes Arbeitsumfeld miteinander zu verbinden“, so Bartsch. Entstanden ist eine großzügige neue Station auf über 1.040 Quadratmetern. Auf der neuen Intensivstation (A2.2) werden Patienten behandelt, die eine Beatmung oder eine Nierenersatztherapie benötigen. Hierfür werden aktuell 12 Betten bereitgestellt, die maximale Kapazität liegt bei 18 Betten. Ergänzt wird dies durch die sogenannte IMC (Intermediate Care)-Station (A2.4), die sich in den Räumlichkeiten der bisherigen Intensivstation befindet. In aktuell acht Betten erfolgt von nun an die Behandlung der Patienten, die eine kontinuierliche intensive Überwachung und ärztliche Versorgung benötigen.
Landrat Stolz fasste zusammen: „In den topmodernen Erweiterungen an beiden Standorten spiegelt sich die Zukunftsfähigkeit unserer Kliniken wider. Hier wird deutlich, welch enorme Entwicklung die Main-Kinzig-Kliniken in den letzten Jahren genommen haben. Verbunden mit der Professionalität und dem Engagement der hier tätigen Mitarbeiter kommt dies den Patienten unserer Region auf hochqualitative Weise zu Gute.“